Der dritte Schimpanse
Frau im typischen Menstruationszyklus nicht mehrere Männer zwingt, in Konkurrenz um ihre Befruchtung zu treten.
MÄNNER AUS WEIBLICHER SICHT
Abb. 4 : Menschen und große Menschenaffen unterscheiden sich im Verhältnis der Körpergrößeder Geschlechter, in der Penislänge und in der Hodengröße. Die großen Kreise repräsentieren die Körpergröße der Männer/Männchen jeder Art in Relation zu den Frauen/Weibchen der gleichen Art. Die weibliche Körpergröße (oben rechts) wird hier aus praktischen Gründen für alle Arten als gleich dargestellt. Schimpansen beiderlei Geschlechts wiegen etwa gleich viel, und Männer sind etwas grö-ßer als Frauen, während männliche Orang-Utans und Gorillas ihre Weibchen an Körpergröße weit übertreffen. Die Länge der Pfeile auf den männlichen Symbolen entspricht der Länge des aufgerichteten Penis, die kleinen Doppelkreise zeigen das Gewicht der Hoden im Verhältnis zum Körper an. Der Mensch hat den längsten Penis, Schimpansen haben die größten Hoden, und Orang-Utans und Gorillas den kürzesten Penis und die kleinsten Hoden.
FRAUEN AUS MÄNNLICHER SICHT
Abb. 5 : Beim Menschen ist die Brustgröße der Frauen einzigartig ; sie übertrifft bereits vor der ersten Schwangerschaft die von Menschenaffen bei weitem. Die großen Kreise repräsentieren die weibliche im Verhältnis zur männlichen Körpergröße bei der gleichen Art.
Die Hodengröße der Primaten stellt somit ein anschauliches Beispiel für die oben erläuterten evolutionären Kompromisse und Abwägungen von Kosten und Nutzen dar. Für jede Art gilt, daß die Hoden groß genug sind, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden, aber nicht unnötig größer. Denn dies würde nur zusätzliche Kosten ohne entsprechenden Nutzenzuwachs bringen, indem Platz und Energie anderen Zwecken entzogen würden und eine größere Gefahr von Hodenkrebs bestünde.
Von diesem Triumph der Wissenschaft und ihrer Erklärungskraft begeben wir uns nun zu einem krassen Mißerfolg : dem Unvermögen, im 20. Jahrhundert endlich eine angemessene Theorie der Penislänge zu formulieren. Die Durchschnittslänge des aufgerichteten Penis beträgt beim Gorilla drei, beim Orang-Utan vier, beim Schimpansen 7,5 und beim Menschen knapp 13 Zentimeter. In der optischen Auffälligkeit sind die Unterschiede ganz analog : Der Penis des Gorillas ist wegen seiner Schwarzfärbung selbst im eregierten Zustand kaum zu erkennen, während sich der aufgerichtete rosa Penis des Schimpansen vor dem Hintergrund nackter weißer Haut deutlich abhebt. Im erschlafften Zustand ist der Penis bei Menschenaffen überhaupt nicht zu sehen. Warum ist der menschliche Penis im Vergleich zu dem aller übrigen Primaten nur so groß und auffällig? Bedenkt man, daß sich die Menschenaffen ebenfalls erfolgreich fortpflanzen, stellt sich die Frage, ob der Penis beim Menschen nicht eine überflüssige Investition von Protoplasma darstellt, das an anderer Stelle, zum Beispiel in der Großhirnrinde oder in den Fingern, nützlicher eingesetzt wäre.
Wenn ich befreundeten Biologen dieses Rätsel aufgebe, weisen sie meist auf bestimmte Merkmale des menschlichen Koitus hin, die einen langen Penis ihrer Ansicht nach als nützlich erscheinen lassen : daß wir uns beim Koitus häufig in zugewandter Position (Antlitz zu Antlitz) befinden, daß wir eine akrobatische Vielfalt von Stellungen einnehmen und daß der Koitus beim Menschen angeblich besonders lange dauert. Keine dieser Erklärungen hält einer näheren Überprüfung stand. Die zugewandte Position bevorzugen auch Orang-Utans und Zwergschimpansen, und auch Gorillas nehmen sie gelegentlich ein. Orang-Utans wechseln zwischen zugewandter, Rücken- und seitlicher Stellung, und das alles, während sie an Ästen hängen, was sicher mehr Penisakrobatik verlangt als die komfortablen Bettübungen der Spezies Mensch. Unsere durchschnittliche Koitusdauer (bei Amerikanern rund vier Minuten) ist zwar viel länger als bei Gorillas (eine Minute), Zwergschimpansen (15 Sekunden) oder gewöhnlichen Schimpansen (sieben Sekunden), jedoch kürzer als bei Orang-Utans (15 Minuten) und geradezu winzig im Vergleich zum zwölfstündigen Paarungsakt der Beutelmäuse.
Da der Grund für den großen Penis beim Menschen somit kaum in Besonderheiten unserer Form des Koitus liegen dürfte, wurde als alternative Erklärung vorgeschlagen, der menschliche Penis diene als Vorzeige-Organ, ähnlich wie das Rad
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