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Der Dschunken Doktor

Der Dschunken Doktor

Titel: Der Dschunken Doktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sofort zum Hafen gelaufen und habe auf Sie gewartet, Mr. Mei.«
    »Das ist eine Nachricht, die mich fünfzig Jahre jünger macht!« stammelte Dr. Mei. Er spürte, wie sein ganzer massiger Körper bebte. »Der Himmel beschütze dich, Liang. Wie kann der Mann aussehen?«
    »Dick und …«
    »Stimmt. Du hast ihn mir schon beschrieben! Er heißt Tschao?«
    »Alle nennen ihn so.«
    »Wenn ich jetzt eine Kerze hätte, würde ich sie Buddha weihen!« sagte Dr. Mei tief atmend. »Aber ich habe nur ein kleines Fläschchen Brandy bei mir. Das opfere ich Buddha.«
    Er holte die Taschenflasche hervor, setzte sie an den Mund, trank sie leer und schleuderte sie gegen eine Hauswand. Mit einem hellen Knall zerbarst sie. Liang hob erschrocken den schmalen Kopf.
    »Was war das, Herr Mei?«
    »Der Startschuß. Jetzt laufe ich los! Die ›Sieben Glückseligkeiten‹! Liang, bete für mich …«
    Er lief vom Quai weg, hinüber zu der Häuserzeile der Kneipen und Bars und bog in die dritte Quergasse ein, die Cheung Shui Street. Die Lichtreklamen zuckten. Eine von ihnen verkündete, daß hier ›Die sieben Glückseligkeiten‹ zu Hause seien.
    Dr. Mei blieb vor dem Eingang stehen und faltete die Hände. Das Gedränge der Menschen in der engen Straße war beängstigend, laut und voll von hunderten Gerüchen.
    Ein Abend, wie ihn die Chinesen liebten, ein Abend voller Leben …
    Ting Tse-tung wußte sich keinen Rat mehr. Mit dem Verschwinden von Yang hatte er die Hoffnung aufgegeben, in absehbarer Zeit wieder mit Dr. Merker zusammenzutreffen. Das bedeutete für die Polizei eine schreckliche Niederlage, gerade zu einem Zeitpunkt, wo man zum erstenmal die Möglichkeit hatte, den unbekannten Gegner anzusprechen und ihm eine heiße Spur vorzugaukeln. Eine Spur, die er sogar glaubte!
    Der Trick mit dem Klinomobil, in dem Dr. Merker die Leiche obduziert und alle notwendigen Präparate entnommen hatte, diese große Schau, an die der Polizeichef nur mit einem Fieberschauer dachte, hatte die Gegenseite verunsichert. Ting hatte gespürt, daß etwas Entscheidendes folgen mußte. Da fiel Dr. Merker aus und war so unfair, mit einer Frau unterzutauchen. Ting hatte lange daran zu kauen – für ihn war Dr. Merker ein Freund geworden; und von einem Freund enttäuscht zu werden tut weh.
    Aber Ting Tse-tung heißt nicht umsonst ›östlich des Sumpfes‹. Durch Sümpfe hindurch zum Ziel, das ist eine Aufgabe, die nur der ermessen kann, der die Sümpfe fernöstlicher Kriminalität kennt. So gab Ting auch nicht auf, als Merker ausfiel, sondern er tat genau das Gegenteil: Er machte aus dem Verschwinden Merkers einen Trumpf für die Polizei.
    Im Gegensatz zu dem, was er zu McLindlay gesagt hatte, ließ er ausstreuen: Dr. Merker braucht völlige Ruhe und Konzentration. Er ist an einen Ort gebracht worden, wo er unbehelligt forschen kann. Seine Arbeiten sind sensationell …
    Das hatte er zwar schon mehrmals gesagt, aber die tatsächliche lange Abwesenheit von Dr. Merker schien zu beweisen, daß sich im Untergrund große Dinge vorbereiteten. Herr Tschao – das wußte allerdings Ting nicht – wurde unruhig, McLindlay litt bis zum Exzeß an dem Wissen, daß Yangs neuer Geliebter sein Freund Dr. Merker war, deren beider Tod nun sein einziges Ziel war. Und wie ernst die Lage war, erkannte man daran, daß der Bote, der Merkers Koffer geholt hatte, seinen Verfolger niedergestochen hatte.
    Es war also glaubhaft, daß Dr. Merker irgendwo in einem sicheren Versteck dem ›lächelnden Tod‹ auf der Spur war.
    »Wir müssen ihn herauslocken!« sagte Herr Tschao bei einer neuen Besprechung. Die Zusammenkünfte folgten jetzt in schneller Folge, ein Beweis, wie nervös man geworden war. »Wir dürfen uns jetzt nicht verkriechen – im Gegenteil, wir müssen so aktiv werden, daß Dr. Merker wieder auftauchen muß, um an Präparate zu kommen. Was haben Sie zu bieten, meine Herren?«
    »Wir halten vier Mädchen einsatzbereit, Herr Tschao.« Der ›Organisator‹ verneigte sich gegen den Lautsprecher in der Ecke.
    »Was sagt der Mediziner?«
    »Wir können es steuern, wie wir wollen, Herr Tschao.«
    »Ein Einsatz an vier verschiedenen Stellen zur gleichen Zeit?«
    »Selbstverständlich.«
    »Und dann haben wir wieder eine Umleitung wegen Rohrbruchs, und alles geht daneben!«
    »Wir sind auf keine Zeitgleichheit angewiesen, Herr Tschao.« Der ›Organisator‹ legte die Handflächen aneinander. »Ich halte es für wirksamer, wenn die vier Aktionen nicht zeitgleich, sondern versetzt

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