Der Duft der Rose
sie wenigstens in dieser Hinsicht beruhigen konnte, bemühte er sich, ihre Bedenken zu zerstreuen. »Ich denke doch. Sein Stolz und sein ehrenvoller Name sind das Einzige, was ihm bleibt. Daran war ihm schon immer viel gelegen, sonst hätte er nicht dieses aberwitzige Unternehmen ausgeführt, um mich zurückzuholen. In der Familienchronik soll kein schwarzer Fleck auftauchen. Er wird es nicht riskieren, irgendeinen Anhaltspunkt hier oder sonstwo zurückzulassen, aus dem man ihm vielleicht doch einen Strick drehen könnte.«
Ghislaine schüttelte sich. »Namen und Ehre, ich werde Männer nie verstehen. Mein Bruder schiebt seine Grundsätze völlig beiseite und erwägt eine Heirat, um zu einem Erben zu kommen. Und dein ... der Marquis wird zum Brandstifter und Mörder, um seinen Erben zur gewünschten Einsicht zu zwingen.«
Er streckte den Arm aus und strich über ihre Wange, ehe er sie an sich zog. »Stört es dich gar nicht, dass ich den Titel nicht angenommen habe und auch nicht annehmen werde?«
Sie legte ihren Kopf an seine Schulter. »Warum sollte es mich stören? Wäre Monsieur Levec ein anderer Mensch, wenn er den Titel Marquis de Vinçon trüge? Es ist deine Entscheidung. Für mich bist du wichtig, Nicholas, ganz egal, welchen Namen du auch trägst.« Sie schmiegte sich enger an ihn. »Und wenn es irgendwann so weit kommen sollte, dann lass dir gesagt sein, dass ich wesentlich lieber Madame Levec wäre als die Marquise de Vinçon.«
Epilog
Sophie wartete vor der herzoglichen Kutsche auf Henri. Nervös strich sie ihre Handschuhe glatt und zupfte am Pelzbesatz des Umhangs. Sie hatte eine komplett neue Ausstattung für die Reise nach Versailles erhalten, und Henri hatte ihr versichert, dass diese vor Ort mit weiteren modischen Raffinessen aufgebessert werden würde. Bei ihrer Reise würden sie Station in Lyon, Auxerre und Orleans machen, wo der Herzog Bekannte besuchen wollte. Im Frühsommer sollten sie dann ihr Ziel erreichen.
Seit der Rückkehr vom Begräbnis des Comte du Plessis-Fertoc hatte Sophie über Ghislaines Worte nachgedacht. Natürlich wäre es am einfachsten, das gutgemeinte Angebot anzunehmen, aber sie fühlte eine unbezwingbare Sehnsucht nach einem eigenen Leben. Versailles bot ihr die Möglichkeit, ganz von vorn anzufangen, niemand kannte sie dort, niemand wusste von ihrer Vergangenheit. Mit Henri an ihrer Seite würde sie alle Hürden meistern.
Sie sah ihn über die Freitreppe auf sich zukommen, und eine unbeschwerte Vorfreude breitete sich in ihr aus. Lächelnd blickte sie ihm entgegen, bis er knapp vor ihr stehen blieb.
»Bereit für ein Abenteuer, meine Liebe?«, fragte er und streckte die Hand aus.
Wie in einem Kaleidoskop wirbelte ihre Vergangenheit in hellen und weniger hellen Farben an ihr vorüber. Die kurze, glückliche Zeit mit Franco; die Geburt ihrer Söhne und der Albtraum, mit dem alles endete; die verzweifelte Irrfahrt zurück zu ihrem Elternhaus und die eisige Abfuhr, die sie dort erhalten hatte; ihr Leben hier auf Belletoile samt dem bizarren Plan des Herzogs und der beunruhigenden Begegnung mit Farid Bejaht. Aber das alles war vorbei. Eine neue Zukunft erwartete sie, in der sie über ihr Schicksal bestimmen konnte. Zuversicht erfasste sie und vertrieb endgültig die letzten Reste von Angst und Unsicherheit.
»Bereit für mehr als nur ein Abenteuer, Euer Gnaden«, erwiderte sie fröhlich und legte ihre Hand in seine.
Weitere Kostenlose Bücher