Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
Vom Netzwerk:
Wartens. Das Leben hatte sie am Arsch gepackt, wie Ann Pebbles zu sagen pflegte. Nein, es war anders. Ann hatte sie am Arsch gepackt. Hatte sie sitzen gelassen, hatte die Flucht ergriffen, weil sie genau wusste, was auf zwei eintlaufene Sträflingsweiber zukommen würde. Von dem Moment an, als sie ihren Sonnenschirm aufklappte, hatte Ann gewusst, dass dies ein Spiel auf Leben und Tod werden würde. Sie hatte sich für das Leben entschieden und ihr einfach den Tod zugeschoben. Schwache Menschen frisst das Leben. Penelope wollte nicht mehr zu den Schwachen gehören.
    »Ich war nur Gast auf der Kutsche«, hörte sie sich sagen. »Die Konkubine von Mr. Heynes hatte angespannt undmich gebeten mitzufahren. Mr. Tilbury hat recht – wir waren zu zweit, als der Unfall passierte.«
    »Ach schau mal an, Sie haben ja eine Stimme«, sagte der Richter. »Werden Sie uns denn auch den Namen der … Dame wissen lassen?«
    Für einen Moment war es still. Penelope nahm ihr Leben in die Hand.
    »Sie heißt Ann Pebbles. Sie kam wie ich mit dem Transport der Miracle aus London und diente Mr. Heynes als … als …« Jedermann wusste, was sie meinte, weswegen sie gar nicht erst weitersprach. Bent wiegte den Kopf. Sie zwinkerte. Sein Gesicht konnte sie nicht erkennen, aber sie spürte, was er dachte – zwei Frauen in der Kutsche machten den Fall noch komplizierter.
    »Nun? Möchten Sie nicht mehr sprechen? Miss MacFadden, Sie stehen unter Mordverdacht. Wir fanden ein blutiges Messer in Ihrer Kutsche – muss ich weitersprechen?« Das verdammte Messer, das Ann nur zur Abschreckung mitgenommen hatte! Es wurde ihnen nun zum Verhängnis.
    »Ich habe Mr. Heynes nicht getötet!«, schrie sie auf. »Ich habe ihn nicht getötet!«
    »Nun, wer war es dann, Miss MacFadden? Eine von Ihnen beiden muss es ja wohl gewesen sein!« Seine Stimme war scharf wie eine Messerklinge.
    Nimm dein Leben in die Hand. Verrate sie, sie hat dich verlassen.
    Penelope schwieg. Anns Name lag auf ihrer Zunge. Der Satz »Sie hat ihn getötet« dröhnte in ihrem Kopf, doch sie brachte ihn nicht hervor.
    Sie brachte kein einziges Wort hervor. Der Richter nahm das als Provokation. Er sprang auf, schrie sie an, wedelte mit den Papieren. Dann setzte er sich wieder hin, fixiertesie mit bösen Blicken, drohte mit dem Galgen – doch die Worte plätscherten an ihr vorüber, sie legte sich in ihren Fluss und ließ sie über sich hinwegfließen.
    Ellis Bent schüttelte schließlich fassungslos den Kopf.
    »So was wie Sie habe ich noch niemals getroffen, Miss MacFadden. Ich weiß nicht, was ich denken soll. Sind Sie eine Mörderin? Sind Sie keine? Decken Sie eine Mörderin?«
    Jemand murmelte, wie schade es doch sei, dass man die peinliche Befragung inzwischen abgeschafft habe – dies sei ein klassischer Fall, wo eine Daumenschraube Wunder bewirken und ein verstocktes Weibermaul öffnen würde.
     
    Der Fall erregte Aufsehen in ganz Sydney und über die Stadtgrenzen hinaus. Das schweigende Sträflingsweib, das ihre Komplizin verraten, über den gemeinsam verübten Mord jedoch geschwiegen hatte – so was hatte die Kolonie noch nicht erlebt.
    »Sie sollten sie aufhängen, dann kommt die andere schon hervorgekrochen«, meinten die, die glaubten, etwas zu wissen. »Die halten doch alle wie Pech und Schwefel zusammen.« – »Da sind Sie schlecht informiert, mein Lieber. Hörten Sie nicht von jenen Entlaufenen, die sich gegenseitig getötet und gegessen haben? An Erbärmlichkeit kaum zu überbieten! Warten Sie’s ab, sie wird ihre Komplizin schon dem Galgen ausliefern. Früher oder später tun sie das alle. Gottverdammtes Irenpack.« Und der Magistrat, der es ja wissen musste, ließ sein Schnupftuch in die Hand des Dieners fallen.
    Dass die Angeklagte nicht irisch war, störte niemanden. Penelope lag in ihrem Krankenbett, kurierte ihr Bein aus und musste mit anhören, wie die Pflegerinnen über sie sprachen. Es waren Sträflingsweiber wie sie, mit dem Unterschied,dass sie sich in der Schwesternkluft ihr überlegen fühlten und sie das spüren ließen, wo sie nur die Möglichkeit fanden. Sie war die Dirne, die ihre Freundin verraten hatte, um sich selbst zu schützen. Den Weibern der Londoner Gosse war keine Schändlichkeit fremd. Doch Verrat an seinesgleichen verübte man einfach nicht …
    Falls einer der Ärzte die Überlegung verfolgt haben sollte, Penelope im Hospital zu behalten und arbeiten zu lassen, so verwarfen sie diesen Gedanken sogleich wieder. Das Hospital von Sydney war

Weitere Kostenlose Bücher