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Der Duft des Blutes

Titel: Der Duft des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Sie drückte ihm die Hundeleine in die Hand. „Ich hole sie heute Abend wieder ab, und dann können wir über dein Manuskript reden, ja?"
    Sabine hauchte ihm einen Kuss auf die Wange, nahm Julia bei der Hand und eilte mit ihr die Treppe hinunter. Etwas verdattert stand Lars Hansen auf dem Treppenabsatz, in der einen Hand den eng bedruckten Stapel Papier, in der anderen die Hundeleine, an deren Ende Leila kauerte und ihn erwartungsvoll ansah.
    Sie schwebte im Nichts zwischen grauen Nebelschwaden und samtschwarzer Finsternis. Sie fiel immer tiefer, doch kein Luftzug streifte ihre Haut. Die Stille verschmolz mit Raum und Zeit. Sich einfach aufgeben und vergessen. Doch etwas zog an ihr und wollte sie aus dem sanften Nichts zerren, eine eindringliche Stimme näherte sich ihrem Ohr.
    Als Erstes fühlte Ronja ihren ausgetrockneten Hals. Die Augen fest zusammengepresst, tastete sie nach ihrem Glas. Warmer, abgestandener Champagner! Bäh. Eine kleine Hand zerrte an ihrem Arm. Die Worte explodierten in ihrem bleigefüllten Kopf.
    „Mama! Wach endlich auf! Ich will Kaba und Fruchtzwerge und Cornflakes!"
    Der gleißende Lichtstrahl, der durch das halb geöffnete Augenlid drang, brannte wie glühender Stahl. Ein warmer, weicher Kinderkörper warf sich auf ihre Brust.
    „Guten Morgen, mein Schatz", krächzte Ronja und drückte das Mädchen an sich. Das zweite Blinzeln in das sonnendurchflutete Zimmer tat schon weniger weh.
    „Kaba! Cornflakes! Fruchtzwerge!", fasste Lilly ihre Wünsche noch einmal nachdrücklich zusammen.
    „Ja, Liebes, gleich, wie spät ist es denn?"
    Wie zur Antwort trug der Wind das Mittagsgeläut von der St.-Gertrud-Kirche herüber. Ronja fuhr hoch.
    „Was, schon zwölf? So ein Mist! Das mit der Schule ist heute gelaufen."
    Sie stolperte über eine Anzahl von Playmobilmännchen, die Lilly in den frühen Morgenstunden mit viel Liebe zwischen Bett und Tür aufgestellt hatte. Fluchend hielt sich Ronja die schmerzende Zehe und lehnte sich gegen die Flurwand, bis der Schwindel in ihrem Kopf verflog. Dann humpelte sie ins Bad. Lilly folgte in ihrem Kielwasser.
    „Au Scheiße, seh ich mies aus", entfuhr es ihr, als ihr Blick auf das bleiche, zerknitterte Gesicht im Spiegel fiel.
    „Au Scheiße, au Scheiße", sang Lilly, warf einen Stoffhasen hoch und versuchte, ihn wieder aufzufangen. Das erste Mal landete er in der Badewanne, das zweite Mal auf dem Boden, das dritte Mal in der Kloschüssel.
    „Hör auf damit!", fuhr Ronja die Kleine an und entriss ihr den triefenden Hasen. „Scheiße sagt man nicht -du nicht. Das dürfen nur die Großen."
    Sie schwankte in die Küche, rührte Kaba an und füllte Cornflakes in eine Schüssel. Lilly plärrte, weil sie den Hasen wieder haben wollte und außerdem nicht die doofe grüne Schüssel, sondern die mit der Mickymaus. Das Geschrei übertönte das Rasseln eines Schlüsselbundes, das Klappen der Wohnungstür und die Schritte im Flur. Ganz plötzlich stand er mitten in der Küche und zog beim Anblick der Familienszene verächtlich die Oberlippe hoch.
    „Was geht hier denn für ein Mist ab?", fragte der Mann und ließ den Blick von Lilly im geblümten Nachthemd zu Ronja in schwarzer Wäsche und Strümpfen wandern. „Mann, siehst du scheiße aus!"
    Ronjas Augen blitzten. Sie boxte den Riesen mit dem wasserstoffblonden Bürstenschnitt in seinen tätowierten Oberarm.
    „Sprich nicht so vor dem Kind. Das heißt guten Morgen, wenn man wo einfach so reinplatzt!"
    Holger Laabs ließ seine von einem knappen Shirt kaum bedeckten Muskeln spielen und zeigte beim Grinsen eine Zahnlücke, die nach der Schlägerei von letzter Woche noch nicht wieder gefüllt war.
    „Oh, die Diva hat schlechte Laune." Er klatschte ihr auf die unbedeckte Hinterbacke. „Eigentlich wollte ich mit dir eine kleine Nummer abziehen, doch so wie du aussiehst, lass ich das lieber."
    „Verschwinde!", knurrte sie, trat nach seinem Schienbein und kippte dann Milch und Zucker in die Mickymaus-Schüssel.
    „Du hast dich nicht zufällig mit Crack zugequalmt?", fragte er, und ein drohender Unterton schwang in seiner Stimme. „Dann müsste ich dir nachdrücklich zeigen, dass ich das nicht dulde!"
    Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu und schob sich dann an ihm vorbei, um sich ein T-Shirt aus dem Schlafzimmer zu holen. Holger folgte ihr und packte sie hart am Oberarm.
    „Lass mich los, du Wichser", zischte Ronja. „Ich nehme keine Drogen, das weißt du genau."
    Er ließ sich auf die grün gemusterte

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