Der dritte Schimpanse
Zusammenarbeit mehrerer Männer und/ oder Frauen erfordert. Außerdem kommt ein Groß-teil unserer natürlichen Kost nur vereinzelt auf geballtem Raum vor und bietet eine Ernährungsgrundlage für eine große Zahl von Menschen. Und schließlich bieten Gruppen besseren Schutz vor Raubtieren und Angreifern, besonders vor anderen Menschen.
Kurzum, die aufgrund unserer besonderen Ernährungsgewohnheiten entstandene Form des Zusammenlebens erscheint uns zwar als ganz normal, ist aber aus der Perspektive der Menschenaffen höchst seltsam und hat praktisch keine Parallele unter den Säugetieren. Erwachsene Orang-Utans sind Einzelgänger. Gibbons leben in getrennten monogamen Paaren. Gorillas leben in polygamen »Harems« aus mehreren Weibchen und meist einem dominierenden Männchen. Gewöhnliche Schimpansen leben in relativ promiskuitiven Gemeinschaften aus einzelnen Weibchen plus einer Gruppe von Männchen ; und Zwergschimpansen bilden sogar noch promiskuitivere Gemeinschaften aus Mitgliedern beiderlei Geschlechts. Dagegen ähneln menschliche Gemeinschaften, ebenso wie unsere Ernährungsgewohnheiten, denen von Löwen und Wölfen : Unsere Gruppen bestehen aus einer Vielzahl erwachsener Männer und Frauen. In der inneren Struktur unterscheiden sich unsere Gemeinschaften jedoch auch von denen der Löwen und Wölfe, da beim Menschen Männer und Frauen in Paaren zusammenleben. Im Gegensatz dazu paaren sich männliche Löwen regelmäßig mit beliebigen weiblichen Mitgliedern eines Rudels, so daß ihre Vaterschaft für sie nicht erkennbar ist. Die engste Parallele im Tierreich haben menschliche Gemeinschaften vielmehr in den Kolonien von Seevögeln, wie Möwen und Pinguinen, die sich ebenfalls aus Paaren von Männchen und Weibchen zusammensetzen.
Zumindest offiziell wird in den meisten modernen Staaten mehr oder weniger strikt das Gebot der Monogamie befolgt, während bei der Mehrzahl der heute noch anzutreffenden Jäger- und Sammlervölker, die ein zutreffenderes Modell der Lebensweise des Menschen während der letzten Million Jahre abgeben, eine »milde Form der Vielweiberei« herrscht. (Der außereheliche Sex, der uns effektiv polygamer macht, sei an dieser Stelle nicht erwähnt ; seine wissenschaftlich faszinierenden Aspekte werde ich in Kapitel 4 erörtern.) Mit einer »milden Form von Vielweiberei« ist gemeint, daß die meisten männlichen Jäger und Sammler nur eine einzige Familie ernähren können, einige besonders Starke jedoch mehrere Frauen haben. Eine Vielweiberei im gro-ßen Stil, wie sie etwa bei den See-Elefanten vorkommt, bei denen kräftige Männchen Dutzende von Weibchen um sich scharen, ist für männliche Jäger und Sammler unmöglich, da sie ihrem Nachwuchs im Unterschied zu See-Elefanten Fürsorge angedeihen lassen müssen. Gro-ße Harems, wie sie manch berühmter Potentat unterhielt, wurden erst möglich, nachdem eine kleine Zahl von Fürsten durch das Aufkommen der Landwirtschaft und zentraler Regierungsgewalt ihre Untertanen besteuern konnten, um die Babys des fürstlichen Harems durchzufüttern.
Wir wollen nun sehen, wie diese soziale Organisation die Körpergestalt von Männern und Frauen formt. Betrachten wir zunächst die Tatsache, daß erwachsene Männer etwas größer sind als gleichaltrige Frauen (im Durchschnitt sind sie rund 8 Prozent größer und 20 Prozent schwerer). Ein Zoologe aus dem Weltall brauchte nur einen kurzen Blick auf meine 1,73 Meter große Ehefrau und mich (1,78 Meter) zu werfen und würde sofort vermuten, daß wir Angehörige einer leicht polygamen Art sind, das heißt ein bißchen zur Vielweiberei neigen. Wie um Himmels willen, werden Sie nun fragen, kann man das Paarungsverhalten aus der relativen Körpergröße ableiten?
Wie sich zeigt, nimmt die durchschnittliche Haremsgröße bei polygamen Säugetieren mit dem Verhältnis der männlichen zur weiblichen Körpergröße zu. Das heißt, die größten Harems sind typisch für solche Arten, bei denen die Männchen viel größer sind als die Weibchen. So haben bei den monogamen Gibbons beide Geschlechter die gleiche Körpergröße, während Gorillamännchen mit typischerweise drei bis sechs Haremsdamen fast doppelt soviel wiegen wie die Weibchen. Im Durchschnitt auf nicht weniger als 48 Weibchen bringen es die Südlichen See-Elefanten, bei denen das Gewichtsverhältnis von drei Tonnen zu 300 Kilogramm die Weibchen als Zwerge erscheinen läßt. Die Erklärung
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