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Der Dschunken Doktor

Der Dschunken Doktor

Titel: Der Dschunken Doktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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seine kleine Armee von Spitzeln und Aufpassern voll auf Dr. Merker angesetzt war. Es durfte keine Panne mehr geben. Der wichtigste Mann war jetzt der deutsche Arzt – sein Wissen war die Grundlage für jede Weiterentwicklung des großen Planes.
    Herr Tschao hob das piepsende Hürchen von seinen Schenkeln, schob es unter sich und begrub es mit seinen Fleischmassen. Er schaltete sein Gehirn ab und wurde ganz Körper, und hier und jetzt brach das Tierische ungehemmt aus ihm hervor.
    Die Wasserpolizei zog die Hure am frühen Morgen aus der Bay von Lai Chi Kok. Sie war erwürgt worden.
    Dr. Merker hatte gerade die ersten Gehirnschnitte unter das Elektronenmikroskop gespannt, nachdem Ting auch im Queen Elizabeth Hospital den Kompetenzstreit damit abgewürgt hatte, vom Gouverneur käme morgen ein regelrechter Befehl ins Haus, der Dr. Merker alle Freiheiten und Rechte gewähre. Da erschien ein Besucher in der Forschungsabteilung, den Ting nun doch nicht erwartet hatte.
    Elegant wie immer, mit weißen Schuhen zu einem hellbeigen Seidenanzug, das Haar glänzend pomadisiert, entstieg Dr. Wang An-tse dem Lift und wurde von den bewachenden Kriminalbeamten in Empfang genommen. Ting Tse-tung war einen Moment sprachlos.
    »Ich höre, daß mein Freund Dr. Merker wieder hier ist?« rief Dr. Wang überschwenglich. »Ich will ihn begrüßen.«
    »Sie müssen elektronische Ohren haben, Dr. Wang.« Tings Stimme triefte von Spott. »Wir haben es dem Rundfunk noch nicht mitgeteilt.«
    »Die Pfortenschwester!« Dr. Wang grinste verzeihend. »Ich habe allen Pfortenschwestern das Versprechen abgenommen, mich sofort zu rufen, wenn Dr. Merker ins Haus kommt. Es funktionierte vorzüglich. Kaum war Dr. Merker hier, schellte bei mir das Telefon.« Er sah Kommissar Ting nachdenklich an. »Da aber Sie auch da sind, Ting, muß es dienstlich sein. Irre ich mich? Noch immer die alte Sache?«
    »Nein! Bei zwei von meinen Beamten zeigten sich Flocken im Urin … das untersuchen wir jetzt!« Tings Ironie war giftig. »Mit der Diagnose Eiweißausscheidungen gebe ich mich nicht zufrieden. Wenn man schon eine solche Kapazität wie Doktol Melkel zum Freund hat …«
    »Stimmt es? Sie haben wieder einen Ausländermord?«
    »Vier, Dr. Wang.«
    »Mit einer schönen Mörderin …«
    »Sie hören wirklich die Läuse singen …«
    »Ich habe einen Kellner als Patient. Er arbeitet im Pink Giraffe und hat mir natürlich alles erzählt.«
    »Hier die Pfortenschwestern, dort die Kellner – Sie sind ein Glückspilz, Dr. Wang. Ihr Wissen enthebt mich der Pflicht, Sie zu belügen. Ja, Doktol Melkel untersucht gerade das Hirn der Mörderin.«
    »Interessant! Darf ich daran teilnehmen?!«
    »Nein!« Kommissar Ting lächelte Dr. Wang an. So grinst ein Tiger vor dem Sprung. »Was hinter diesen Türen passiert, wird erst bekanntgegeben, wenn wir zuschlagen. Ich hoffe, es wird sehr bald sein.«

10
    Die ganze Nacht hindurch hockte Dr. Merker über den verschiedenen Mikroskopen und suchte nach Spuren eines Giftes oder einer bakteriologischen Erkrankung. Er hatte bei einigen Lehrgängen im Rahmen seiner Tropenmedizinforschung auch einen flüchtigen Einblick in die militärischen B-Waffen erhalten und wußte, was man auf diesem Gebiet an Grauenhaftem schaffen konnte. Bestand nicht die Möglichkeit, daß eine Gruppe verbrecherischer Wissenschaftler hier in Hongkong eine neue bakteriologische Waffe entwickelte, mit der man einmal die Welt beherrschen konnte, weil es kein Gegenmittel gab?
    Er mußte Ting zustimmen, je genauer er die bisherigen Fälle analysierte: die scheinbar völlig sinnlosen Morde waren vermutlich Tests, um zu sehen, ob die Infizierten völlig willenlos wurden, und ob die Medizin in der Lage war, diese neue Krankheit zu erkennen und zu behandeln.
    Über eines war sich Dr. Merker klar: Die Leberzersetzung, die immer die Todesursache war, konnte nur eine Nebenwirkung der Erkrankung sein. Die Primärinfektion lag im Hirnbereich. Und hier waren der Forschung Grenzen gesetzt … Daß ein Irrer ein anatomisch völlig intaktes Hirn besitzt, ist seit jeher ein Rätsel. Die ›Fehlkoppelungen‹, die Halluzinationen, Schizophrenie, manisch-depressives Irresein, Persönlichkeitsveränderungen, Stumpfsinn oder Genie bewirken … sie hinterlassen im Hirn keine Spuren. Sie entziehen sich allen Mikroskopen, soweit sie nicht aus Hirnschädigungen entstehen.
    Es muß ein fürchterliches Präparat sein, das diese Mörderinnen bekommen haben, dachte Merker. Es löst sich ohne

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