Der dreizehnte Apostel
größten Teil dieses Schatzes kann man heute in den Museen von München und Berlin bewundern. Die Schmuckstücke beweisen Reichtum und Weltoffenheit der meroïtischen Kultur gleichermaßen. Denn Technik und Formen dieser Arbeiten verraten den Einfluss Ägyptens und des (zur Zeit der ersten Kandake in Ägypten schon zur Herrschaft gelangten) Hellenismus.
14 Eine Königin von Saba besuchte König Salomo; doch in der Regel gestatteten die Sabäer ihren Königinnen und Königen nicht, den königlichen Palast zu verlassen. »Die Stadt der Sabäer«, sagt jedenfalls Strabon über diese Bewohner Südarabiens (Geographie 16, 4,19), »hat einen König, der Rechtsstreitigkeiten und alles übrige entscheidet. Aber er hat nicht das Recht, den Palast zu verlassen; wenn er es trotzdem tut, steinigt ihn, einem Orakel folgend, der Pöbel alsbald zu Tode.« Auch bei den Äthiopiern konnten einst (wie oben, Anm. 9, erwähnt) die Priester den Tod des Königs beschließen. Strabon berichtet auch (17, 2,3) von der folgenden Sitte der Meroïter: »Wann immer einer ihrer Könige die Verstümmelung irgendeines Teils seines Körpers erleidet, müssen seine nächsten Gefolgsleute das gleiche erdulden und so-gar mit ihm sterben; und daher bewachen diese Leute den König mit großer Sorgfalt.«
15 Von diesem Wunderbalsam liest man in dem äthiopischen Kibre Negest, wo Salomo Anstoß nimmt an den behaarten Beinen seiner Besucherin. »Deine Schönheit ist die Schönheit der Frauen«, sagt der weise König da nämlich. »Doch dein Haar ist wie das eines Mannes.« Und dann schafft er Abhilfe, indem er mit dem fraglichen Wunderbalsam die Beine der Königin von Saba enthaart. Daß die Königin von Saba vor Salomo ihre Schenkel entblößte, liest man übrigens auch im Koran (27, 44).
16 Im Lichte dieser Erklärung der Kandake wird man wohl auch die Bereitwilligkeit sehen müssen, mit der jener »Mann aus Mohrenland, ein Kämmerer und Gewaltiger der Königin Kandake«, von dem man in der Apostelgeschichte 8, 27-39 liest, sich von Philip pus taufen ließ. Denn hört man nicht die Leichtfertigkeit der Königin aus der Rede jenes Mannes, der sich, kaum daß Philippus seine Predigt beendet hat (der Mann aus Mohrenland hatte Jerusalem besucht und war auf der Heimreise), als sie eben in diesem Augenblick an einen Fluss kamen, an den Prediger wandte und sagte: »Siehe, da ist Wasser; was hin dert’s, daß ich mich taufen lasse?«
17 Hier hat man eine bemerkenswerte Bestätigung für die von vielen Gelehrten geäußerte Vermutung, daß die frühe Kirche nicht einmal die Eucharistiefeier kannte.
18 Da Matthias natürlich nicht der erste Hellenist war, der das gegen ausländische Gäste so misstrauische Land besuchte, mag freilich auch sein Buch nicht das erste gewesen sein. Plinius der Ältere erwähnt in seiner Naturalis Historia (VI, xxv) einen Simonides Minor, welcher – quinquennio in Meroë moratus cum de Aethiopia scriberet – während eines fünfjährigen Aufenthalts in Meroë über Äthiopien schrieb.
19 Hier sind, einer Beschädigung des Papyrus wegen, etwa fünfzehn Zeilen verloren. Siehe aber den Sieben, 1 fortgesetzten Schluss der Erzählung weiter unten.
Anmerkungen zu Sieben
1 Zu meinen Vermutungen über den fehlenden Textabschnitt siehe meinen Artikel in The University of Chicago Theologian, Bd. XXVIII, Heft 1, Patrick V. O’Hanrahan, »Textual Problems in the Gospel of Matthias«.
2 Johannes 18,38.
3 Mit seinem späte ren Werk, den Jüdischen Altertü mern, veröffentlichte Josephus eine Selbstbiographie, wo er seiner eigenen früheren Darstellung seiner Beteiligung an den Ereignissen des Jüdischen Krieges an vielen Stellen widerspricht. Während er bei seiner Schilderung des Jüdischen Krieges die eigenen diplomatischen und kriegerischen Leistungen bei jeder Gelegenheit ins hellste Licht rückt, äußert er sich in seinem Leben bescheiden. »Und bei dieser Gelegenheit war es wohl so«, sagt er da etwa (Leben, 15), »daß Gott, der stets weiß, wer tut, was er tun sollte, mich aus den Händen dieser meiner Feinde befreite.« Ich glaube nicht, daß Josephus im Alter die Überzeugung seiner Jugend verleugnete. Zwar betonte er in der zitierten späten Schrift weniger als die eigene Tüchtigkeit die Tüchtigkeit seines Gottes, einen so tüchtigen Mann wie ihn auszuwählen zur Erledigung dessen, was zu erledigen war. Aber eine gewisse Eitelkeit ist ja auch mit dieser bescheidenen Würdigung der
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