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Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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seine Kleidung verriet. Das hielt ihn nicht davon ab, andere abfällig zu behandeln.
    »Wen? Wann? Was? Was sagst du?« Er schmatzte durch den Türspalt, und der Duft des gekochten Hühnerfleischs drang an ihre Nase. Sie spähte über seine Schulter.
    »Das Mädchen, dem der Prozess gemacht wird, suche ich. Penelope«, erklärte Mary.
    Der Mann schüttelte den Kopf, dann spuckte er ihr ein Knorpelstück vor die Füße und drückte die Tür ins Schloss.
    »He!«, rief sie außer sich. »Was ist das für eine Antwort!«
    Der Pförtner zog die Tür wieder auf und grinste sie hämisch an. »Hast du einen Passierschein, dass du so eine Frage stellen darfst?«
    »Hast du eine Erlaubnis, danach zu fragen?«
    »Du bist ein freches Drecksstück«, stellte er fest.
    »Sie ist meine Tochter«, sagte Mary.
    »Sie hatte hübsche Titten.« Er grinste breit und ließ sich auf kein Bitten ein und gab nichts preis. Mary überlegte kurz, zu schreien und einen hysterischen Anfall zu mimen, doch war das Risiko, in der Irrenabteilung zu landen, zu groß. Unverrichteter Dinge musste sie das Hospital wieder verlassen. Sie hatte Glück. Im Gefängnis fragte niemand, warum sie ohne die Gruppe und zu spät kam, es hatte eine Prügelei gegeben und die Aufmerksamkeit kreiste um die Streitenden.
    Tagelang saß Mary in der Fabrik stumm über den Lederschuhen, denen sie in der Fertigung den letzten Schliff gab, weil man ihre geschickten Hände schätzte. Ergebnislos grübelte sie darüber nach, wie sie sich ihrer Tochter nähern konnte. Aber immerhin wusste sie nun, dass Penelope lebte.
     
    »Mrs. Hathaways Gatte weilt zur Zeit in England. Sie leitet ihren Haushalt alleine, einzig ihr Bruder steht ihr als Unterstützung zur Verfügung.« Elizabeth Macquarie zog die Brauen hoch und schob Penelope näher zu der Haustür, an der sie sich durch Klopfen bemerkbar gemacht hatte. »Ich hoffe, Sie verstehen, was ich damit meine. Mrs. Hathaway ist eine tüchtige Frau und weiß sich zu behaupten. Sie lässt sich von niemandem etwas vormachen. Jeder bekommt von ihr, was er verdient. Solche Leute brauchen wir in der Kolonie. Wenn Sie also fleißig und ehrlich sind, werden Sie dort einen guten Platz haben. Wenn nicht –« Sie hob ihre schmalen Schultern und ließ keinen Zweifel daran, wie Mrs. Hathaway Faulheit bestrafen würde. Penelope nickte. Sie hätte zu allem ja gesagt, nachdem ihr klargeworden war, dass Elizabeth Macquarie ihr den Kopf aus der Schlingegezogen hatte, denn nach dem Prozess in der Mordsache Heynes hatte es auf Messers Schneide gestanden, dass sie im Gefängnis gelandet wäre.
    Mit klopfendem Herzen betrat Penelope ihr neues Zuhause und wusste nach wenigen Momenten, dass Elizabeth sowohl recht als auch unrecht hatte. Mrs. Hathaway betrieb ihren Haushalt wie den einer angesehenen Offiziersfamilie, mit dem kleinen Makel, dass jener Bruder ein wegen Fälscherei zu 14 Jahren Deportation verurteilter Sträfling war. Mrs. Hathaways Gatte fuhr regelmäßig zwischen London und der Kolonie hin und her, und so war sie ihrem geliebten Bruder nur zu gerne gefolgt. Offenbar war es für den Regimentsangehörigen ein Leichtes gewesen, ihm ein Leben im Haus der Schwester zu ermöglichen, statt in den Gefangenenbaracken oberhalb der Stadt, wie es für gewöhnlich bei Verurteilten der Fall war, ganz gleich, aus welchem Hause sie stammten. Vor dem Urteil waren alle Ankömmlinge gleich. Wenn die Verteilung an Dienstherren begann, öffneten sich Wege, sie zu beeinflussen. Vielleicht hatte es ein paar Gallonen Rum gekostet, den Bruder ins eigene Haus zu schleusen – die kleine Mrs. Hathaway machte nicht den Eindruck, dass sie vor unkonventionellen Lösungen zurückscheute.
    Dort, wo ihr die Dinge des Alltags aus der Hand geglitten waren, weil die starke männliche Hand fehlte, beließ sie es einfach dabei und sah huldvoll lächelnd über das Durcheinander hinweg, das ihre Kinder und die Dienstboten verursachten. Die Küchenfrau hatte den größten Teil ihrer Strafe abgesessen und es wegen allzu häufiger Trunkenheit nie zu einem Löseschein gebracht. Kamen Gäste und sie lag vom Rum benebelt in der Ecke, krempelte Mrs. Hathaway die Ärmel hoch und zauberte aus den halbvorbereitetenZutaten ein annehmbares Essen, was nicht so einfach war, weil sich an den nicht verschlossenen Schränken jeder im Haus bediente.
    Eine, die jeden Winkel des Hauses kannte, war Carrie. Penelope traute ihren Augen nicht, als sie, in ein adrettes graues Kostüm gekleidet, mit zwei

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