Der Duft des Apfelgartens
zum Pförtnerhäuschen hoch.
»Kommen Sie«, murmelt Janna und wirft nervös einen Blick auf Jakeys Fenster. »Kommen Sie mit mir, Schwester! Sie erkennen mich doch, oder? Ich bin’s, Janna. Kommen Sie jetzt, aber ganz leise.«
Schwester Nicola scheint sich dem Haus nur widerstrebend zu nähern, doch Janna redet ihr mit sanfter Stimme gut zu und hilft ihr weiter, bis sie sie sicher in die Küche bugsiert hat.
»So«, sagt sie, ganz schwach vor Erleichterung, und betet, dass Jakey nicht nach unten kommt. »So, Schwester. So ist es besser, oder? Ich brühe Ihnen eine Tasse Tee auf. Wie wäre das? Die können wir gebrauchen, nachdem wir draußen in der Kälte gestanden haben, was?«
Schwester Nicola zieht Jannas Schal fester um sich und lächelt unbestimmt. Sie wirkt verwirrt, aber zufrieden. Janna kocht den Tee, und dann sitzen sie, die Teekanne zwischen sich, am Tisch und halten ihre Becher in den Händen. Sie sitzen immer noch zusammen, als Clem nach Hause kommt.
»Hi, Phil. Bleib dran, Kumpel.« Jim Caine verlässt das Lokal und stellt sich nach draußen, in die Dunkelheit. »Tut mir leid … Im Pub … Danke, dass du mich zurückrufst. Die gute Nachricht ist, dass die alte Obernonne in diesem Brief endlich Farbe bekennt. Die schlechte ist, dass unser Freund kalte Füße kriegt und sich fragt, ob die Sache vor Gericht wirklich durchkommt. Anscheinend hat er sich Rat geholt, und dass die Nonnen noch dort sind und ihren Betrieb führen, bedeutet, dass sich ein Prozess lange hinziehen und teuer werden kann … Warte mal, da kommt jemand aus dem Pub … Ja, so sieht es aus. Er schätzt, dass er juristisch gesehen die Klauseln des alten Testaments nutzen kann, um sie herauszuklagen, aber das könnte Zeit und Geld kosten … Im Übrigen möchte ich nicht in seiner Haut stecken, wenn er gewinnt. Das wird ihn hier nicht beliebt machen, so viel kann ich dir sagen. Hallo? Die Verbindung bricht ab … Falls du mich hören kannst, ich versuche es später noch mal.«
Er steckt das Handy in die Tasche. Neben der Wand scheint ein Schatten anzuschwellen und wieder zu schrumpfen, und Caine blinzelt in die Dunkelheit hinein und hält die Luft an. Ist da jemand? Er fühlt sich bedrückt und eingeschüchtert. Plötzlich hält ein Wagen an, auf der Straße erklingen Schritte und Stimmen, und er bekommt wieder Luft. Herrgott, was wird er froh sein, wenn er diesen Ort für immer hinter sich lassen kann!
»Ich weiß einfach nicht, was wir tun sollen«, sagt Schwester Ruth nun schon zum dritten Mal. »Sie ist mehrmals beim Komplet aufgetaucht, aber wir waren uns einig, dass wir sie nicht in ihrem Zimmer einsperren können. Doch der Gedanke, dass sie bei Nacht draußen herumgelaufen ist …«
Mit sorgenvoller Miene nimmt sie ihre Tasse mit Kamillentee und setzt sie wieder ab. Janna, die langsam den Schock darüber verdaut, dass Schwester Ruth plötzlich vor dem Treppchen ihres Wohnwagens stand, sieht sie mitfühlend an.
»Es war gut«, meint Schwester Ruth, »dass Sie gestern Abend zu mir gekommen sind, statt zu Mutter Magda zu gehen. Es soll natürlich kein Geheimnis bleiben.«
»Warum nicht?«, erkundigt sich Janna. »Niemand außer uns beiden und Clem braucht davon zu erfahren. Jakey wird weiter glauben, dass es Tante Gabriel war – ich habe Ihnen ja von dem Weihnachtsengel erzählt –, und die anderen müssen nicht wissen, was passiert ist.«
Schwester Ruth schweigt. Sie hebt die Tasse und trinkt ein wenig von dem Tee. Gestern Abend war sie beinahe empört, als Janna leise an ihre Tür klopfte, aber bevor sie sie schroff nach dem Grund fragen konnte, hatte Janna sie schon zu Schwester Nicolas Zimmer gezogen und ihr unter vier Augen erklärt, was geschehen war. Ihre Erleichterung darüber, dass niemand sonst davon weiß, ist genauso groß wie ihr Entsetzen darüber, dass die alte Nonne bei Nacht über das Gelände gestreift ist, und diese Erkenntnis beschämt sie. Und dass es ausgerechnet Janna war, die Schwester Nicola gefunden hat, macht alles nur noch schlimmer.
»Das Wichtigste«, sagt Janna gerade, »ist, dass wir sie daran hindern, die Hintertür zu benutzen. Aber ich sehe auch Ihr Argument ein, dass dort der Notausgang ist, falls es in Ihrem Flügel brennen sollte. Wenn wir den Schlüssel abziehen und ihn an einem sicheren Ort aufbewahren, könnte das in einem Notfall zu einem richtigen Problem werden. Und außerdem würde jeder den Grund dafür wissen wollen. Ein Jammer, dass sie an den Riegel herankommt!«
Janna
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