Der dreizehnte Apostel
Gestalt«, welche Stelle als die unbestimmteste im Neuen Testament gelten kann. Zu Emmaus wird er von Simon und Kleophas nicht erkannt, bis er sich zu erkennen gibt. Dann verschwindet er (Lukas, 24,31) wie ein Geist. Bei Johannes aber wird bewiesen, daß er nichtsdestoweniger in Fleisch und Blut von den Toten auferstanden ist, denn Thomas legt die Hände in seine Wundmale, und Jesus verlangt zu essen. Nachdem er aber von ihnen geschieden ist, gehen bei Lukas die Jünger in den Tempel , und dort, bei den Pharisäern, die doch angeblich die Verurteilung und Hinrichtung Jesu ins Werk gesetzt haben, preisen und loben sie Gott. Also war es den Verächtern des Christentums – Celsus, den Gnostikern, dem Kaiser Julian Apostata, den Talmudisten und anderen – ein leichtes, die so widersprüchlich bezeugte Auferstehung Jesu zu bestreiten.
Anmerkungen zu Drei
1 Der Verfasser denkt offenbar an Harmodios und Aristogeiton, die gemeinsam bei den Panathenäen des Jahres 514 v. Chr. den Tyrannen Hipparchos ermordeten, der ein Auge auf Harmodios, den Liebling des Aristogeiton, geworfen hatte: »Dieser nun«, heißt es bei Thukydides, VI, 54, »nach Art der Liebenden, wurde von heftigem Schmerz ergriffen, und da er bei der Macht des Hipparchos fürchtete, daß dieser den Jüngling mit Gewalt zwingen werde, ihm zu Willen zu sein, so richtete er … also gleich sein Dichten und Trachten auf den Sturz der Zwingherrschaft.«
2 Sexuelle Ausschweifungen waren während der ersten Jahrhunderte der christlichen Ära Bestandteil des Gottesdiensts zahlreicher christlicher Sekten, insbesondere die Helvidianer und Paternianer taten sich in dieser Richtung hervor. Eine unter verschiedenen Namen bekannte gnostische Sekte – die den Brudermörder Kain und Judas Iskarioth, den Verräter des Herrn, verehrte, weshalb ihre Anhänger auch Kainiten genannt wurden – rechtfertigte solche Ausschweifungen mit der Erklärung, daß der Gott des Alten Testaments durch den des Neuen abgesetzt, womit jedes Gebot des Alten Testaments hinfällig, ja, Gehorsam gegen die von Moses empfangenen Zehn Gebote in dem Maße nicht mehr zeitgemäß, daß solcher Gehorsam vielmehr die reinste Gotteslästerung sei. Die Kainiten und manche anderen Sekten der ersten vier Jahrhunderte waren deshalb bestrebt, gegen jedes Gebot des Pentateuchs zu verstoßen. Als Verteidiger insbesondere des sechsten Gebotes war uns übrigens der Verfasser des hier erklärten Textes schon bekannt, ehe dieser Text auftauchte. So versichert nämlich Clemens von Alexandrien: »Denn dem Gebot des Erlösers gehorsam … wird der Mensch nicht zwei Herren dienen wollen, seiner Lust und dem Herrn. Man glaubt, daß auch Matthias dieses lehrte, daß wir gegen das Fleisch ankämpfen und es mit Verachtung strafen müssen. Niemals um der Lust willen ihm nachgeben dürfen, statt dessen aber die Seele mit Glauben und Wissen nähren sollen.« (Stromateis, 3. Buch; um 210 n. Chr.)
3 Einige der be rüchtigtsten gnostischen Ketzer häupter waren Valentinus (der sich, nicht ganz unwahrscheinlich, als Nachfolger des Paulus ausgab), Cerdo und Markus, der, wie Irenäus in seiner Entlarvung und Widerlegung der fälschlich so genannten Erkenntnis mitteilt, »ein Brautgemach einrichtet und ein Mysterium zelebriert mit Anrufung des Himmels für diejenigen, die sich der Initiation unterziehen, wobei gesagt wird, daß, was diese machen, eine geistliche Hochzeit ist nach dem Muster der Vereinigungen in der Höhe«.
Möglicherweise denkt unser Autor hier aber an Karpokrates. Dieser Jünger des Simon Magus war damals (zwischen 60 und 85 n. Chr.) in Sidon tätig. Er soll gelehrt haben, daß, ehe nicht der Leib jede Sünde erfahren habe, die Teufel der Sünde nicht aus ihm auszutreiben seien, daß also mithin Reinigung von der Sünde nur durch gründliches Sündigen zu erzielen sei. Irenäus von Lyon (130-200 n. Chr.) gibt in seinem oben zitierten Werk Auskunft auch über die von den Karpokratianern praktizierte Weibergemein schaft . Christliche G nostiker bis hin zu den Nachfol gern jenes Joseph S mith, dem im Jahre 1823 bei Pal myra unweit von New York ein Engel das Buch Mor mon offenbarte, ha ben immer eine Neigung zur Poly gamie gehabt.
4 »Ein Mann mit Namen Simon, der zuvor in der Stadt Zauberei trieb, bezauberte das samaritische Volk und gab vor, er sei etwas Großes«, wird in Apostelgeschichte 8,9-24 erwähnt. Er will von Petrus und Johannes die Kunst, durch Handauflegen zu heilen, für Geld kaufen,
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