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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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Decke über sich. Aus seinen geschlossenen Augen tropften Tränen, und er presste sie noch fester zu. Zum Weinen war er viel zu groß. Jedenfalls hatte man das im Heim immer gesagt. Ein großer Junge wie du und weint, das können wir gar nicht leiden, hieß es immer. Im Einschlafen trockneten die Tränen auf seinen Wangen. Er war in Gedanken bei Becky und wusste, Becky würde kommen. Bitte, komm bald. Mach, dass ich beim Aufwachen Becky sehe, die mich wieder zu sich nach Hause nimmt. Und bitte, bitte, lass den Polizisten nicht wiederkommen.

14
    Die vier hielten sich in Anwars Zimmer in der St. Michael’s Street auf und besprachen den geplanten Einbruch. Ein von Keefer Latouche gedrehter Joint machte die Runde. Wenn es ums Füllen und Drehen von Joints ging, galt Keefer als der Erfahrenste, weil er älter war und auch, weil ihm Detective Constable Jones »beim nächsten Mal« mit Knast gedroht hatte, wenn er sich wieder im Besitz eines weißen Pulvers befände. Ungefähr fünf Minuten hatte Jones das Pulver für Kokain gehalten, bis sich herausstellte, dass es sich um eine wasserlösliche Substanz zum Reparieren gesplitterter Nägel handelte, die Keefers damaliger Freundin gehörte. Die beiden anderen waren ein Schwarzer namens Flint Edwards und Keefers maniküresüchtige Exfreundin, die inzwischen mit Flint ging. Sie hieß Julitta O’Managhan, was O’Moin ausgesprochen wurde. Keefer war mit achtzehn der Älteste und deshalb bei den anderen als Opi bekannt.
    »Also rechne ich mit dem sechsten Mai als B-Day«, sagte Anwar, der nie etwas rauchte.
    Keefer und Flint sahen ihn verständnislos an. Nur Julitta meinte: »Meine Tante hat ein Bidet in ihrem Bad.«
    Keefer und Flint, die von der Mischung schon high waren, bogen sich vor Lachen, in das auch Julitta einstimmte und sich dabei am Boden wälzte. Keefer fing an, sie unter den Armen und in der Taille zu kitzeln.
    »Lass gefälligst deine dreckigen weißen Pfoten von ihr«, rief Flint, der nicht mehr lachte.
    Anwar musterte sie verzweifelt, doch er war keiner, der die Dinge einfach entgleiten ließ. »Verdammt noch mal, würdet ihr jetzt das Maul halten, alle zusammen? Oder muss ich es euch stopfen?«
    »Du und welche Gang?«, fragte Flint, allerdings nur halbherzig. Dann setzte er sich wieder auf und nahm einen tiefen Lungenzug vom Joint.
    »Ich nenne es B-Day«, hob Anwar an, der bereits mit sechzehn ein versierter Vorstandsvorsitzender war, »weil wir an diesem Tag die Sache erledigen werden, den Einbruch. B steht für Bruch, kapiert, denn ich schätze nicht, dass einer von euch Scheißern buchstabieren kann. Die Leutchen werden den ganzen Tag weg sein. Wie heißt das so schön? Frühlingsfeiertag, ja? Kommt hier rüber.« Er war ans Fenster getreten, zog den Fensterrahmen nach unten und ließ die milde Nachtluft herein. Hustend krümmte sich Keefer zusammen. »Wir werden von hinten hineingehen, vorausgesetzt, Opi macht’s noch so lange. Ich habe einen Plan gezeichnet, den werde ich euch in einer Minute zeigen. Der Code für die Alarmanlage lautet 2647, und ich will, dass ihr euch das genau merkt. Es sei denn, Opi hat es schon geschafft, dass euer Gehirn durchgeschmort ist.«
    Alle betrachteten hingebungsvoll die Rückseiten der Häuser in der Parallelstraße. Dazwischen standen alte Maulbeerbäume und Platanen und zeichneten zwischen diesem Fenster und den hellen bernsteinfarbenen Rechtecken in der Ziegelfläche Knäuel und zerfranste Gebilde in die Dunkelheit. Wer den Anblick hätte deuten können, hätte in den paarweise angeordneten, leuchtend gelben Lichtpunkten ein Dutzend Katzen erkannt, die als Beobachter drunten in der Blättermasse kauerten.
    »Gehen wir durch eines der Fenster rein?«, fragte Flint.
    »Bis dahin werde ich einen Schlüssel zur Hintertür haben.« Anwar ließ sich nicht näher darüber aus, wie er das bewerkstelligen würde, und keiner fragte. Sie wussten nur, wenn er sagte, er hätte einen Schlüssel, dann würde es auch so sein. »Ich und Ju’ll erledigen das Dachgeschoss, Flint kann das mittlere Stockwerk nehmen – und denkt daran, nichts aus Wohnung Nr. 2 –, Opi und ich Wohnung Nr. 1. Sobald ich oben fertig bin, gehe ich ihm zur Hand.« Er wirbelte zu Julitta herum und fuhr sie an: »Wie heißt die Nummer der Alarmanlage?«
    »Ist mir doch scheißegal, Alarm ist nicht mein Fall«, sagte Julitta. Diese Antwort löste sofort schallendes Gelächter aus, wie es ihre Verse und Witze samt und sonders taten.
    »Ach, wozu die ganze

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