Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)

Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)

Titel: Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin Busch
Vom Netzwerk:
du dir das kaum vorstellen magst, wir haben ein wirklich schönes Leben in Deutschland. Meine Eltern lieben sich und sind glücklich miteinander, was in meinem Alter auch nicht besonders viele Leute von ihren Eltern behaupten können. David, Philip und ich hatten eine schöne Kindheit und hängen sehr aneinander. Wir durften studieren und die Berufe ergreifen, die wir uns wünschten. Die Ferien, die wir alle zusammen oft in Dänemark verbracht haben, gehören zu meinen schönsten Erinnerungen. Dieser endlos breite Strand auf der Insel Fanø war für mich der Inbegriff von Freiheit und Kinderglück. Aber das hier, dieses unvergleichliche Land, lässt mich plötzlich wieder genauso empfinden wie damals, als ich noch klein war.« Sie senkte den Kopf und betrachtete sekundenlang das glänzende dunkle Leder ihres Sattels. »Vor einigen Wochen habe ich die schlimmste Enttäuschung meines Lebens hinnehmen müssen. Nichts schien mehr so zu sein, wie ich es mir für die Zukunft ausgemalt hatte. Ich musste einfach weg von dort, und irgendwie – ohne dass ich überhaupt darüber nachgedacht habe – hat mich mein Weg hierher geführt, ganz von allein, ganz selbstverständlich, verstehst du? Mich hat das Nachdenken darüber schon im Flugzeug richtig durcheinander gebracht. Aber ich finde keine Erklärung dafür.«
    Shane hatte ihr aufmerksam zugehört. Auch wenn sie ihm nicht genau gesagt hatte, was vorgefallen war, spürte er, dass sie an einem Wendepunkt in ihrem Leben angelangt war. Ihm wurde bewusst, dass er seine einzigeEnkeltochter genauso liebte wie seine einzige Tochter. Auf besondere Art und Weise schienen er und Sarah miteinander verbunden zu sein. Er nickte. »Das ist gut so, Sarah. Das australische Band, das dich mit diesem Ort verbindet, hat dich zu uns gebracht. Weißt du, es ist in dir, und das macht mich froh, denn ich liebe dieses Land über alles. Die Voraussetzungen für diese Liebe haben meine Urgroßeltern geschaffen, als sie 1865 alles in Irland aufgaben, was sie bis dahin kannten, und einfach einen Neubeginn in Australien wagten. Sie haben hier schwer gearbeitet und mit ihrem Einsatz den Grundstein für die nachkommenden Generationen gelegt. Ohne sie wäre Wintinarah heute nicht das, was es ist. Sie haben neben all der Arbeit und all den Rückschlägen aber auch ihr Glück gefunden und diesen Kontinent lieben gelernt.
    Meine Mutter war eine außerordentlich bemerkenswerte Frau. Sie vereinigte Herz und Verstand in sich und war so etwas wie das Lieblingsenkelkind meiner Großmutter, die wiederum unserer allerersten Pionierin der Familie sehr nahe gestanden hatte. Nenne es ganz modern › emotionale Intelligenz ‹ oder vielleicht altmodisch ›Vorahnungen oder Instinkte haben‹, jedenfalls konnten sie alle erkennen, ob diese besondere Bindung zum Land in den Menschen vorhanden war, mit denen sie zu tun hatten, oder nicht. Sie betrachteten diese Gabe als Geschenk, als eine Art australisches Band, das sie über die Generationen hinweg mit diesem Kontinent verbunden hat. Denk einmal in Ruhe darüber nach. Nimm dir alle Zeit, die du brauchst, und hör auf dein Herz.«
    Er deutete erneut auf das Land. »Das hier ist jedenfalls auch dein Zuhause.«
    Sarah hatte ihm gespannt, ja, beinahe atemlos zugehört. Die Worte ihres Großvaters hatten sie tief berührt. Ihr gefiel die Vorstellung, dass er sie – obwohl er sie so selten gesehen hatte – in den Zusammenhang dieser familiären Traditionen setzte und einbezog. Sie beugte sich im Sattel vor, griff nach seiner Hand und drückte sie. »Ich bin so froh, dass ich dich habe, Großvater. Dich und auch Großmutter.«
    Er warf jetzt einen gespielt entsetzten Blick auf seine Armbanduhr. »Apropos Großmutter. Heather wird sich schon sorgenvoll fragen, wo wir bleiben.«
    Er grinste breit. »Außerdem haben wir sie ganz schön lange mit deinen beiden Freunden allein gelassen, nicht? Wir wollen doch nicht, dass ihnen der Gesprächsstoff ausgeht, oder?«
    Sarah drückte sich den Hut wieder tiefer in die Stirn und lachte.
    »Also los!«
    Wenige Tage später saß Sarah auf dem Koppelzaun und sah ein paar Arbeitern beim Zureiten der jungen Pferde zu. Einige der in Australien »stockmen« genannten Cowboys waren Aborigines. Sie beobachtete die Männer und stellte fest, dass die Farbigen ihre Sache besonders gut machten. Dabei schweiften ihre Gedanken ab. Wieder einmal beschlich sie ein ungutes Gefühl, als sie sich in Erinnerung rief, dass diesen Menschen beziehungsweise ihren

Weitere Kostenlose Bücher