Der Drachenbeinthron
sich mit ihr vermischt«, sagte Jarnauga nachdenklich.
»Er schaffte es bis zum Kloster von Sankt Skendi in Vestvennby«, ließ sich Vater Strangyeard unerwartet aus dem Hintergrund vernehmen. Er war rasch einmal hinausgegangen und wieder zurückgekommen, ohne dass es den anderen aufgefallen war; eine schwache Röte des Vergnügens färbte seine schmalen Wangen. »Strupps Worte haben eine Erinnerung in mir wachgerufen. Ich hatte das Gefühl, ich besäße einige der Klosterbücher des Skendi-Ordens, aus dem Brand des Klosters in den Frostmark-Kriegen gerettet. Hier ist das Wirtschaftsbuch des Jahres 1131 nach der Gründung. Schaut her, es erwähnt die Ausstattung von Colmunds Schar.« Er reichte es stolz Josua, der es ins Licht des Feuers hielt.
»Getrocknetes Fleisch und Obst«, las Josua, mühsam die verblassten Worte entziffernd. »Wollmäntel, zwei Pferde …« Er blickte auf. »Hier ist die Rede von einer Gruppe von ›einem Dutzend und einem‹ – dreizehn.« Er gab das Buch an Binabik weiter, der es an sich nahm und sich gemeinsam mit Jarnauga vor dem Feuer darin vertiefte.
»Demnach müssen sie irgendwie Pech gehabt haben«, meinte Strupp und füllte sich den Humpen neu. »Denn nach der Geschichte, die ich gehört habe, ist er mit über zwei Dutzend seiner besten Männer aufgebrochen.«
»Und was nützt uns das nun alles?«, meldete sich Herzog Isgrimnur zu Wort. »Wenn das Schwert verlorengegangen ist, dann ist es weg, und wir müssen eben aus unserer Verteidigung hier das Beste machen.«
»Herzog Isgrimnur«, erwiderte Binabik, »vielleicht versteht Ihr nicht: Es gibt keine Wahl für uns. Wenn tatsächlich der Sturmkönig unser Feind ist – und darin, denke ich, sind wir alle derselben Meinung –, dann ist die einzige Hoffnung, scheint mir, die wir besitzen, dass wir die drei Schwerter erlangen. Zwei davon sind uns derzeit verwehrt. Bleibt Dorn , und wir müssen es finden – sofern das möglich ist.«
»Belehrt mich nicht, kleiner Mann«, knurrte Isgrimnur und musterte den Troll mit scharfem Blick. Schlau ist er bestimmt, dachte derRimmersmann, obwohl ich ihm oder seinesgleichen nicht recht trauen mag. Und welche Macht hat er über den Jungen? Ich weiß auch da nicht, ob mir das gefallen soll, obwohl ich glaube, dass das, was sie uns erzählt haben, so ziemlich die Wahrheit ist.
Mit einer müden Handbewegung kam Josua einem Streit der beiden zuvor.
»Schweigt jetzt«, sagte der Prinz. »Ich bitte Euch, lasst mich nachdenken. Mir fiebert der Kopf von so viel Wahnsinn. Ich brauche ein kleines Weilchen Ruhe.«
Strangyeard, Jarnauga und Binabik widmeten sich erneut dem Rechnungsbuch des Klosters und Morgenes’ Handschrift, wobei sie sich im Flüsterton unterhielten. Strupp trank seinen Wein aus, und Isgrimnur hockte neben ihm, nahm ab und zu einen Schluck und brütete vor sich hin. Josua saß da und starrte ins Feuer. Das müde Gesicht des Prinzen wirkte wie über Knochen gespanntes Pergament; der Herzog ertrug den Anblick nur schwer.
Sein Vater sah in den letzten Tagen vor seinem Tode auch nicht schlimmer aus, sann Isgrimnur. Hat Johans Sohn Kraft genug, uns durch eine Belagerung zu bringen, wie sie uns wohl bald bevorsteht? Hat er auch nur die Kraft, selber am Leben zu bleiben? Immer ist er ein Grübler gewesen, ein Bedenkenträger … auch wenn er, um ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, mit Schwert und Schild kein Weichling ist. Spontan stand er auf, stapfte zu dem Prinzen hinüber und legte Josua die Bärentatze auf die Schulter.
Der Prinz blickte auf. »Könnt Ihr einen guten Mann für mich entbehren, alter Freund?«, fragte er dann. »Habt Ihr einen, der den Nordosten des Landes kennt?«
Isgrimnur machte ein nachdenkliches Gesicht. »Ich habe zwei oder drei. Allerdings dürfte Frekke für eine Reise wie die, an die ihr denkt, zu alt sein. Einskaldir wird nicht von meiner Seite weichen, solange ich ihn nicht an der Spitze meines Speeres aus Naglimund vertreibe. Außerdem denke ich, dass wir seine Wildheit hier brauchen werden, wenn der Kampf heiß und blutig wird. Er ist so grimmig und verbissen wie ein Dachs und am besten, wenn man ihn in die Enge treibt.« Der Herzog überlegte. »Die anderen … ich denke, ich werde Euch Sludig geben. Er ist jung und kräftig, aber auch klug. Ja, Sludig ist Euer Mann.«
»Gut.« Josua nickte langsam mit dem Kopf. »Ich habe drei oder vier, die ich aussenden will; und ein kleiner Trupp ist sicher besser als ein großer.«
»Und wozu genau?«
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