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Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rütten & Loening Verlag <Potsdam>
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Taschen, ja selbst Geschirr flogen über Bord, um es nur nicht dem Feuer zu überlassen. Einer der jüngeren Soldaten zerrte mutig eine Kiste aus der Tür und stemmte sie auf die Reling. Als sie vom Schiff kippte, wurde er von einem Vorgesetzten weggerissen und mit Fußtritten zurückbefördert, wo jede helfende Hand benötigt wurde, um Menschen vor dem Feuer zu retten.
    Eine gewaltige Explosion erschütterte das ganze Schiff. An der Luke, wo einst die Männer in ihr Gefängnis hinabgestiegen waren, zerriss es das Deck förmlich – das erste Pulverfass war Opfer der Flammen geworden und in die Luft geflogen. Das war das Ende. Penelope schrie wie amSpieß. Sie hatte sich in ihr altes Versteck an den Tauen geflüchtet und wurde von der Druckwelle herausgeschleudert. Jemand entdeckte sie auf den Planken liegend, zerrte sie an beiden Armen hoch und stieß sie in Richtung Ruder, wohin das Feuer noch keinen Weg gefunden hatte.
    »Vorwärts!«, brüllte der Aufseher. »Beweg dich, niemand bleibt zurück!«
    »Mein Kind!«, schrie Penelope ihn an. »Mein Kind – wo ist mein Kind – mein Kind!«
    »Sieh zu, dass du deinen eigenen Arsch rettest!«, brüllte er zurück und trat ihr mit aller Macht in den Hintern.
    Als sie fiel, packte er sie am Hemd und schleifte sie im Lauf neben sich her. Man hatte die schreienden Frauen am Ruder zusammengetrieben, und der Kapitän selber übernahm es, sie über die Bordwand zu hieven. Von unten streckte sich ihnen ein halbes Dutzend Arme entgegen – erste Boote zur Rettung hatten die Miracle erreicht.
    Ein schreiendes Bündel nach dem anderen flog durch die Luft. Penelope drehte sich panisch um sich. Wo war Mary, wo war ihre Mutter mit dem Kind? Hinter dem Seemann an der Reling erkannte sie Carries blonde Haare und hörte ihren Schrei. Thelma flog einem Helfer geradewegs in die Arme und riss ihn mit über Bord des kleinen Bootes. Beide konnten schnell wieder hineingezogen werden. Jenny wehrte sich gegen die Hände des Offiziers. Er warf sie dennoch und verfehlte das Boot nur knapp. Jenny klatschte erst frontal auf den Bootsrand, dann kippte sie leblos ins Wasser.
    »Mutter?« Penelope fand ihre Stimme wieder, noch zwei Frauen vor ihr und niemand hinter ihr. Wo war sie? Und wo Lily, die sie der Mutter in die Arme gedrückt hatte? »Mutter!«, schrie sie nun voller Angst. »Mutter – Lily!«
    Haddock packte sie und riss sie hoch. Ohne ein Wort ging es über die Reling, sie war nur eine von vielen in Sträflingskleidung. Und dann verließ Penelope das Schiff – nicht als Erste, wie Liam ihr geraten hatte, und ganz anders, als sie es sich jemals ausgemalt hatte.
    In der Luft drehte sie sich wie eine Katze einmal um sich selbst. Das Letzte, was sie erblickte, waren die ausgestreckten Arme und das entsetzte Gesicht von Bernhard Kreuz.
     
    Mary sah ihre Tochter durch die Luft fliegen. Man hatte sie wegen des Kindes in ihren Armen als eine der Ersten vorsichtig heruntergelassen, und sie saß an einem sicheren Platz im Rettungsboot, welches sich vom Schiff entfernte, sobald es vollbesetzt war. Sie verbot sich zu schreien, als sie ihre Tochter fallen sah. Bis auf Jenny, die auf den Bootsrand gestürzt war, war jede der Frauen unversehrt im Boot gelandet. Warum sollte es mit Penelope anders sein? Flammen zuckten in den Himmel, eine Kanone explodierte, dann die nächste, und dann zerriss es das Boot unter ihnen. Sie wurde in die Luft geschleudert, alles drehte sich, dann stürzte sie ins Wasser und versank.
    Mary kämpfte sich zurück an die Wasseroberfläche, das Kind fest an ihre Brust gepresst, doch mit einem Arm war schlecht schwimmen, und mit jedem Atemzug geriet Wasser in ihren Mund. Um sie herum kämpften überall Menschen gegen die Wellen, die das sinkende Schiff verursachte. Wrackteile, Kisten, Trümmer tanzten auf den Wellen, und wenn sie zu groß waren, mähten sie die Schwimmenden einfach nieder. Mary schwamm hustend vorwärts. Das Kind in ihrem Arm geriet immer wieder unter Wasser, sie wusste nicht, ob es noch lebte. Ihre Kräfte schwanden. Mit letzter Kraft hob sie das Kind auf eine der umherschaukelndenReisekisten, doch als sie versuchte, sich an dem Griff an der Seite festzuhalten, entglitt der einfach ihren Händen, und die Kiste trieb davon. Eine Welle schlug über ihr zusammen. Als sie das nächste Mal hustend und nach Luft ringend auftauchte, war die Reisekiste mit Lily verschwunden.
    Mehr Boote kamen vom Land herüber. Mary hörte Kirchenglocken, düstere Begleitmusik ihres

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