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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Frau im typischen Menstruationszyklus nicht mehrere Männer zwingt, in Konkurrenz um ihre Befruchtung zu treten.
    MÄNNER AUS WEIBLICHER SICHT

    Abb. 4 : Menschen und große Menschenaffen unterscheiden sich im Verhältnis der Körpergrößeder Geschlechter, in der Penis­länge und in der Hodengröße. Die großen Kreise repräsentie­ren die Körpergröße der Männer/Männchen jeder Art in Rela­tion zu den Frauen/Weibchen der gleichen Art. Die weibliche Körpergröße (oben rechts) wird hier aus praktischen Gründen für alle Arten als gleich dargestellt. Schimpansen beiderlei Ge­schlechts wiegen etwa gleich viel, und Männer sind etwas grö-ßer als Frauen, während männliche Orang-Utans und Gorillas ihre Weibchen an Körpergröße weit übertreffen. Die Länge der Pfeile auf den männlichen Symbolen entspricht der Länge des aufgerichteten Penis, die kleinen Doppelkreise zeigen das Ge­wicht der Hoden im Verhältnis zum Körper an. Der Mensch hat den längsten Penis, Schimpansen haben die größten Ho­den, und Orang-Utans und Gorillas den kürzesten Penis und die kleinsten Hoden.
    FRAUEN AUS MÄNNLICHER SICHT

    Abb. 5 : Beim Menschen ist die Brustgröße der Frauen einzig­artig ; sie übertrifft bereits vor der ersten Schwangerschaft die von Menschenaffen bei weitem. Die großen Kreise repräsentie­ren die weibliche im Verhältnis zur männlichen Körpergröße bei der gleichen Art.
    Die Hodengröße der Primaten stellt somit ein an­schauliches Beispiel für die oben erläuterten evolutio­nären Kompromisse und Abwägungen von Kosten und Nutzen dar. Für jede Art gilt, daß die Hoden groß genug sind, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden, aber nicht unnötig größer. Denn dies würde nur zusätzliche Ko­sten ohne entsprechenden Nutzenzuwachs bringen, in­dem Platz und Energie anderen Zwecken entzogen wür­den und eine größere Gefahr von Hodenkrebs bestünde.
    Von diesem Triumph der Wissenschaft und ihrer Er­klärungskraft begeben wir uns nun zu einem krassen Mißerfolg : dem Unvermögen, im 20. Jahrhundert end­lich eine angemessene Theorie der Penislänge zu formu­lieren. Die Durchschnittslänge des aufgerichteten Penis beträgt beim Gorilla drei, beim Orang-Utan vier, beim Schimpansen 7,5 und beim Menschen knapp 13 Zen­timeter. In der optischen Auffälligkeit sind die Unter­schiede ganz analog : Der Penis des Gorillas ist wegen seiner Schwarzfärbung selbst im eregierten Zustand kaum zu erkennen, während sich der aufgerichtete rosa Penis des Schimpansen vor dem Hintergrund nackter weißer Haut deutlich abhebt. Im erschlafften Zustand ist der Penis bei Menschenaffen überhaupt nicht zu se­hen. Warum ist der menschliche Penis im Vergleich zu dem aller übrigen Primaten nur so groß und auffällig? Bedenkt man, daß sich die Menschenaffen ebenfalls er­folgreich fortpflanzen, stellt sich die Frage, ob der Penis beim Menschen nicht eine überflüssige Investition von Protoplasma darstellt, das an anderer Stelle, zum Bei­spiel in der Großhirnrinde oder in den Fingern, nützli­cher eingesetzt wäre.
    Wenn ich befreundeten Biologen dieses Rätsel auf­gebe, weisen sie meist auf bestimmte Merkmale des menschlichen Koitus hin, die einen langen Penis ih­rer Ansicht nach als nützlich erscheinen lassen : daß wir uns beim Koitus häufig in zugewandter Position (Ant­litz zu Antlitz) befinden, daß wir eine akrobatische Viel­falt von Stellungen einnehmen und daß der Koitus beim Menschen angeblich besonders lange dauert. Keine die­ser Erklärungen hält einer näheren Überprüfung stand. Die zugewandte Position bevorzugen auch Orang-Utans und Zwergschimpansen, und auch Gorillas nehmen sie gelegentlich ein. Orang-Utans wechseln zwischen zuge­wandter, Rücken- und seitlicher Stellung, und das alles, während sie an Ästen hängen, was sicher mehr Penisa­krobatik verlangt als die komfortablen Bettübungen der Spezies Mensch. Unsere durchschnittliche Koitusdauer (bei Amerikanern rund vier Minuten) ist zwar viel län­ger als bei Gorillas (eine Minute), Zwergschimpansen (15 Sekunden) oder gewöhnlichen Schimpansen (sieben Sekunden), jedoch kürzer als bei Orang-Utans (15 Mi­nuten) und geradezu winzig im Vergleich zum zwölf­stündigen Paarungsakt der Beutelmäuse.
    Da der Grund für den großen Penis beim Menschen somit kaum in Besonderheiten unserer Form des Koitus liegen dürfte, wurde als alternative Erklärung vorge­schlagen, der menschliche Penis diene als Vorzeige-Or­gan, ähnlich wie das Rad

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