Der dritte Schimpanse
des Pfaus oder die Mähne des Löwen. Diese Theorie klingt plausibel, wirft jedoch die Frage auf, was damit wem gezeigt werden soll.
Stolze männliche Anthropologen haben die Antwort gleich parat : Es handele sich um ein attraktives Vorzeige-Organ, um Frauen zu imponieren. Doch hier drückt sich bloßes Wunschdenken aus. Viele Frauen sagen nämlich, daß sie die Stimme eines Mannes, seine Beine und Schultern anregender finden als den Anblick eines Penis. In der amerikanischen Frauenzeitschrift Viva wurden anfangs Photos nackter Männer veröffentlicht, nach einiger Zeit jedoch nicht mehr, nachdem sich ein mangelndes Interesse bei den Leserinnen gezeigt hatte. Als die Nacktphotos aus Viva verschwanden, stieg die Zahl der Leserinnen, während die männliche Leserschaft schrumpfte. Offenbar waren es Männer, die Viva wegen der Nacktphotos gekauft hatten. Wir können also zwar bejahen, daß der menschliche Penis ein Organ zum Vorzeigen darstellt, müssen aber feststellen, daß er nicht Frauen, sondern Männer beeindrucken soll.
Andere Fakten sprechen ebenfalls für die Rolle eines großen Penis als Droh- bzw. Statussymbol gegenüber anderen Männern. Man denke nur an all die von Männern für Männer geschaffenen Phalluskunstwerke und an die Bedeutung, die viele Männer der Größe ihres Penis beimessen. Eine objektive Grenze wurde der Evolution des Penis durch die Länge der weiblichen Scheide gesetzt: Ein erheblich größerer Penis hätte bei der Frau Verletzungen hervorgerufen. Ich kann mir allerdings sehr gut vorstellen, wie der Penis ohne dieses praktische Hindernis ausgefallen wäre, wenn ihn Männer nach eigenem Gutdünken hätten gestalten können. Wahrscheinlich würde er eine starke Ähnlichkeit mit jenen Penisfutteralen haben, die in manchen mir aus Feldstudien bekannten Gegenden Neuguineas zur Männertracht gehören. Penisfutterale unterscheiden sich in der Länge (bis zu 60 Zentimeter), im Durchmesser (bis zu zehn Zentimeter), in der Form (gerade oder gebogen), im Körperwinkel, in der Farbe (gelb oder rot) und in der Verzierung (z. B. Fell am Ende). Jeder Mann besitzt solche »Kleidungsstücke« in unterschiedlicher Größe und Form und wählt allmorgendlich eines aus, das gerade zu seiner Stimmung paßt. Von peinlich berührten männlichen Anthropologen wurden Penisfutterale als Ausdruck von Bescheidenheit interpretiert, da der Penis in ihnen verborgen werde. Als meine Frau zum erstenmal eine solche Hülle sah, waren ihre lakonischen Worte: »Das ist ja wirklich der unbescheidenste Ausdruck von Bescheidenheit, der mir je zu Gesicht gekommen ist !«
Überraschenderweise bleiben also wichtige Funktionen des menschlichen Penis im Dunklen. Hier wartet noch ein breites Forschungsfeld darauf, beackert zu werden.
Wir wechseln nun von der Anatomie zur Physiologie und sind sofort beim sexuellen Verhaltensmuster des Menschen, das sich sehr von dem anderer Säugetierarten unterscheidet. Fast alle Säugetiere sind während der meisten Zeit sexuell inaktiv. Zur Paarung kommt es nur, wenn die Weibchen brünstig sind, das heißt wenn sie einen Eisprung haben und befruchtet werden können. Weibliche Säugetiere »wissen« offenbar, wann der Eisprung erfolgt, denn sie fordern durch Zeigen der Genitalien die Paarungsbereitschaft der Männchen. Bei den Primaten gehen viele sogar noch weiter, damit ihr Zustand auch ja nicht verkannt wird : Die Haut um die Vagina, bei manchen Arten auch das Hinterteil und die Brüste, schwellen an und färben sich rot, rosa oder blau. Diese optischen Symbole des weiblichen Paarungswillens üben auf Affenmännchen eine sehr ähnliche Wirkung aus wie eine verführerisch gekleidete Frau auf Männer. In Anwesenheit von Weibchen mit bunt geschwollenen Genitalien starren Affenmännchen viel öfter auf die Genitalien, ihr Testosteronspiegel steigt, sie machen häufigere Kopulationsversuche und dringen schneller und nach einer geringeren Zahl von Beckenstößen ein als bei Weibchen, die weniger deutlich zeigen, was sie zu bieten haben.
Beim Menschen verhält es sich ganz anders. Frauen sind sexuell mehr oder weniger ständig empfänglich – es gibt keine scharf abgegrenzten, kurzen Phasen der Koitusbereitschaft. Obwohl etliche Studien der Frage nachgehen, ob sich die sexuelle Empfänglichkeit der Frau während des Menstruationszyklus überhaupt verändert, steht eine eindeutige Antwort noch aus. Das gleiche gilt für die Frage, in welcher
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