Der dritte Kontinent (Artesian 3) (German Edition)
Langschiff nicht unähnlich, das vor dem schwarzen Nachthimmel und umkränzt von Sternen leise und gemächlich seine Bahnen um Artesian zog. Er hatte die Mutter vor nicht einmal drei Monaten gesehen. Sie hatte auf der letzten Mauer Trenadils gestanden und die Länder der Menschen verteidigt. Goldhand war ihr Name. Goldhand Sternenreiter. Sie trug ein Kind in sich. Das Kind des Beltrim. Die Augen des Magiers funkelten. Die Zeit der Rache nahte schnell und alles fügte sich zusammen.
2. Auf der Flucht
Wo auch immer zwei identische Orte nebeneinander existieren, so wie das Labyrinth von Lomakk und das Traumlabyrinth Tazkys auf dem Südkontinent Artesians, entstehen immer die gleichen Schwierigkeiten: Nach dem Übergang von der einen in die andere Welt findet man sich an einem Ort wieder, der dem, den man gerade verlassen hat, wie gespiegelt gleicht.
Hockster war zwar mit nur einem einzigen Schritt in der diesseitigen Welt angekommen, aber sein Geist weilte noch irgendwo dazwischen und sein Körper schlug hart auf, als er bäuchlings in Lomakk und der wirklichen Welt, seiner Welt, landete. Er sah sich um. Ja, dieser Raum war eine exakte Kopie der Portalkammer, in der er sich vor einem Augenblick noch von Tippet ... Etiera? ... Tippet! verabschiedet hatte.
Er rief ein fahles Licht herbei und überdachte seine Situation.
Auf der positiven Seite stand, dass er das Traumlabyrinth hinter sich gelassen hatte und wieder in seiner Welt war, in der die Zeit gewohnt schnell – oder langsam – verging. Auf der negativen Seite türmte sich ein Berg an Schwierigkeiten und Problemen.
Hockster klopfte sich den Staub von der nach Pilzen stinkenden Kutte und verschwand im selben Augenblick in einer Wolke aus feinem roten Staub. Sein Husten klang erbärmlich, seine Flüche abgehackt und es fehlte ihnen vor allem an der tiefen Überzeugung, mit der er sie zu anderen Zeiten auszustoßen pflegte. Diese Reise kostete entschieden zu viel Kraft.
Hockster hatte ein großes Herz. Mitgefühl war ihm seit seiner Kindheit ein ständiger Begleiter. Er spendete Trost und Verständnis für alle diejenigen, deren Leid unübersehbar war. Tränen, ob von Frau oder Kind vergossen, machten ihn weich, augenfälliges Leid musste er lindern.
Gleichzeitig vertrat er die Ansicht, dass es einem wie ihm nicht gut anstand, sich selbst zu bemitleiden. In einer Welt, die ihn wegen seiner geringen Körpergröße missachtete, hatte er früh Stärke zeigen müssen. Aber hier, in Zatkan, dem dritten und größten Kontinent Artesians, spürte er die Nähe der Grenzen von Durchhaltewillen und Verbissenheit.
Vor ihm lag erneut ein Labyrinth und daran an schloss sich Lomakk, Stadt der Chetekken, über die es keine Berichte gab, was Hockster zu der Vermutung führte, dass noch nie zuvor ein Mensch lebendig wieder abgereist war.
Hockster brauchte noch immer Wasser und er brauchte etwas zu essen. Richtige Kleider wäre auch nicht schlecht. Heilung für alle seine Wunden, hundert Stunden Schlaf, einen schnellen Weg hier hinaus, den Laserbird mitsamt dem integrierten Bordcomputer Double-T für seine Flucht, Madigan, ganz besonders Madigan, ein Haus am See, Kinder, Enkelkinder, Apfelsirup. Und seinen Hut! Ah, das Leben könnte so schön sein, und wenn er auch nur ein bisschen was davon erleben wollte, musste er wieder aufstehen und sich auf den Weg machen. Wie war das noch mit der goldenen Regel, die jeden Verirrten sicher aus einem Labyrinth führt, fragte er sich und versuchte durch angestrengtes Nachdenken vom Schmerz abzulenken und hinter die Lösung zu kommen. Er konnte sich einfach nicht daran erinnern.
Hockster verließ die Portalkammer und folgte seinem kapriolenschlagenden Lichtzauber, der die dunkle Welt unter Tage spärlich beleuchtete.
Fürs Erste eilte er durch bekannte Gänge, die er noch aus Tazkys kannte, erreichte die Höhle, in der in der Traumwelt die Schmelzöfen standen, suchte und fand die beiden großen Kavernen der Glasarmee und die der kristallenen Objekte, die hier leer waren und traf anschließend auf eine Kreuzung, an die er sich nicht mehr erinnern konnte. Er traf eine Entscheidung und bog links ab. Von diesem Moment an war es wieder reines Rätselraten. Welche Richtung er auch wählte, es schien ihm, als träten seine Entscheidungen mehr und mehr in den Hintergrund. Das Labyrinth wollte ihn auffressen, führte ihn an der Nase und im Kreis herum.
Hockster hatte immer größere Mühe voranzukommen und suchte unablässig in seiner
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