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Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)

Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)

Titel: Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin Busch
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blutete auch hier stark und erkannte zitternd, dass sie nicht mehr die Kraft hatte, sich auch noch den anderen Arm aufzuschneiden. Kurze Zeit später spürte sie eine kühle Gleichgültigkeit in sich aufsteigen und wandte sich unsicher um. Ihr war schwindlig, und sie hatte nur noch den Wunsch, einzuschlafen. Benommen sackte sie nach zwei Schritten vor ihrer Zimmertür zusammen und blieb liegen. Sie konnte sich nicht mehr bewegen. Mit jedem Herzschlag entfernte sie sich weiter aus dem Leben. Bereitwillig ließ sie ihren Verstand davontreiben und schloss die Augen. Dann wurde es dunkel um sie.
    Im Pub ging es jetzt am Wochenende sehr lebhaft zu. Gelächter, Stimmengewirr und lautes Rufen und Erzählen erfüllte den großen Raum. Bläuliche Rauchfahnen stiegen auf und kräuselten sich im Licht der Lampen. Dr. Laura Jarvis und Dr. John Miles mit seiner Frau Beth saßen etwas abseits und winkten ihnen zu. Timothy steuerte auf ihren Tisch zu, und Oliver folgte ihm ergeben. Er war nicht gerne das fünfte Rad am Wagen, und das hier entsprach nicht unbedingt seiner Vorstellung von einem ruhigen Abend. Tiefgehende Gespräche waren in diesem Durcheinander kaum möglich. Doch er war ein Teil dieser Gesellschaft und wollte sich nicht ausschließen. Und wenn er ehrlich war, musste er sich eingestehen, dass Tim Recht hatte. Seit Kellys Tod ging er dem Leben zu sehr aus dem Weg.
    Die beiden jungen Männer wurden fröhlich am Tisch begrüßt. Oliver sah, wie Timothy sich zu Laura setzte und sie küsste. Mit ihr war Oliver schon zur Schule gegangen. Sie war mittlerweile eine der beliebtesten Ärztinnen an der hiesigen Klinik. Auch ihr Kollege John war hier angestellt. Oliver hatte ihn ebenfalls näher kennen gelernt, als Kelly bei ihm in Behandlung war. Im Verlauf der eineinhalb Jahre, die sie dort mit einigen Unterbrechungen hatte zubringen müssen, hatte sich eine lockere Freundschaft entwickelt. Die Ärzte waren mehr als bemüht gewesen, alles Erdenkliche für Kelly zu tun. Besonders John, der damals gerade seinen Dienst hier aufgenommen hatte, war sehr betroffen gewesen, als ihr Tod sich nicht mehr hatte aufhalten lassen. Vielleicht war er gerade deshalb ein guter Freund für Oliver geworden. Nach Kellys Tod hatte Oliver sich zurückgezogen. Unbewusst wollte er durch das Krankenhausumfeld und den Klinikalltag seiner Freunde nicht mehr an das Leiden seiner Frau erinnert werden. Wie selbstverständlich vermieden John und Laura es nun auch, von ihrer Arbeit zu berichten, und stellten Oliver stattdessen Fragen zum Hotelbetrieb. Ebenso schilderte Timothy seine neuesten Pläne und Ausflugsziele und landete wieder bei seinem Lieblingsthema, dem sanften Tourismus.
    Als Oliver sich einige Zeit später verabschiedete und in die milde Abendluft hinaustrat, stellte er für sich fest, dass ihm das ungezwungene Zusammensein mit seinen Freunden doch gut getan hatte. Er blieb einen Moment vor der Tür stehen und sah zum Himmel. Ein noch nicht ganz voller Mond schien auf die stille kleine Stadt hinab. Die Palmwedel auf der gegenüberliegenden Straßenseite bewegten sich leicht im Wind und warfen gefächerte Schattenbilder auf den Bürgersteig. Der Heimweg führte ihn am Hotel vorbei. Unschlüssig betrachtete er den gepflegten Eingang, dessen gewölbtes Vordach inzwischen von hurderten winziger Halogenbirnen erleuchtet wurde, die die seitlich neben ihm liegenden Blumenbeete mit ihren Farnen, Blühpflanzen und Palmen auch jetzt in der Dunkelheit sichtbar werden ließen. Oliver wusste selbst nicht, was ihn um diese Zeit noch ins Hotel zog, aber seit er Kelly verloren hatte, war er nicht nur ernster geworden, auch seine Instinkte hatten sich geschärft. Eine unerklärliche Unruhe hatte ihn jetzt erfasst. Er nickte dem alten Nachtportier an der Rezeption zu und ging rasch zum Lift. Während der Aufzug nach oben schwebte, überkam ihn das Gefühl, sich lächerlich zu machen. Als die Lifttüren fast lautlos auseinander glitten, betrat er den Gang. Der dicke Teppichboden verschluckte jedes Geräusch, das seine Schritte normalerweise verursacht hätten, und eine fast unwirkliche Stille lag über dem Hotelflur. Zögernd verlangsamte sich Olivers Schritt, als er sich Sarahs Tür näherte. Er sah auf die Uhr. Es war absurd. Um diese Zeit konnte er nicht einfach an die Zimmertür klopfen und fragen, ob alles in Ordnung sei. Sie würde ihn nicht nur für aufdringlich, sondern auch für verrückt halten. Gerade als er sich wieder umdrehen wollte, fiel sein Blick

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