Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)
wenig vor, wie um sich selbst zu ermutigen. Ihr überstürzter Abflug nach Australien war zwar eine Flucht gewesen, hatte ihr aber dabei helfen sollen, Abstand zu gewinnen, um in Ruhe über alles nachdenken zu können. Niemand daheim wusste, wo genau sie war. Nicht einmal ihre Großeltern ahnten, dass sie hier war. Sie schloss kurz die Augen. Es tat so verdammt weh. Als sie bemerkte,dass der Lift auf ihrer Etage gehalten hatte, bückte sie sich und griff nach ihrer Tasche.
Eigenartig berührt hatte Oliver festgestellt, dass Sarahs Blick auf ihn irgendwie verstört gewirkt hatte. Dann hatte er sich wieder seinen Abrechnungen zugewandt. Das Hotel befand sich im Besitz seiner Familie, und sein Vater legte größten Wert auf Korrektheit. Normalerweise fiel es Oliver nicht schwer, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, doch jetzt fuhr er kopfschüttelnd bei dem Gedanken an sie den Computer hoch. Eine ganze Weile später sah er auf, als die Türen der Empfangshalle auseinander glitten und sein Freund Timothy Wheeler, der sich vor kurzem mit einem eigenen Reisebüro selbstständig gemacht hatte, auf ihn zukam. Die Zusammenarbeit zwischen dem Hotelbetrieb und diesem neuen Reisebüro entwickelte sich vielversprechend, denn nicht wenige der Hotelgäste nahmen gerne an den von Timothy organisierten Ausflügen teil. Er hatte sich darauf spezialisiert, den Leuten abseits der üblichen Touristenpfade stets das Besondere der Ausflugsziele nahe zu bringen. Oliver mochte ihn sehr, und darüber hinaus verband sie immer noch ihre gemeinsam verbrachte Studienzeit.
»Hi, Tim. Was gibt’s?«
»Hi, Oliver.« Er wedelte mit einem Stapel Papier. »Ich bringe dir die Gutscheine und Buchungsunterlagen für unsere neue Tour.«
Oliver nahm den Stapel entgegen. »Schön. Was planst du dieses Mal?«
»Es geht von Victor Harbor rüber nach Kangaroo Island.«
»Hört sich gut an. Ich mache gleich einen Aushang.«
Timothy stützte sich mit den Unterarmen auf den Empfangstresen.
»Danke, Oliver. Wie steht’s heute mit deinem Feierabend? Kommst du auf ein Bier in den Pub?«
Oliver zuckte mit den Schultern. »Mal sehen, Tim. Ich weiß noch nicht, ob ich es schaffe. Aber ich versuch’s.« Tim hob zum Abschied die Hand. »Okay, wir sehen uns. Bis dann.«
Nachdenklich blickte Oliver auf die Unterlagen. Das wäre doch etwas für den neuen Gast. Sarah hatte schließlich gesagt, dass sie die Gegend kennen lernen wolle. Er zögerte einen Moment, bevor er sich entschloss, sie zu informieren. Sie schien etwas Aufmunterung gebrauchen zu können. Er winkte eine junge Angestellte heran und bat sie, ihn zu vertreten. Er wusste selbst nicht, warum er nicht einfach bei ihr angerufen hatte. Als er aus dem Lift trat und den Gang entlangging, fragte er sich, wie sie wohl reagieren würde.
Sarah hatte geduscht und sich umgezogen. Eine Weile war sie unruhig im Zimmer umhergewandert, hatte sich aber dann auf das Bett geworfen. Sie war unglücklich, denn es gelang ihr nicht, sich von den Gedanken an Wolf zu befreien. Sie kämpfte gegen das Gefühl an, darüber langsam den Verstand zu verlieren. Schon auf der Fahrt über die wunderschöne Great Ocean Road hatte sie sich buchstäblich zwingen müssen, einen Blick auf die herrliche Küste zu werfen. Die von der Brandung umtosten Felsformationen der Twelve Apostels hattensie gleichermaßen beeindruckt und traurig gestimmt. Ohne Wolf erschien ihr alles sinnlos. Sie hatte so gehofft, durch diese Reise Abstand zu gewinnen, doch jetzt musste sie sich eingestehen, dass ihr nur klar geworden war, wie groß der Raum war, den dieser Mann in ihrem Leben eingenommen hatte – und wie leer es auf einmal ohne ihn geworden war. Sie hatte keine Ahnung, wie sie ohne ihn weiterleben sollte. Leise weinend drückte sie ihr Gesicht in die Kassen. Als es an der Zimmertür klopfte, fuhr sie zusammen. Erschrocken sah sie zur Tür. Es klopfte erneut, und sie sprang auf. Mit dem Ärmel ihres Sweatshirts wischte sie sich über die Augen und Wangen. Zögernd öffnete sie die Tür einen Spalt. Oliver entschuldigte sich für die Störung und erzählte ihr von dem geplanten Tagesausflug. Sarah hatte Mühe, sich auf das, was er sagte, zu konzentrieren. Am liebsten hätte sie die Tür einfach wieder geschlossen und sich im Zimmer vergraben. Verdammt, warum ließ man sie nicht in Ruhe? Mit aller Kraft riss sie sich zusammen. Es gelang ihr sogar, ihm ein kurzes Lächeln zu schenken. »Das hört sich gut an.«
Sie zögerte einen Moment, bevor sie
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