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Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rütten & Loening Verlag <Potsdam>
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trug sie hinauf in die klappernde Takelage. »Frei – frei – eines Tages frei!«
    »Frei«, murmelte Penelope und lachte leise auf. Vierzehn Jahre lautete ihre Strafe. Das konnte man nicht wegzählen. Vierzehn Jahre passten nicht auf zwei Hände.
     
    Dem Kapitän blieben nicht einmal vierzehn Tage. Offiziere liefen mit düsteren Gesichtern umher, die Wachleute standenin Grüppchen tuschelnd beisammen, und diesmal fand sich keiner, der gegen einen schnellen Liebesdienst hinter der Kochhütte zu plaudern bereit gewesen wäre.
    Gegen Mittag an einem besonders sonnigen Tag, als vor ihnen nichts als Ozean lag, trat der deutsche Doktor aus der Kapitänskajüte. Jedermann wusste, dass Dr. Reid, der eigentlich für die Gesundheit der Reisenden zuständig war, seekrank oder sturzbetrunken war und vermutlich nicht einmal mitbekommen hatte, was Kreuz an seiner statt nun verkündete.
    »Ich muss die traurige Nachricht bekanntgeben, dass Kapitän MacArthur soeben verstorben ist. Er hat seit einigen Tagen Blut erbrochen, aber ich konnte ihm nicht mehr helfen.« Nüchtern klangen die Worte des Deutschen und das nicht nur wegen seines seltsam harten Akzentes. »Gott sei seiner Seele gnädig«, fügte er noch hinzu. Offiziere und Seeleute nahmen schweigend ihre Kopfbedeckungen ab, einige der Frauen erhoben sich – aber nicht alle. Die männlichen Gefangenen waren, seit das Schiff am Kap abgelegt hatte, unter Deck angekettet – einer von ihnen hatte sich über brackiges Wasser beschwert. Vermutlich hätten sie statt einer Beileidsbekundung eher auf den Boden gespuckt – so, wie es auch Mary tat.
    »Fahr zur Hölle! Ich hab dir die Tür aufgemacht.« Stumm vor Entsetzen studierte Penelope das Gesicht ihrer Mutter, und ein Verdacht keimte in ihr auf. Nein, das konnte nicht sein! Doch der zufriedene Zug um den Mund verriet, dass Mary etwas mit dem Tod des Schiffsführers zu tun haben musste. Penelope ahnte, dass sie auf Fragen niemals eine Antwort erhalten würde, und biss sich auf die Lippen. Und als sie den toten Kapitän in ein weißes Leintuch gekleidet dem Meer übergaben, dachte sie, wie seltsam das Lebendie Dinge doch zurechtschob: Für sie alle war es die Hölle, doch für die teuflische Seele des Kapitäns musste das Erlösung bedeuten.
     
    Der erste Offizier, James Haddock, übernahm das Ruder. Ein dicklicher wortkarger Mann, den eine merkwürdige Freundschaft mit dem deutschen Doktor verband. Man sah sie oft zusammenstehen, nachdenklich die Köpfe wiegen, und meistens redete der Doktor auf ihn ein. »Das Marineministerium« oder »unhaltbare Zustände«, hörte man dann oder komplizierte Wörter wie »gesundheitsbedenklich«.
    »Das wissen wir alles«, schimpfte der Doktor immer wieder und nahm seinen Hut ab, um sich die verschwitzte rote Stirn zu wischen. »Wir haben es studiert und publiziert. Warum tun wir hier nichts dagegen?«
    Haddock wiegte seinen Kopf hin und her, schaute sich um – und folgte dann zum Erstaunen der Beobachter den Empfehlungen des Schiffsarztes, der ja auch nur stellvertretend agierte, dies jedoch mit großer Leidenschaft. Haddock schien sich dem nicht entziehen zu können. Vielleicht war er auch einfach nur ein schwacher Mensch, dem es leichter fiel, jemandem zu folgen, als selber nachzudenken, wie die alte Jenny meinte.
    »Der Deutsche ist eine Nervensäge und ein Störenfried«, erklärte sie kichernd.
    »Besserwisser nennen sie ihn alle«, wusste Carrie zu berichten. »Er schreibt den Seemännern sogar vor, wie sie sich zu waschen haben.«
    »Davon hab ich nichts gemerkt«, giggelte die schwarzhaarige Anna, die für ihre Dienste bei den Seeleuten besonders beliebt war. »Wenn wir zusammen Sackrattenknacken, find’ ich bei den Kerlen immer mehr als sie bei mir.«
    »Den Doktor bringt man wohl nur zum Schweigen, indem man einfach tut, was er sagt«, meinte Jenny.
    Haddock seufzte stets gequält, als die Ausführungen des Doktors immer länger wurden, und am Ende verfügte er, dass die Proviantkisten geöffnet wurden und all die frischen Vorräte, die man am Kap geladen hatte, erneut gewogen und auch verteilt wurden. Die Kochhütte der Gefangenen bekam einen neuen Plan, erstellt durch den Schiffsarzt, der sich nun in das Salzen einer jeden Suppe einmischte. Und auf Marys Gesicht erschien nun immer öfter ein selbstzufriedenes Lächeln, wenn sie Fleischstücke kleinschnitt und Rüben abzählte.
    Das Sauerkrautfass hatte man nach vorne gerückt, statt einmal wöchentlich gab es nun täglich in

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