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Der dreizehnte Apostel

Der dreizehnte Apostel

Titel: Der dreizehnte Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilton Barnhardt
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Kirche lange toleriert. Sie galt als Naturwissenschaft, die der Gläubige allerdings nicht so absolut setzen durfte, daß er an die erkannten Naturgesetze Gott selbst gebunden hätte wissen wollen. Als Beherrscher der Natur sieht man deshalb Christus in den Klöstern auf dem Berge Athos umgeben von den Tierkreiszeichen dargestellt.
     
    12 Ein Wort über Judas Iskarioth: Die Gestalt des Verräters ist ein mythologischer Archetyp, den man in den Erzählungen vieler Völker der Alten wie der Neuen Welt, bei den Indern ebenso wie bei den Indianern findet. Der Beiname Iskarioth identifiziert den Betreffenden vielleicht als Angehörigen der terroristischen Vereinigung der sogenannten sicarii (so genannt der sicae [Dolche] wegen, die sie im Gewände führten und mit denen sie, meist am hellen Tage und in aller Öffentlichkeit, aber im Gedränge der Menschenmenge unbemerkt, prominente Mitbürger niederstachen, die sie verdächtigten, mit den Römern zu kollaborieren). Allerdings machten die Sikarier erst in den fünfziger Jahren von sich reden – ihr erstes Opfer war, wie Josephus, Jüdischer Krieg, 2, 254-257, berichtet, der ehemalige Hohepriester Jonathan. Und von irgendwelchen politischen Motiven des Verräters Judas liest man – von diesem Beinamen abgesehen, der ihn vielleicht, aber nicht mit Sicherheit, als Sikarier identifiziert – im Neuen Testament natürlich nichts.
    Was nach seinem Verrat aus Judas wurde, findet man im Neuen Testament unterschiedlich angegeben. Matthäus 27,3-5, sagt, er bereute, was er getan hatte, »ging hin und erhängte sich selbst«, nachdem er die Silberlinge in den Tempel geworfen hätte, von welchem Blutgeld dann die Hohenpriester den Töpferac ker zum Begräbnis der Pilger kauften: »Daher ist dieser Acker genannt der Blutacker bis auf den heutigen Tag« (Matthäus 27,8). Apostelgeschichte 1,18-19 dagegen liest man, daß er diesen Acker noch selbst erwarb: »Dieser hat erworben den Acker um den ungerechten Lohn und ist abgestürzt und mitten entzwei geborsten , und all seine Eingeweide ausgeschüttet. Und es ist kund geworden allen, die zu Jerusalem wohnen, also daß dieser Acker genannt wird auf ihre Sprache: Hakeldama (das ist: ein Blutacker).« Einige Verse später (1, 25) wird erinnert, daß Judas vom Apostelamt abwich, »daß er hinginge an seinen Ort«.
    Der frühen Kirche war die Geschichte des Verräters Judas wichtig, zunächst weil man die Silberlinge und den Kauf des Töpferackers bei Jeremia 32, 6-15 und 18, 2-3 prophezeit fand (wozu es einiger Phantasie bedurfte) sowie (sehr viel deutlicher) bei Sacharja 11,1213). Des weiteren aber wurde, als später die Heidenchristen die Heilsgeschichte schrieben, in Judas das jüdische Volk geächtet, das den Gottessohn nicht anerkannt und ans Kreuz geschlagen habe. Der Verfasser des vorliegenden Dokuments spricht bemerkenswerterweise von dem angeblichen Verrat des Judas überhaupt nicht.

    13 Nach der von Lukas in der Apostelgeschichte beschriebenen Wahlniederlage ist anderswo von Barsabas nicht mehr die Rede. Hier sagt nun Petrus, daß Barsabas den Märtyrertod auf Zypern fand – was auch von dem Apostel Barnabas berichtet wird (der einer der siebzig Gefährten des Paulus, Gründer der Kirche von Antiochien, war.) Man fragt sich, ob nicht vielleicht die spätere Hagiographie die beiden miteinander verschmolzen hat.
     
    14 Hier irrt Matthias, Petrus hat recht: siehe Psalm 22,18.
     
    15 Der Hinweis auf Pilatus erinnert an die Neigung der alten Kirche, die Verantwortlichkeit der Römer für die Kreuzigung Jesu zu verschleiern. In dem Maße, in dem das Christentum sich vom Judentum löste und Anhänger in der griechisch-römischen Welt fand, mischten sich zunehmend antijüdische Aussagen in seine Gesc hichtsschreibung, während bekeh rungswillige und bekehrte Heiden zunehmend glänzendere Rollen spielen durften. Das Gespräch zwischen Jesus und Pilatus bei Johannes (um 120 n. Chr.) ist reine antijüdische Propaganda, berechnet, Pilatus und die Römer reinzuwaschen und alle Schuld den Juden aufzuladen. »Schreibe nicht: ›Der Juden König‹, sondern, daß er gesagt habe: ›Ich bin der Juden König‹«, sagen die Hohenpriester zu Pilatus. Und der erwidert ihnen: »Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben.« (Johannes 19,21-22). In den apokryphen Pilatusakten (einem Werk vermutlich des 4. Jahrhunderts, deutsch bei Hennecke-Schneemelcher, NTA, Bd. l, 1990, S. 395 ff.) fragt Pilatus die Juden, die ihm zumuten, Jesus vor

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