Der Duft des Bösen
Anspannung so extrem gesteigert, dass seine Hände zitterten. Kaum befand er sich im hinteren Garten, begann er auf und ab zu hüpfen.
Es gab viel zu tun. Er musste versuchen, sich genau an die Stelle zu erinnern, wo man den Schatz vergraben hatte. Erneut ließ er den Film vor seinem inneren Auge ablaufen. Dort drüben stand der Schuppen – seit dem Film hatte ihn jemand ein wenig ausgebessert –, und davor lagen jede Menge Steinplatten. Hier waren allerdings mehr zerbrochene und angeknackste darunter. Links neben dem Schuppen befand sich, genau wie hier, ein Streifen nackter Erde, und dort, ein bisschen weiter ins Grundstück hinein, näher an der Nachbarmauer, genau dort hatten sie das Loch gegraben. Dann fiel ihm etwas auf, was er beim ersten Mal übersehen hatte. Auf der nackten Erde lagen ein Brett und ein halbes Dutzend Ziegel. Mehr Ziegel als im Film, dachte er, doch das war unwichtig.
Allmählich ging es auf neun Uhr, es war kaum noch hell. Will hatte eine Taschenlampe mitgebracht, die wie eine Laterne funktionierte. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass niemand im Haus war, der ihn sehen konnte, und offensichtlich auch keiner vom Nachbarhaus aus zuschaute, knipste er sie an und stellte sie, mit dem Lichtkegel nach unten, auf das vorspringende Schuppendach. Dann wickelte er den Spaten aus, strich die beiden Plastiktüten sorgfältig glatt und legte sie beiseite. Sie würden zum Heimtransport des Schatzes dienen. Nach einem weiteren hastigen Blick auf das Haus und die Häuser links und rechts setzte er den Spaten auf den schweren Lehmboden und fing an zu graben.
Mittlerweile befanden sich Crippen und Zulueta im Inneren des Hauses. Zum Betreten hatten sie einfach einen dünnen Stab entfernt, den man quer über die Hintertür genagelt hatte. Licht hatten sie keines gemacht, was sie auch gar nicht gekonnt hätten. Die Elektroversorgung war unterbrochen. Da sie sich vor dem Einsatz von Taschenlampen hüteten, empfanden sie die Dunkelheit anfänglich als undurchdringliche Wand, aber nach ein, zwei Minuten hatten sich ihre Augen daran gewöhnt. Wills eigene Lichtquelle erlaubte ihnen einen perfekten Blick auf ihn und seine Aktivitäten. Als junger und sehr kräftiger Mann hatte er in Bälde einen ein Meter langen und dreißig Zentimeter tiefen Graben ausgehoben. Jetzt drehte er sich zum Schuppen, holte die Lampe und leuchtete damit kniend in sein gegrabenes Loch. An diesem Punkt wandte sich Crippen zu Zulueta und nickte. Sie stürzten auf die Hintertür zu, schalteten ihre eigenen, starken Taschenlampen ein und gingen auf Will los.
Der war völlig in Gedanken versunken und grübelte, warum noch immer nichts von dem Schatz zu sehen war, obwohl er schon so tief gegraben hatte. Kein einziger Edelstein, kein Goldgefunkel. Aus dem Nichts heraus tauchten zwei blendende Lichtkegel auf, die sich zuerst auf seinen Graben und dann auf sein Gesicht richteten, während er sich umdrehte und langsam aufstand.
»William Charles Cobbett«, sagte Crippen mit erschreckend lauter Stimme, »ich verhafte Sie, weil Sie dieses Grundstück in verbrecherischer Absicht unerlaubt betreten haben, um eine Leiche zu verstecken.« Wenn er die Mädchenleiche gesehen oder wenigstens gewusst hätte, wo sich diese befand, hätte er schlicht und einfach »wegen Mordes« gesagt. »Sie sind zu keiner Aussage verpflichtet …«
Nachdem die Belehrung mit noch mehr unheilvollen Worten abgeschlossen war, sagte Will gar nichts. Erstens fiel ihm nichts ein, was er hätte sagen können, und zweitens hatte er keine Ahnung, was da gerade vor sich ging. Völlig verstört schaute er von einem Polizeibeamten zum anderen und beschloss durchzubrennen, den Spaten in der Hand. Eigentlich handelte es sich dabei kaum um eine richtige Entscheidung, sondern mehr um eine instinktive Reaktion, das einzig mögliche Verhalten. Eines war ihm irgendwie klar: Diese Männer wollten ihn bestrafen, und einer Bestrafung entzog man sich, wenn es ging. Dann lief man weg. Er lief seitlich zum Haus, quetschte sich am Zementmischer vorbei – direkt in die Arme von Crippens Verstärkung, drei Streifenbeamte, die gerade aus ihrem Wagen gestiegen waren.
Mehr Widerstand leistete er nicht. Zulueta und einer der uniformierten Stadtpolizisten, die ihn seit Kindertagen immer eingeschüchtert hatten, nahmen ihn in die Zange und verfrachteten ihn in einen der Streifenwagen. Bei jedem Spaziergang pflegte eine der Heimbetreuerinnen zu der Kindergruppe zu sagen, wenn sie nicht brav
Weitere Kostenlose Bücher