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Der Duft des Apfelgartens

Der Duft des Apfelgartens

Titel: Der Duft des Apfelgartens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
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unterstützen, so wie sie früher Clem und ihr geholfen haben. Doch Pa musste erst den Schlaganfall bekommen, bei dem er mitten unter den Überresten eines kompletten englischen Frühstücks zusammenbrach, bevor sie die beiden überreden konnte, ihre Frühstückspension aufzugeben. Aber ein paar alte Stammgäste hat Dossie behalten. Pa und Mo benehmen sich immer noch wie die guten altmodischen Gastgeber, die sie früher waren, und alle haben eine Menge Spaß.
    Dossie notiert sich etwas auf dem großen Kalender auf dem Kühlschrank, damit Pa und Mo wissen, wo sie ist und was bei ihr arbeitsmäßig ansteht. Ein eigenes gesellschaftliches Leben hat sie im Moment kaum. Natürlich hat es Beziehungen gegeben, von denen eine oder zwei ernster waren als die anderen, doch einige der Männer wollten sich kein Kind aufhalsen; und dann fanden sie die Aussicht, womöglich später für Pa und Mo aufkommen zu müssen, auch nicht eben verlockend.
    »Du bist verrückt«, pflegt ihr jüngerer Bruder Adam zu sagen. »Bau dir ein eigenes Leben auf! Du bist noch jung, und die beiden kommen ausgezeichnet allein zurecht. Sie sind unverwüstlich. Keine Ahnung, wie du das erträgst. Ich an deiner Stelle könnte mich nicht schnell genug absetzen.«
    Seit Adam kürzlich zu Natasha und ihren beiden Töchtern im Teenager-Alter gezogen ist, singt er allerdings ein anderes Lied. »Sie hätten sich schon vor Ewigkeiten kleiner setzen sollen, als der Markt noch stark war. Du hättest sie nicht zum Bleiben ermuntern sollen. Was machst du, wenn das Court verkauft werden muss und sie ins Heim kommen?«
    Bei diesen Worten überläuft Dossie immer ein kleiner, beklommener Schauer. Sie kann sich nicht wirklich vorstellen, anderswo zu leben als in diesem hübschen, freundlichen georgianischen Haus mit den eleganten Schiebefenstern und den perfekten Proportionen, das schon seit Generationen im Besitz der Familie ist. Und schlimmer noch, sie kann Pa und Mo nicht in einer Altenwohnanlage unter Fremden sehen. Schließlich sind sie noch ziemlich fit, auch wenn Pa seit dem Schlaganfall rasch ermüdet und Mo mit ihrer Arthritis kämpft und nicht mehr gut hört. Und wie würden den beiden die Hunde fehlen, wenn sie sich von ihnen trennen müssten!
    »Sind die zwei verrückt?«, hat Adam gefragt, als Pa und Mo als Gesellschaft für ihren alten schwarzen Labrador einen Norfolk-Terrier adoptierten. »Wie alt ist er? Sie sind viel zu tatterig, um mit einem Welpen fertig zu werden.«
    »Wolfie ist sechs«, gab Dossie zurück. »Er ist kein Welpe. Sein Besitzer ist ganz plötzlich gestorben, einer von Pas alten Freunden aus seiner Bergbauzeit. Wolfie ist ein ganz Lieber und macht überhaupt keine Arbeit, und John the Baptist hat ihn gern um sich. Er lässt Wolfie in seinem Korb schlafen und wirkt wie neugeboren.«
    »Und wenn die beiden ins Heim müssen? Pa und Mo meine ich. Kannst du dir eine Wohnung leisten, in der du zwei Hunde halten und trotzdem weiterarbeiten kannst? Vor allem einen älteren Labrador, der eine Vorliebe dafür hat, sich bei jeder Gelegenheit ins Wasser zu stürzen. Versuch doch mal, vorausschauend zu denken, um Himmels willen!«
    »Ist es eigentlich erlaubt, seinen eigenen Bruder nicht leiden zu können?«, hat sie später an diesem Nachmittag im Pförtnerhäuschen aufgebracht von Clem zu wissen verlangt. »Er ist so verdammt egoistisch! Er hat schreckliche Angst, dass ich vielleicht glaube, weiter im Court leben zu können, wenn Pa und Mo es verlassen müssen.«
    Sie wollte das Wort »sterben« nicht aussprechen, aber sie sah, dass Clem sie verstand. Sein halb lächelnder, halb nachdenklicher Gesichtsausdruck war ihr vertraut: Mitgefühl, gemischt mit dem instinktiven Bedürfnis, das Gleichgewicht zu wahren, was seltsam tröstlich wirkte. Wenn er vor Zorn getobt hätte, hätte sie sich im Gegensatz dazu gezwungen gefühlt, vernünftig zu bleiben. Clems ruhige, aber empathische Reaktion lässt ihr Freiraum für ihren Zorn, wenn sie es braucht. Er ist auf ihrer Seite.
    »Es ist nicht nur Adam allein, oder?«, gab er zurück. »Natasha stachelt ihn an. Sie sieht das Court als eine hübsche kleine Rentenversicherung für sie beide. Schließlich war Adam nach seiner Scheidung nicht mehr viel geblieben, nicht wahr? Maryanne hatte doch das Geld und die Wohnung eingebracht.« Er zögerte kurz. »Wenn es zum Schlimmsten kommt, könntest du immer mit den Hunden hierherkommen. Du könntest für die Schwestern kochen. Denk doch, wie sie das genießen würden.

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