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Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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Scheune eingestürzt, weil die Kerle nicht gewusst haben, wie man die Dachbalken richtig befestigt«, wusste Mrs. Briggs zu berichten.
    Am Ende wurde ein Haushalt gefunden, der den beiden Damen passend schien, und bis zuletzt fand Penelope nicht heraus, wer da bei der Vermittlung schützend die Hand über sie gehalten hatte – einer der Ärzte oder die Damen selber. Es wäre ein Leichtes gewesen, sie einfach in die Fabrik zu stecken, wo Hunderte andere saßen und Strümpfe strickten oder in stinkenden Bottichen Seife herstellten. Auf wundersame Weise entging Penelope jedoch der Fabrik. Die Pflegerinnen waren sich einig, dass noch niemals wegen einer verdammten Sträflingsfrau so ein Theater veranstaltet worden war.
     
    Mary MacFadden duckte sich gegen die Hauswand. In ihrem schmuddelig braunen Kleid war es eigentlich nicht schwer, mit der rötlichen Umgebung zu verschmelzen, doch genau dafür hatten die Aufseher ein Auge entwickelt – sie fanden jeden Flüchtigen, wie sehr er sich auch in Erdlöcher drückte oder hinter Felsen verbarg. Die Aufseher in der Kolonie waren möglicherweise die Einzigen, die ihre Arbeit wirklich ernst nahmen. Für jeden Entlaufenen gab es eine ordentliche Belohnung.
    Mary hatte zwar die Stadtgrenze noch nicht verlassen, aber sie hatte sich weit von Fabrik und Gefängnis entfernt, und sie konnte für diesen Weg keinen Passierschein vorweisen. Die Geschichte, die seit ein paar Tagen durch die Fabrik kursierte, hatte ihr keine Ruhe gelassen.
    »Und nun liegt sie im Hospital und lässt sich dick füttern, eine ganz geschickte kleine Dirne«, hatte Malcolm, der die Arbeit verteilte, mit geringschätzigem Lächeln erzählt, »und glaubt, bloß weil sie so einen feinen Namen trägt, wird man sie verschonen. Als ob Namen jemals geholfen hätten!«
    Den Namen hatte Mary ausgesucht. Als sie das Kind zur Welt gebracht hatte, war sie ja noch voller Hoffnung gewesen, dass ihr Liebster zurückkehrte. Und so hatte sie das kleine Mädchen nach jener griechischen Heldin benannt, die auf ihren Geliebten wartete. Der war nach Hause gekommen. Ihr Liebster hingegen hatte es nicht geschafft, und übrig blieb jener Name der Hoffnung auf ein Wiedersehen. Die griechische Penelope war von den Göttern nach dem Tod ihres Geliebten unsterblich gemacht worden. Mary lächelte. Sollte es etwa so sein, dass der Name half? All die langen Monate hatte sie geglaubt, dass ihre Tochter ertrunken war, wie beinahe alle, die sie auf dem Schiff gekannt hatte. Hatte sich gegrämt, gesucht, nach Listen gefragt, aber niemals eine Antwort bekommen.
    Sie hätte Malcolm gerne von der unsterblichen Penelope erzählt, doch der hörte lieber sich selber reden. Und Mary hatte auch in Sydney entschieden, am liebsten zu schweigen. Die Leute fürchteten sie so sehr, dass bald auch alle Gerüchte um ihr Vergehen und ihre Herkunft verstummten, aus Angst, sie könne ihren bösen Blick anwenden. Ihr großes Geschick, im richtigen Moment den Mund aufzumachen, hatte ihr geholfen, nachdem das Ehepaar Harris sie in Sydney beim Magistraten abgeliefert hatte. Trotz ihres Alters war sie in eine Gruppe junger Frauen gesteckt worden und in der Fabrik von Sydney gelandet. Hier schätzte man keine grauen Haare, zu oft wurden die alten Weiber krank und fielen für die Arbeit aus, doch Mary ließ jedermann wissen, was sie leisten konnte, und daher durfte sie bleiben. Sie nähte Zierklappen an Damenschuhe und fädelte Schnürsenkel durch Löcher, den lieben, langen Tag – bis man sie bei Anbruch der Dunkelheit auf den Weg zu ihren Unterkünften im Frauengefängnis am Berg schickte.
    »Ist dies der Weg zum Hospital?« Unzählige Male hatte sie diese Frage gestellt, stets nach reiflicher Überlegung, wen sie fragte, damit sie keinen Passierschein vorweisen brauchte. Für alles benötigte man eine Erlaubnis. Es war schwer genug gewesen, sich aus der Reihe der Frauen zu entfernen, die nach der Arbeit in einer langen Schlange durch die Hauptstraße wanderten und schließlich den Hügel zum Gefängnis erklommen, wo sie die Nacht verbrachten.
    Man konnte wohl mal verschwinden, doch niemals außer Sichtweite, dafür sorgten die anderen Frauen, die einander verrieten, sobald sie eigene Vorteile witterten. In Sydney wartete auf jeden Verrat eine Belohnung. Mary huschte in die Seitenstraße und machte sich auf den Weg zum Hospital.
    Der Pförtner nagte an einem Hühnerknochen und hatte sichtlich wenig Lust, ihrem Begehren zu lauschen. Auch er war Sträfling, wie

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