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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Zuckend brach sie zusammen.
    Deornoth fühlte, wie ihm die Galle hochstieg, als er mit erhobenem Schwert vorwärtsstürzte. Der Prinz war noch schneller.
    Naidel funkelte wie der Blitz, der über den schwarzen Himmel zuckte – Nachmittag, es war erst Nachmittag!
    Das also ist die Stunde, dachte Deornoth. Stahl prallte hart auf poliertes Hexenholz. Dieser Kampf wird ein ehrenhafter sein. Ein verzweifelter Gedanke. Auch wenn es niemand sieht … Gott sieht es …
    Die weißen Gesichter, verhasst und hasserfüllt, verschwammen vor seinen Augen, in denen der Schweiß brannte.

    Kein Höllentraum, kein Holzschnitt in seinen vielen Büchern, keine Warnung seiner ädonitischen Lehrer hatten Vater Strangyeard auf das heulende Inferno vorbereiten können, zu dem Naglimund geworden war. Blitze zischten über den Himmel, Donner brüllte, und die Stimmen von Mördern und Opfern stiegen gemeinsam in dieLüfte wie das Gestammel der Verdammten. Trotz Wind und peitschendem Regen sprangen überall in der Dunkelheit Feuer auf und töteten viele, die gehofft hatten, hinter dicken Türen Zuflucht vor dem Wahnsinn draußen zu finden.
    Während er durch die Schatten der inneren Gänge hinkte, sah der Archivar, wie Nornen durch die zerstörten Fenster in die Kapelle stiegen, und musste hilflos mit ansehen, wie sie den armen Bruder Eglaf abschlachteten, der im Gebet vor dem Altar kniete. Strangyeard brachte es ebenso wenig über sich, dazubleiben und das Grauen auf sich zukommen zu sehen, wie er es schaffte, einem Bruder in Gott zu Hilfe zu eilen. Tränenblind schlich er sich hinaus, das Herz in der Brust schwer wie Blei, und steuerte auf die innere Burg und die Gemächer des Prinzen zu.
    Versteckt in der tiefen Schwärze einer Hecke wurde er Zeuge, wie der standhafte Ethelfert von Tinsett und zwei seiner Wachen von der Keule eines grölenden Riesen zu rotem Brei zermalmt wurden. Zitternd beobachtete er, wie Eadgram, der Oberste der Wachen, aufrecht stehend verblutete, von kreischenden Gräbern überrannt.
    Er sah, wie ein anderer zottiger Hune eine Hofdame in Stücke riss, während daneben eine Frau auf der Erde kauerte, das Gesicht vom Wahnsinn entleert.
    Überall in der zerstörten Feste fanden diese Greuel ein tausendfaches Echo; es war ein Alptraum, der kein Ende zu nehmen schien.
    Weinend betete Strangyeard zu Usires. Einerseits überzeugt, dass Gott das Gesicht von Naglimunds Todeskampf abgewandt hatte, andererseits aus verzweifeltem, leidenschaftlichem Instinkt betend, stolperte er zum Vordereingang der inneren Burg. Dort standen inmitten wild umherliegender Leichen zwei versengte, helmlose Ritter und zeigten wie gehetzte Tiere das Weiß ihrer Augen. Es dauerte eine ganze Weile, bis der Archivar Deornoth und den Prinzen erkannte, und einen weiteren, herzlähmenden Augenblick, bis er sie dazu überredet hatte, mit ihm zu kommen.
    In den labyrinthischen Gängen des Wohnflügels war es ruhiger. Zwar waren auch hier die Nornen eingedrungen; ein paar Leichen lagen zusammengekrümmt an den Wänden oder ausgestreckt aufden Steinfliesen. Aber die meisten Menschen waren in die Kapelle und den Speisesaal geflohen, und die Nornen hatten sich nicht damit aufgehalten, nach Einzelnen zu suchen. Das würde später kommen.
    Auf Josuas Ruf hin entriegelte Isorn die Tür. Isgrimnurs Sohn bewachte mit Einskaldir und einer Handvoll erkynländischer und Rimmersgarder Soldaten die Herrin Vara und die Herzogin Gutrun. Auch ein paar von den Höflingen hatten hier Zuflucht gesucht, unter ihnen Strupp und der Harfner Sangfugol.
    Während der Prinz sich kalt aus Varas tränenreicher Umarmung löste, fand Strangyeard auf einem Lager in der Ecke Jarnauga, um dessen Kopf ungeschickt ein blutgetränkter Verband gewickelt war.
    »Das Dach der Bibliothek ist eingestürzt«, erklärte der alte Mann mit bitterem Lächeln. »Ich fürchte, die Flammen haben alles vernichtet.«
    Für Vater Strangyeard war das in gewisser Weise der härteste Schlag von allen. Von neuem brach er in Schluchzen aus, und die Tränen liefen ihm sogar unter der Augenklappe hervor.
    »Schlimmer … es hätte schlimmer kommen können«, schluckte er endlich. »Auch du hättest dahingerafft werden können, mein Freund.«
    Jarnauga schüttelte den weißen Kopf und zuckte zusammen. »Nein. Noch nicht. Aber bald. Doch etwas habe ich gerettet.« Aus seinen Kleidern zog er die zerknitterten Pergamente mit Morgenes’ Handschrift; das oberste Blatt war blutverschmiert.
    »Bring es in Sicherheit. Ich

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