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Der Duft des Apfelgartens

Der Duft des Apfelgartens

Titel: Der Duft des Apfelgartens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
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nicht, oder? Aber das hat er ja nie. Ich habe einfach keine Ahnung, was in seinem Kopf vor sich geht. Eigenartig, nicht wahr?«
    Mo nickt. »Eigenartig und sehr traurig. Wir lieben ihn; er ist unser Sohn. Und gleichzeitig ist er uns vollkommen fremd. Es erscheint unmöglich, eine Beziehung zu ihm aufzubauen, und ich weiß einfach nicht, was wir falsch gemacht haben.«
    »Warum glaubst du, ihr hättet etwas falsch gemacht? Das ist einfach ein genetischer Zufall, nichts weiter. Keiner von uns kann etwas dagegen tun. Schau mal, wir reden immer noch miteinander, bleiben in Verbindung, und er kann herkommen, wann immer er möchte. Wir müssen einfach akzeptieren, dass wir nicht mehr von ihm erwarten können.«
    »Aber versuch doch, dir vorzustellen, wie du dich fühlen würdest, wenn Clem dich so behandeln würde. Oder sogar Jakey. Dass du jemanden zur Welt gebracht hast, den du nicht erkennst und der dich nicht versteht, und trotzdem liebst du ihn schrecklich, selbst wenn du ihn nicht besonders gut leiden kannst.«
    »Tut mir leid.« Dossie schlingt Mo den Arm um die Schultern und drückt sie. »Ich wollte nicht klug daherreden. Wirklich nicht. Das würde mir das Herz brechen, natürlich. Es ist nur so, dass ich mich darüber ärgere und deinetwegen wütend bin.«
    Gemeinsam stehen sie da und beobachten die Hunde. John the Baptist hat versucht, seinen Knochen von Wolfie zurückzuholen, und jetzt wälzen die beiden sich in einem spielerischen Kampf zusammen herum und kläffen aufgeregt.
    »Ich muss den armen alten Jonno retten gehen«, meint Mo. »Das wird seiner Arthritis gar nicht guttun, obwohl er Spaß zu haben scheint. Vielleicht versucht er ja auch, seine verlorene Jugend zurückzuholen.«
    Dossie sieht zu, wie Mo die Wiese überquert und schreit, um die Hunde auf sich aufmerksam zu machen. Sie überredet Wolfie, ihr den Knochen zu überlassen, wirft ihn in eine Tüte und entschwindet aus ihrem Blickfeld. Die Hunde folgen ihr auf dem Fuß. Dossie steht weiter am Fenster, schaut blicklos auf die nun leere Wiese hinaus und fragt sich, wie Rupert sich mit Mo und Pa verstehen wird. Sie hat unendlich lange überlegt, wie sie das Thema bei ihnen ansprechen soll, und am Ende ist es doch ziemlich holprig ausgefallen.
    »Ach, übrigens«, hat sie gesagt, als sie vom Frühstückstisch aufstand, »ich dachte, ich könnte einen meiner Tiefkühl-Kunden zu deiner Geburtstagsfeier mitbringen, Pa. Er ist sehr nett. Kürzlich verwitwet. Ich glaube, ihr werdet ihn mögen.«
    Sie schauten beide auf; Pa von seinem Sudoku und Ma von einem Brief, an dem sie schrieb, und sahen sie an. Sofort wusste sie, dass nur eiserne Disziplin die beiden daran hinderte, einander zuzunicken. Ich habe es dir doch gleich gesagt . Dossie spürte keine Überraschung in ihrer Reaktion, sondern nur ein gewisses Maß an Erleichterung.
    »Gut, das ist schön«, meinte Pa unbestimmt, und Ma lächelte.
    »Wir freuen uns darauf«, sagte sie. »Wie heißt er denn?«
    Dossie kam sich ziemlich dumm vor, als wäre sie wieder ein Teenager, murmelte eine Antwort und erklärte dann, sie müsse nach oben gehen und ihre E-Mails nachsehen. Keiner von ihnen hat seitdem wieder davon gesprochen.
    Sie kann sich nicht entscheiden, ob sie sich darüber freuen soll, dass ihre Ankündigung mit einem verblüffenden Mangel an Interesse aufgenommen worden ist, oder ob ihr ein paar lebhafte Fragen lieber gewesen wären. Wo habt ihr euch kennengelernt? Wo liegen seine Ferienhäuser? Wie ist er denn so, und wie alt ist er?
    Die Wahrheit ist wahrscheinlich, dass die beiden geahnt haben, dass es in ihrem Leben jemanden gibt – es wäre naiv, etwas anderes zu glauben –, und sie einfach erleichtert darüber sind, dass sie ihn endlich kennenlernen und er nicht verheiratet ist. Sie ist sich sicher, dass sie ihn mögen werden, alles andere ist undenkbar, aber viel wichtiger ist die Frage, ob er und Clem sich verstehen werden. Sie hat noch nicht den Mut aufgebracht, Clem von Rupert zu erzählen; sie findet einfach nicht die Worte, um ihm ihre Beziehung zu erklären. Und das ist ein echtes Problem, weil sie selbst nicht weiß, wie sie sie definieren soll. Zum Beispiel sind sie nicht wirklich ein Paar; keiner von ihnen ist sich der Beziehung sicher oder geht davon aus, dass er eine Verabredung treffen oder etwas planen kann, ohne sich mit dem anderen abzusprechen. Zwischen ihnen besteht weiter eine gewisse Distanz, die sie nicht überbrücken kann. Eines der Probleme ist, dass sie keine eigene

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