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Der Dschunken Doktor

Der Dschunken Doktor

Titel: Der Dschunken Doktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Tse-tung ihm geraten hatte, packte Dr. Merker auf den Boden einer großen Plastiktasche zunächst einen kleinen Radiorecorder und stellte Rockmusik ein; so laut, daß kein anderes Geräusch daneben mehr bestehen konnte. Dann holte er den aufgetrennten Anzug und den unversehrten weißen Seidensmoking aus dem Schrank und begann dabei zu singen. Da er den Text nicht genau kannte, wohl aber die Melodie – was oft der Fall ist, weshalb sich viele Menschen in das hochliterarische Lalala retten –, sang er, wie es ihm gerade einfiel:
    »Jetzt geh' ich ins Maxim,
da bin ich sehr intim,
ich duz' dort alle Damen,
nenn' sie beim Kosenamen:
Lulu, Frufrú, Joujou,
    Lala, Nana, Dudu –
Sie lassen mich vergessen
das teure Vaterland –
    Er sang den frei nachgedichteten Text mit lauter, erstaunlich angenehmer Stimme und packte dabei Anzug und Smoking in die Plastiktüte, wo nun die Rockmusik alles überschallte. Dann band er die Tüte mit einem Bindfaden zu und verließ das Zimmer.
    Der Taxifahrer vor dem Queen Elizabeth Hospital schielte verwirrt auf die Tüte, als Dr. Merker in den Wagen stieg. Daß jemand ein Radio in der Hand trägt und Musik hört – gut, das erlebt man oft bei jungen Leuten. Daß ein Gentleman wie dieser Arzt aber mit einer Plastiktüte herumlief, aus der harter Rock tönte, war ungewöhnlich.
    »Ihr Ziel, Sir?« fragte der Fahrer höflich wie alle Chinesen und machte dabei eine kleine Verneigung.
    »Polizeihauptquartier.«
    Bei diesem Ziel erübrigte sich alle Diskussion, warum aus der Tüte Musik klang. Wortlos fuhr der Taxifahrer zur Polizei, nahm sein Geld in Empfang und blickte Dr. Merker mit unbewegtem Gesicht nach, bis dieser das Gebäude betreten hatte.
    Kommissar Ting empfing Dr. Merker mit einem freundschaftlichen Schulterklopfen und zeigte mit einem breiten Grinsen auf den musikalischen Plastiksack. Trotz der Rockmusik senkte er seine Stimme.
    »Sehr gut, Flitz! Haben Sie eine Ahnung, warum Sie Ihre neuen Anzüge so bringen sollten?«
    »Ich weiß es. Im Kragen des grauen Anzugs steckt ein Mikrofon mit Sender und Minibatterie. Ich nehme an, im Smoking ebenfalls.«
    »Der Arzt! Natürlich! Hat den kritischen Patienten zerschnippelt! Hoffentlich haben Sie nicht alles verdorben!«
    »Ich habe bei Musik seziert!« sagte Dr. Merker sarkastisch. »Die unbekannten Mithörer müssen denken, ich sei ein Rock-Irrer!«
    »Das stellen wir gleich ab.« Ting legte die Plastiktüte auf einen Tisch, zog die Anzüge vorsichtig heraus und zerschnitt den feinen Draht zwischen Sender und Batterie im grauen Anzug. Dann trennte er langsam, unter lauter Musik, Kragen und Revers des Seidensmokings auf, zeigte auf den winzigen Sender und machte auch ihn unschädlich. Trotzdem winkte er Dr. Merker in die hintere Ecke des großen Zimmers, ließ das Radio weiterspielen und sagte gedämpft: »Da sehen Sie mal, Doktol, wie gefährlich wir unseren unbekannten Gegnern sind. Sie wären nie allein gewesen …«
    »Das war mein erster weißer seidener Smoking.« Dr. Merker blickte hinüber zu den Resten des schönen Jacketts. »Sie hätten ihn nicht völlig zerlegen sollen, Ting.«
    »Ich werde Ihnen einen Schneider empfehlen, der für einen Sonderpreis einen neuen baut – ohne Mikrofon!« Ting bot Dr. Merker ein Zigarillo an. »Den Schneider schickte Ihnen McLindlay?«
    »Nein. Betty Harpers.«
    »Merkwürdig.«
    »Sie glauben doch nicht, daß Betty …«
    »Dazu liegt gar kein Grund vor, Flitz. Ich frage mich nur, wie unsere Gegenspieler wissen konnten, daß Betty Ihnen einen Smoking machen läßt. Irgendwie muß es da eine Verständigungsbrücke geben … Über einen der Diener, über den Gärtner, über versteckte Mikrofone im Haus von McLindlay … Wo hielten Sie sich auf, als von dem Smoking die Rede war?«
    »Ich glaube, ich saß am Swimmingpool unter dem Sonnenschirm beim Frühstück … Ja, so war es! Und ein Diener servierte. Der Butler war aber auch in der Nähe. In diesem Schloß stößt man ja überall auf Personal.«
    Ting Tse-tung rauchte nervös. »Personell überwacht werden Sie nicht. Das heißt: Keiner beschattet Sie. Man hat sich ganz auf die Mikrofone verlassen. Beobachtet werden Sie nur von uns, der Polizei.«
    »Davon habe ich noch nichts gemerkt.«
    »Danke. Das ist ein Kompliment für unsere vorzügliche Arbeit.« Ting lächelte breit. »Ich habe übrigens neue Informationen von Yang Lan-hua. Sie müssen einen ungeheuren Eindruck auf die Dame gemacht haben. Ihr Vorschlag ist folgender: Sie kommen heute

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