Der Duft des Bösen
wäre, Freddy die Sache zu beichten, hatte Anwar beschlossen, zu versprechen, man würde seine und Ludmillas Wohnung unangetastet lassen, doch das war nicht nötig gewesen. Der Schlüssel zum Hinterhof war ihm praktisch in die ausgestreckte Hand gefallen. Deshalb war Freddy genauso Freiwild wie die übrigen Mieter, auch wenn er höchstwahrscheinlich nichts besaß, was sich zu stehlen lohnte. Bei Ludmilla könnte das etwas anderes sein. Nachdem Anwar Keefer die unfreundliche Bemerkung an den Kopf geworfen hatte, er sähe schon viel älter aus, als er jemals werden würde, und seine Hirnwindungen seien unwiederbringlich verschmort, befahl er ihm, er solle seine Handschuhe anziehen und sich auf die Socken machen.
Auch Anwar begab sich mit Handschuhen nach oben. Vielleicht war der Mann namens Quick ja reich, aber auf den ersten Blick schien er nur wenig Stehlenswertes zu besitzen. Die hohen Teakholzregale standen voller CDs, darunter allerdings kein einziger Musiktitel, der Anwar und seinem Team gefallen hätte. Er ließ sie links liegen. Auch die Schubladen waren eine einzige Enttäuschung, obwohl in einer ein Führerschein auf den Namen Alexander Gibbons lag. Den steckte er zusammen mit einer goldenen Uhr, die er auf der Kommode im Schlafzimmer gefunden hatte, in seine Tasche. Nirgendwo Bargeld. Dann öffnete er in der Küche den hohen Schrank. Eigentlich suchte er nur eine Dose mit Kleingeld, wie viele Leute sie zum Bezahlen des Milchmanns hatten. Stattdessen fand er Jeremys Geldkassette. Das Öffnen eines solchen Safes, ohne ihn gewaltsam aufzubrechen, war eine schwierige, wenn auch nicht ganz unmögliche Aufgabe. Dazu musste man wirklich gut sein. Die Zahlenkombination könnte der Geburtstag des Mannes sein – so etwas war es meistens – oder die letzten vier Ziffern seiner Telefonnummer. Vielleicht aber auch nicht. Eigentlich gab es nur eine Schlussfolgerung: Ohne wertvollen Inhalt wäre das Ding nicht vorhanden und versperrt. Himmel, war das schwer! Er fand eine Plastiktüte, in der er die Kassette transportieren wollte. Kaum hob er sie vom Boden, platzte sie auf. Anwar holte aus dem Schlafzimmer einen Rucksack aus Segeltuch, stellte den Safe hinein und trug ihn nach unten, nachdem er die Wohnungstür wieder sorgfältig hinter sich zugesperrt hatte. Selbstverständlich deutete nichts darauf hin, dass etwas nicht in Ordnung war.
Dagegen herrschte in Ludmillas Zimmer das blanke Chaos.
»So war es schon, ich schwör’s«, stieß Keefer hervor. »Ich war das nicht. Es gibt Leute, die hausen wie die Schweine, das weißt du genau.«
»Einschließlich dir. Was hast du gefunden?«
Ein kunstvolles schweres Collier, das vielleicht aus in Gold gefassten Rubinen bestand, was Keefer steif und fest behauptete.
»Das ist Glas«, meinte Anwar verächtlich, »und der Scheiß da heißt Tombak. Dafür würdest du auf dem Flohmarkt drunten an der Church Street nicht mal ’nen Fünfer ausgeben. Stattdessen nehmen wir diese Trauringe – meine Fresse, wie oft war die denn verheiratet?«
»Vielleicht gehörten sie ihrer toten Mutter oder einer von ihren Tanten?«
»Tja, vielleicht. Nimm auch noch die Perlen, und dann lass uns abhauen.«
Im Laden stand Julitta, die sich eigentlich einen Stock höher aufhalten sollte, neben einem hohen Spiegel mit vergoldetem Rahmen und hielt eine Kette ans Licht, an der ein großer Diamant baumelte.
»Das is ’n Diamant, An, ja?« Anwar untersuchte den Anhänger, den Morton Phibling für Zeinab gekauft hatte. Er bestand aus einem großen Stein im Smaragdschliff, der an einer dünnen Goldkette hing. »Der müsste Abertausende wert sein«, sagte er, allerdings nicht in seinem üblichen gelassenen Tonfall, sondern durchaus begeistert. »Vielleicht fünfzigtausend.« Jetzt verwandelte sich seine staunende Miene, die ihn für kurze Zeit wieder zum Kind hatte werden lassen, in eine zweifelnde. »Aber das kann nicht sein. Wer würde so etwas hier drinnen liegen lassen, damit es jeder klauen kann?«
»Tja«, meinte Flint, »vielleicht ist es eine Falle.«
»Was soll denn der Scheiß?« Anwar ging auf ihn los. »Vermutlich klebt ’ne Nadel dran, die mir einen Schuss Blausäure verpasst, was? Oder ein Mikrochip, der den Schweinen in Paddington Green einen Code funkt?«
Darauf fiel Flint, der selbst in seinen besten Zeiten nicht der Schnellste war, keine Antwort ein. Anwar wickelte den Anhänger in ein Stück Valenciennes-Spitze, die Inez manchmal an Kenner antiker Kleider verkaufte, und legte
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