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Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rütten & Loening Verlag <Potsdam>
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Kind.« Die Geschichte schien Elizabeth keine Ruhe zu lassen, denn sie blieb stehen. »Weißt du – alles wird hier gezählt. Dein Kind muss doch irgendwie verzeichnet sein. Lebendig – oder tot, aber es muss zu finden sein. Irgendeine Spur muss man finden.« Elizabeth setzte ihren Teil des Wäschekorbes ab. »Ich werde meinen Mann fragen.«
    Penelope nickte nur stumm. Es würde keinen Sinn haben, ihr zu erklären, dass alles verbrannt war, sämtliche sorgfältig geführten Listen und Notizen mit den brennenden Trümmern der Miracle auf den Grund des Stroms gesunken waren. Alle, die sich in diesen Listen befunden hatten, waren mit ihnen ertrunken. Lily lebte nicht einmal mehr in den Listen.
    »Und war Dr. Kreuz nicht auf dem Schiff? Er sagte mir, er kennt dich.« Ein Lächeln glitt über Elizabeths Gesicht. »Ihn werde ich auch fragen.«
    »Ja, Madam.« Es tat gut, seinen Namen zu hören.
    Mrs. Hosking, die Mistress, hob erstaunt die Brauen, als sie vom Begehren der Gouverneursgattin erfuhr. »Einen Säugling? Ja, Madam … da gibt es ja unzählige.«
    »Auf dem Schiff ist nur einer gewesen«, unterbrach Elizabeth sie. »Wissen Sie nichts darüber? Ist keiner gebracht worden?«
    »Wie hat er denn ausgesehen?«, fragte die Mistress.
    »Sie«, flüsterte Penelope. »Sie hieß Lily. Und sie war blond. Goldblond.«
    »Es kam kein Säugling von der Miracle.« Gemeinsam wanderten sie durch die Gruppe der Allerkleinsten, die von Kinderfrauen gewickelt und gefüttert wurden. Helle und dunkle Köpfchen in hölzernen Kisten. Strahlende Gesichter, teilnahmslose Gesichter, Augen in allen Farben … Penelope erinnerte sich nur noch an das goldfarbene Haar. Doch von der Miracle war kein Säugling gekommen.
    Elizabeth strich tröstend über ihren Rücken.
     
    »Pflanzen wir hier nichts?« Penelope deutete auf den freien Platz unter den Akazien, die ihre Zweige freundlich über die Lichtung breiteten, weil Elizabeth sie entsprechend beschnitten hatte. »Ein guter Platz für –«
    »Ich dachte an einen Spielplatz.« Elizabeth klopfte rotes Erdreich von ihrem Rock und erhob sich. »In einem Jahr werden die Zweige so gewachsen sein, dass der Platz auch mittags im Schatten liegt.«
    Die beiden Frauen sahen sich an. Weichheit glitt wie ein heilendes Öl über Penelopes Gesicht. In einem Jahr würde, wenn Gott es gut meinte, ein Kind im Schatten schlafen. Sie verstand, dass Elizabeth nicht wagte, das Kind mit ihrer Stimme und dem passenden Wort zu erwähnen, aus Angst,dem Schicksal könne es gefallen, ihr auch dieses Kind wieder zu nehmen. Und so nickte sie nur, versuchte ein winziges Lächeln und zog die Erde mit dem Rechen gerade.
    »Hier wäre ein wunderbarer Platz, ja.«
    Der nackte Schwarze kam hinter den Büschen hervor. Sein Gesicht schien alterslos, nur der schneeweiße Bart deutete darauf hin, dass er möglicherweise schon sehr alt war. Penelope konnte sich immer noch nicht daran gewöhnen, dass die Schwarzen, die sich aus der Wildnis in die Stadt wagten, tatsächlich splitternackt waren. Keiner von ihnen hatte offenbar das Bedürfnis, sich zu bedecken. Und ihre Augen waren wie Kinderaugen voller Neugier und Arglosigkeit, in alle Ecken des Gartens spähend, Dinge erblickend, die den Weißen entgingen, eine Tonscherbe zwischen den Sämlingen etwa oder eine von achtlosen Schritten abgeknickte Blume.
    »Was wollen die?«, flüsterte Penelope. Für ihre schlechten Augen hoben sich die Schwarzen kaum von den Büschen ab, und sie musste die Lider zusammenkneifen, um die Konturen zu erkennen. Vorsichtshalber hielt sie ihren Rechen fest, die Schwarzen hielten schließlich ihre Waffen in den Händen. Keiner von ihnen kam auf die Idee, sie abzulegen, wenn sie die Häuser der Weißen aufsuchten. Manchmal führte das zu Handgemenge, und sie hatte auch schon gesehen, wie die Konstabler nackte Männer abführten, weil sich jemand durch einen Speer belästigt gefühlt hatte.
    »Sie sind friedlich«, flüsterte Elizabeth zurück. »Er bringt mir manchmal Pflanzen. Er ist neugierig.«
    Diesmal brachte der Schwarze neben ein paar Wurzeln auch ein paar Menschen. Erst drückte er Elizabeth die Wurzeln in die Hand, dann drehte er sich um und deutetegestikulierend auf die Frauen, die sich hinter ihm drängten. Drei junge Weiber, zwei Kinder und ein altes zahnloses Weib mit gebeugtem Rücken beobachteten die beiden weißen Frauen aus zusammengekniffenen Augen.
    »Das ist seine Mutter. Ich glaube, sie sagt Beschwörungen, damit ihr nichts

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