Der Drachenwald
Drachenbezwinger, dann Robert, den Drachenreiter und Zauberer, dann mich, den Freund des Zauberers und Drachenreiters, und zuletzt die drei Wackerburger, die solche Freunde hatten. Die kleinen Raubritter waren mit den Nerven runter, ihre Knie schlackerten, und sie waren blass bis unter ihre Sommersprossen. Man hätte sie nur mit dem kleinen Finger anzustupsen brauchen, dann wären sie umgefallen. In denen war überhaupt kein Funken Leben mehr. Nur der Anführer zuckte noch ein allerletztes Mal.
»Wollt ihr verhandeln?«, fragte er mit so schwacher Stimme, dass man es gerade noch verstehen konnte.
Aber Robert tat so, als verstünde er es
nicht
.
»Wie bitte?«, fragte er und zog wie nebenbei das Zauberschwert aus dem Gürtel und prüfte mit dem Daumen, wie scharf es war.
Da hatte auch der Anführer genug.
»Schon gut, wir ergeben uns«, sagte er und legte sein Schwert vor sich ins Moos.
»Hab ich mich also doch nicht verhört«, sagte |120| Robert und steckte das Zauberschwert in den Gürtel zurück. »Die Schwerter bitte schön ordentlich nebeneinander!«, fuhr er die anderen Wilden Wölfe an, als er sah, dass sie die Schwerter einfach nur fallen ließen.
Was soll ich euch sagen: Es war ein Triumph! Schon die letzte Niederlage musste die kleinen Raubritter schwer getroffen haben, aber das jetzt war der Gipfel. So bedröppelt, wie sie dastanden, konnten sie einem fast leidtun.
»Geht zu dem Baum da!«, sagte Robert jetzt zu ihnen, und als sie schlurfend und mit hängenden Köpfen dort ankamen, ließ er sie, mit dem Rücken an den Stamm gelehnt, im Kreis darum herum stehen. Dann lief er selbst ein paarmal um den Baum und tat so, als würde er ein Seil abwickeln, mit dem er die fünf am Stamm festband. Was das sollte, wusste ich nicht, aber ich sollte es gleich erfahren.
»So«, sagte Robert, »hiermit seid ihr festgebunden.«
Die Wilden Wölfe waren fix und fertig, aber mit großen Augen dumm gucken konnten sie immer noch.
»Das Seil könnt ihr zwar nicht sehen oder spüren, aber es ist da«, erklärte ihnen Robert. »Und |121| das andere Ende hab ich meinem Lieblingsdrachen an den Schwanz gebunden. Ein Ruck, und er kommt nachsehen, was es gibt. Und falls ihr euch wundert, wieso ich einen Drachenbezwinger zum Freund habe und gleichzeitig Drachenreiter sein kann: Es gibt gute und böse Drachen. Böse Drachen rauben Prinzessinnen und fressen die tapferen Ritter, die sie befreien wollen. Gute Drachen fressen gar niemanden. Sie sind so zahm, dass man auf ihnen reiten kann, wenn sie einen leiden mögen, und wenn man sie braucht, kann |122| man sie rufen. Nur Raubritter, die Prinzessinnen rauben, mögen sie überhaupt nicht leiden. Die machen sie fuchsteufelswild.«
Die kleinen Raubritter standen mit weit aufgerissenen Augen um den Baum, der ungefähr in meiner Kopfhöhe auch eine kleine Schramme hatte, wie ich jetzt sah. Sie waren außer Gefecht, das war sonnenklar. Dass Robert Drachenreiter war, hatte ich ihnen letztes Mal schon erzählt, und wahrscheinlich hatten sie es sogar geglaubt. Aber jetzt hatten sie den Beweis. So mussten sie jedenfalls denken, denn wenn einer Leute herzaubern konnte, warum sollte er dann nicht auch auf Drachen reiten und all so was?
Es war alles gut. Oder es hätte gut sein können. Wir hätten nur noch Wuschel suchen müssen und überlegen, wie wir die unglückliche Sieglinde befreien, und da wäre uns bestimmt was eingefallen. Aber dann passierten zwei Dinge kurz hintereinander, die alles noch mal durcheinanderbrachten. Das Erste war eine Dödelei von mir. Das heißt, ich hab was Dödeliges gemacht, aber ich wusste nicht, dass es was Dödeliges war. Ich hab’s nicht mit Absicht gemacht, will ich damit sagen. Es ging mir ein bisschen so wie Robert zu Hause immer.
|123| Das siebzehnte Kapitel,
in dem Tim was richtig Dödeliges macht (Aber er tut’s nicht mit Absicht!)
Vielleicht erinnert ihr euch: Robert hatte mir meinen Helm gegeben, damit ich draufklopfen und Hubert, den Drachenbezwinger, herzaubern konnte, und seitdem hatte ich ihn in der Hand gehabt (den Helm jetzt). Und nun musste ich ja irgendwas mit ihm machen. Wieder hinlegen?, überlegte ich. Aber dann vergaß ich ihn vielleicht noch mal, und es war der schönste Fahrradhelm, den ich jemals hatte. Also beschloss ich, ihn aufzusetzen.
Ich steckte das Schwert in den Gürtel, das ich jetzt sowieso nicht mehr brauchte, und klackte den Halteriemen auf, der war nämlich noch zu. Der Helm war mir mit zugeklacktem Riemen vom
Weitere Kostenlose Bücher