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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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weiter. Simon war versucht, Binabik nach ihren Plänen zu fragen, und nach Da’ai Chikiza und der Steige, aber der Troll trillerte bereits gedankenverloren auf seiner Flöte. Die Nacht legte eine Decke aus Dunkelheit über den ganzen großen Aldheorte und ließ nur ihr kleines Feuerchen unbedeckt. Simon und Marya saßen da und lauschten dem Troll, der seine Musik in die regennassen Baumwipfel aufsteigen und dort ein Echo finden ließ.Am nächsten Tag waren sie kurz nach Sonnenaufgang schon auf dem Fluss. Der Rhythmus des fließenden Wassers schien ihnen jetzt vertraut wie ein Kinderreim: die langen, trägen Strecken, auf denen es ihnen vorkam, als sei ihr Boot ein Felsen, auf dem sie saßen, während zu beiden Seiten das unendliche Meer der Bäume vorüberrauschte – und andererseits die gefährliche Erregung der brausenden Stromschnellen, die das schwache Fahrzeug schüttelten wie einen Fisch, der am Haken zappelt.
    Im Lauf des Vormittages ließ der Regen nach, und die Sonne funkelte durch die überhängenden Äste und schmückte Fluss und Waldboden mit kleinen Tümpeln aus Licht.
    Die willkommene Erholungspause von den Unbilden des Wetters – das, wie Simon nicht umhinkonnte festzustellen, für den späten Maia ungewöhnlich winterlich war, wobei er an den Eisberg ihres gemeinsamen Traums dachte – trug dazu bei, dass sie alle guter Dinge waren. Während sie durch den Tunnel tief herabgeneigter Bäume dahinschwammen, zwischen denen sich hier und da majestätische Flächen voller Sonnenschein ausbreiteten, der durch Lücken im Astgewirr strömte und den Fluss für kurze Zeit in einen Spiegel aus poliertem Gold verwandelte, unterhielten sie einander durch muntere Reden.
    Simon, zuerst recht unwillig, erzählte von den Menschen, die er in der Burg gekannt hatte – von Rachel, Tobas dem Hundewärter, der sich mit Lampenruß die Nase schwärzte, damit ihn seine Schützlinge leichter als zur Familie gehörig anerkannten, von Peter Goldschüssel, dem riesigen Ruben und vielen anderen. Binabik sprach von seinen Reisen, von seinen Jugendfahrten in das Brackland von Wran und die öden, fremdartigen Wüsten im Osten seiner Heimat Mintahoq. Selbst Marya, trotz ihrer anfänglichen Zurückhaltung und der langen Liste der Dinge, über die man nicht mit ihr reden konnte, brachte Simon und den Troll mit ihrer Darstellung der Auseinandersetzungen zwischen Flussschiffern und Seeleuten und ihren Bemerkungen über einige der zweifelhaften Edelleute, die in Meremund und auf dem Hochhorst den Umgang der Prinzessin Miriamel gebildet hatten, zum Lächeln.
    Nur einmal wandte sich auf dieser Bootsfahrt des zweiten Tagesdas Gespräch den dunkleren Dingen zu, die wie ein Schatten über den Gedanken der drei Gefährten lagen.
    »Binabik«, fragte Simon, als sie auf einem sonnenhellen Stück Waldwiese ihr Mittagsmahl einnahmen, »glaubst du, dass wir diese Männer endgültig hinter uns gelassen haben? Oder gibt es vielleicht noch andere, die uns suchen?« Der Troll schnippte einen Apfelkern vom Kinn. »Mit Sicherheit weiß ich gar nichts, Freund Simon – wie ich bereits erwähnt habe. Überzeugt bin ich, dass wir an ihnen vorbeigeschlüpft sind und man uns nicht unmittelbar verfolgt hat; aber da ich nicht wissen kann, warum sie uns überhaupt suchen, weiß ich auch nicht, ob sie uns finden können. Wissen sie, dass wir nach Naglimund wollen? Das vorauszusehen ist ja nicht so schwer. Aber es gibt drei Dinge, die zu unseren Gunsten sprechen.«
    »Nämlich?«, fragte Marya mit leichtem Stirnrunzeln.
    »Erstens ist es leichter, etwas in einem Wald zu suchen, als es zu finden.« Er hob einen kurzen, stämmigen Finger. »Zweitens nehmen wir einen Schleichweg nach Naglimund, der seit Jahrhunderten kaum noch bekannt ist.« Ein zweiter Finger. »Und schließlich, um unsere Route herauszufinden, müssten diese Männer sie von Geloë in Erfahrung bringen«, sein dritter Finger streckte sich, »und das ist etwas, von dem ich nicht glaube, dass es geschehen wird.«
    Genau darüber hatte sich Simon insgeheim schon Sorgen gemacht. »Und wenn sie ihr wehtun?«, fragte er deshalb. »Es waren Männer mit Schwertern und Speeren, Binabik. Sie werden sich auf die Dauer von Eulen kaum verscheuchen lassen.«
    Der Troll nickte ernsthaft und baute aus seinen kurzen Fingern ein Zelt. »Nicht, dass ich deshalb nicht besorgt wäre, Simon. Tochter der Berge, ich bin es! Aber du weißt wenig von Geloë. Sie nur für eine weise Frau zu halten heißt einen Fehler machen,

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