Der Drachenwald

Hubert, der ihn selbst mit offenem Visier nicht kennen konnte!
    Ich weiß, was ihr jetzt denkt: Ihr denkt, Robert spielte doch bestimmt nur ein Spiel und trickste die Wilden Wölfe aus! Wenn es zum Kampf kam, war der doch bestimmt auf unserer Seite!   – Aber konnte ich mir da hundertprozentig sicher sein? Konnte ich mich darauf verlassen? Hatte er nicht gesagt, ich solle die Wackerburger holen und im Wald vor der Raubritterburg auf ein Zeichen von ihm warten? Doch, das hatte er. Und jetzt kam er plötzlich mit den Wilden Wölfen an?
    Oh Mann! In meinem Kopf drehte sich ein Brummkreisel, denn das alles dachte ich natürlich nicht schön hintereinander wie bei einer Dreisatzrechnung, falls ihr die schon habt. Das alles dachte ich gleichzeitig, und es dauerte gerade mal so lange, bis der Anführer der Wilden Wölfe rief:
    |106| »Ergebt euch, Wackelburger, ihr könnt uns nicht entkommen!«
    Das rief er jetzt nämlich und reckte dabei sein Schwert noch ein bisschen höher als sowieso schon.
    »Niemals!«, rief Kuno zurück. »Wir ergeben uns keinen fiesen, miesen Raubritterbubis, die nicht einmal ein ordentliches ›r‹ sprechen können!«
    Bravo, Kuno, gib’s ihnen!, dachte ich und war richtig stolz auf ihn. Und dann merkte ich, dass der tapfere Hubert wohl fand, dass wir endlich eingreifen sollten. Natürlich: Er wusste jetzt ja, mit wem wir es zu tun hatten, selbst wenn ihm beim Überfall der Raubritter vor Aufregung die |107| Farben der Wolfecker vielleicht gar nicht aufgefallen waren.

    »Los, wir greifen ein!«, flüsterte er mir zu.
    »Moment noch!«, flüsterte ich zurück. »Ich muss dir was erklären.«
    Ich wollte ihm nur schnell sagen, dass er den mit dem Helm verschonen sollte, aber dann geschah etwas, das mich innehalten ließ:
    Robert setzte sich plötzlich in Bewegung. Er hatte immer noch das Zauberschwert erhoben, und es wackelte immer noch, aber er ging mit festen Schritten über die Lichtung auf die Wackerburger zu. Die machten sich zum Kampf bereit, das sah man an ihren blitzenden Augen, und |108| ich überlegte fieberhaft: Was jetzt, verflixt noch mal? Eingreifen oder nicht? War das der richtige Moment? Aber dann musste ich mich erst auf Robert stürzen, oder? Sonst stürzte sich doch bestimmt Hubert auf ihn! Dem ich noch nichts hatte erklären können! Es war eine verflixte Zwickmühle. Aber nicht lange, denn jetzt taten die Wilden Wölfe etwas, was mich alle Vorsicht vergessen ließ:

    |108| »Ja, gib’s ihnen, Robert!«, hörte ich ihren fiesen Anführer rufen.
    »Mach sie fertig!«, riefen seine fiesen Spießgesellen.
    Und dann lachten sie, als hätten sie den besten Witz der Welt gemacht. Sie machten sich wieder über Robert lustig! Meinen besten Freund! Und da war es genug.
    Na wartet, ihr gemeinen Fieslinge!, dachte ich, und auf einmal war mir alles egal. Ich würde irgendwie Robert aufhalten, und Hubert konnte sich schon mal auf die Wilden Wölfe stürzen, alles Weitere würde man sehen. Ich hob das Schwert und wollte Hubert ein Zeichen geben   …
    … und genau da passierte etwas, das glaubt mir wahrscheinlich kein Mensch, aber ich hab’s mit eigenen Augen gesehen.

|109| Das fünfzehnte Kapitel,
in dem Robert einen Klasseauftritt hat (Sogar mit einem echten Zauber!)
    Glaubt es oder lasst es bleiben: Als Robert ungefähr in der Mitte der Lichtung war, war plötzlich so ein Licht um ihn, das einen blendete, so unglaublich hell war es. Ich musste kurz die Augen zukneifen, weil man es gar nicht aushielt, und als ich sie wieder aufmachte, sah ich es: Roberts Kleider hatten die Farbe gewechselt. Das heißt: Sein Wams war sogar noch rot. Aber sein Hemd und seine Leggins waren grün.   – Robert trug die Farben der Wackerburger!
    Und jetzt klappte er sein Visier hoch, und die Wackerburger sahen, wer da auf sie zukam. Da hätten sie eigentlich jubeln müssen, aber dazu waren sie viel zu verdattert. Sie ließen die Schwerter sinken und guckten, als wäre ihnen ein Geist erschienen. So guckte ich wahrscheinlich auch. Aber ihr hättet erst die Wilden Wölfe sehen sollen! Die hatten die Schwerter noch oben, aber nur weil sie noch viel verdatterter waren.
    Und jetzt drehte Robert sich um und zeigte mit der Spitze seines großen, schweren Zauberschwerts |110| auf sie. Und die Spitze wackelte kein bisschen!
    »Hört gut zu, ihr miesen, fiesen Raubritterfuzzys   …«
    (»Fuzzys« war klasse, fand ich. Das passte.)
    »…   ergebt euch, sonst gibt’s rote Soße aus der Nose!«
    (»Rote Soße