Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)
nach ihrer Hautfarbe oder Herkunft.
Und so habe ich es auch gehalten. Ich hoffe, meine Tochter hat es an dich weitergegeben.« Er deutete jetzt auf die Männer. »Ich beschäftige gern Aborigines. Diese hier leisten gute Arbeit und können hervorragend mit den Tieren umgehen. Dafür bezahle ich sie auch gut. Barney, der mit dem karierten Hemd dort drüben, ist sogar Vorarbeiter. Auf Wintinarah dulde ich keinen Rassismus. Gute Arbeit gegen gutes Geld. Wer aber stiehlt oder betrügt, fliegt raus, unabhängig davon, ob er schwarz oder weiß ist.« Er schaute seine Enkelin abwartend an. »Na, kannst du mit dieser Philosophie leben? Oder möchtest du Reißaus nehmen?«
Sarah schüttelte erleichtert den Kopf. »Danke, dass du so offen mit mir darüber geredet hast, und dafür, dass du dir überhaupt so viel Zeit für mich nimmst, seit ich angekommen bin.« Sie nahm seine kräftige, vom Wetter gegerbte Hand einen Augenblick in ihre Hände und drückte sie. »Ich finde es sehr schade, dich nur so selten in meinem bisherigen Leben als Ratgeber oder Gesprächspartner gehabt zu haben.«
Sie sah nun in die Ferne und betrachtete mit zusammengekniffenen Augen die hüglige Landschaft, die sich bis zum Saum der Berge am Horizont hinzog.
»Da ich weiß, wie viel Unheil den Aborigines überall hier in Australien geschah, bin ich froh darüber, dass meine Vorfahren zumindest Anstand und Respekt gezeigt haben, ja, vielleicht sogar ein wenig Interesse an der anderen Kultur. Mir gefällt deine Einstellung, Großvater. Und von hier möchte ich bestimmt nicht Reißaus nehmen – im Moment dann schon eher vor meinem Leben in Deutschland.«
Shane hielt unwillkürlich einen Augenblick den Atem an, doch dann konnte er sich nicht bremsen und platzte heraus: »Dann bleib hier, Sarah! Deine Großmutter und ich wären glücklich darüber. Und wer weiß, vielleicht lernst du Wintinarah noch zu lieben.« Als er ihr Erstaunen registrierte, fügte er hastig hinzu: »Du musst dich ja nicht gleich für die Ewigkeit entscheiden. Wir wären sicher die Letzten, die dich drängen würden, hier zu bleiben, wenn du feststellen solltest, dass du hier nicht glücklich sein könntest.« Seine Augen funkelten, und er sah sie gespannt an.
Sarah war im ersten Moment ganz ruhig und hörte verblüfft, wie eine innere Stimme sie fragte: Warum eigentlich nicht? Einigermaßen überrascht über sich selbst, schwieg sie noch einen Augenblick, bevor sie zu ihrem Großvater aufsah. Eben noch hatte sie bedauert, ihn so selten in ihrem Leben gehabt zu haben. Auch ihre fröhliche und aufgeschlossene Großmutter wäre ihr in ihrer Kindheit eine Freude gewesen. Dies war die Chance, beide näher kennen zu lernen, die Heimat ihrer Mutter zu erleben und sich selbst vielleicht neu zu finden.
Ernst sah sie in Shanes dunkle Augen. »Eines muss ich schon einmal klarstellen, Großvater. Ich muss Wintinarah nicht lieben lernen, denn mir ist bereits alles hier sehr ans Herz gewachsen. Ich bleibe gern hier, um alles kennen zu lernen. Ich weiß allerdings nicht, ob ich für die Farm geeignet bin. Wie du weißt, bin ich Lehrerin. Ich müsste eigentlich in drei Wochen meine neue Stellung in Deutschland antreten. Und in drei Monaten wollte ich Wolf heiraten.« Sie schluckte, setzte sich dann aber entschlossen auf. »Ich werde beides nicht tun und bleibe stattdessen auf Wintinarah, allerdings erst mal, um zu sehen, wie das Leben hier ist, um euch zwei besser kennen zu lernen und um mich neu zu orientieren. Wäre das in Ordnung für euch beide?«
Er sprang vom Zaun und strahlte. Dann zog er sie ebenfalls hinunter. »Komm mit, das müssen wir sofort Heather erzählen.« Gleich darauf blieb er abrupt stehen und zögerte. »Was werden deine Eltern sagen?«
»Großvater, ich bin erwachsen«, antwortete sie. »Ich bin vierundzwanzig und habe meine Ausbildung als Lehrerin abgeschlossen. Weder gehe ich ins Kloster noch ziehe ich bettelnd durch die Lande. Ich habe mich nurentschlossen, eine Weile bei meinen Großeltern in Australien zu leben. Das, denke ich, können sie akzeptieren.« Sie lachte leise auf. »Nun hat Mama aber einen Grund mehr, endlich mal wieder herzukommen, meinst du nicht?«
13
P atricia Johnson beobachtete das junge Paar, das mit dem niedlichen Baby in der Rückentrage die Hotelhalle durchquerte und durch die Türen in die helle Morgensonne hinaustrat. Die Freude über den strahlenden Tag und ihren Urlaubsbeginn war so offensichtlich, dass sie ihnen einen Moment versonnen
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