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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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kritisieren? Selbst Pagel strich sich unbehaglich über seinen Schnurrbart.
    Carl wandte Oskar langsam den Kopf zu. »Geht Sie das irgendetwas an?«
    Oskar goss sich gelassen eine Tasse Tee ein. Die Hälfte davon ging daneben und bildete eine kleine Lache auf dem Fußboden.
    »Mich nicht. Aber die Herren von der Regierung. Man könnte ihnen einen Tipp geben, was gewisse Forschungsleiter mit den ihnen anvertrauten Mitteln anstellen.«
    Carl erhob sich, trat auf Oskar zu und baute sich vor ihm auf. Er war größer, muskulöser und insgesamt so viel männlicher als Oskar, dass Emma dachte, dass sie an Oskars Stelle spätestens jetzt Muffensausen bekommen hätte.
    »Wollen Sie mir drohen, Crusius?«, fragte Carl leise.
    Oskar wich seinem Blick nicht aus, obwohl er den Kopf ein wenig heben musste, um Carl in die Augen sehen zu können.
    »Ich will Sie warnen «, sagte er ebenso leise. »Ich behalte Sie nämlich im Blick. Auch ein Buschkönig kann sich nicht alles erlauben, insbesondere nicht, auf Kosten der Regierung mildtätige Geschenke an dreckige Wilde zu verteilen.«
    Carl ballte die Fäuste, doch seine Stimme war beherrscht.
    »Ich werde mich nicht dazu erniedrigen, mich vor Ihnen zu rechtfertigen, zumal Sie sowieso betrunken sind. Lassen Sie sich nur eins gesagt sein: Im Gegensatz zu Kleingeistern wie Ihnen, Crusius, wissen die Herren der Regierung, dass alles, was ich mit ihrem Geld anstelle, der Wissenschaft zugutekommt.«
    Oskar lachte spöttisch. »Ja, die Wilden mit unserem Mehl zu mästen ist wirklich sehr erkenntnisfördernd. Kommen Sie, Scheerer, das ist doch lächerlich! Von einem Mann mit Ihrem Hintergrund, Ihrer Ausbildung, Ihrer Erziehung«, nun troffen seine Worte vor Sarkasmus, »hätte ich wirklich mehr erwartet, als dass Sie sich bei der ersten Gelegenheit von einem überspannten Frauchen Grillen in den Kopf setzen lassen. Sie ist es doch, die zu den Wilden will, nicht wahr?« Er ließ seinen Blick bedeutungsvoll zu Emma schweifen.
    »Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie Emma aus dem Spiel ließen.« Carls Körper war angespannt und trotz seiner eisigen Höflichkeit eine einzige Drohung.
    Doch Oskar schien nicht zu spüren, dass es gefährlich für ihn wurde. Er trank einen Schluck Tee, wedelte mit der freien Hand in der Luft herum und sagte leutselig: »Es ist ja nur meine ganz private Meinung, hören Sie auf mich oder lassen Sie es bleiben. Ich jedenfalls finde: Wenn es um Entscheidungen des Geistes geht, sollte ein Mann seinem Lustknüppel kein Mitspracherecht einräumen.« Er hob belehrend den Zeigefinger. »Nicht mal dann, wenn das Objekt seiner Begierde solch hübsche Rundungen aufzuweisen hat wie unsere liebe Emma.«
    »Lassen Sie’s gut sein, Crusius, alter Junge«, mischte Pagel sich ein und warf seinem Leiter einen sorgenvollen Blick zu. Carl stand wie erstarrt vor Oskar, sein Gesicht war weiß vor Zorn.
    Oskar hörte nicht auf Pagel, sondern ließ seinen vom Alkohol verhangenen Blick provozierend langsam über Emmas Gestalt schweifen. »Vielleicht hätte ich die Verlobung doch nicht lösen sollen. Die Vorstellung, ein solch ungestümes Weib Nacht für Nacht in den ehelichen Laken zu bezwingen, hat unbestreitbar ihren Reiz, was, Scheerer? Ja, ja, unsere Emma braucht am Tage eine feste Hand, und in der Nacht muss man sie ordentlich …«
    Die Teetasse fiel klirrend zu Boden, als Carls Faust Oskar mitten ins Gesicht traf.
    Emma war hinaus in die Nacht geflohen und blindlings zur Weide gelaufen. Nun hockte sie, mit angezogenen Knien an den provisorischen Zaun gelehnt, auf dem Boden und starrte auf die reglosen Schatten der Tiere. Die meisten von ihnen schliefen. Princess war zwar erfreut zu ihr getrabt, als sie Emma bemerkt hatte, doch nachdem sie sich ihre Streicheleinheiten abgeholt hatte, ruhte sie inzwischen ebenfalls.
    Die kühle, schwarze Luft war erfüllt vom Zirpen unzähliger Insekten. Emma schauderte und schlang die Arme fester um die Knie. Im Busch hatte sie Tag und Nacht geschwitzt – immerhin darüber konnte sie sich hier oben nicht beklagen.
    Über Oskar dafür umso mehr. Was war nur in ihn gefahren, dass er sie so hatte erniedrigen müssen? Alkohol hin oder her, seine Äußerungen waren eine gezielte Provokation und Beleidigung gewesen. Wen hatte er damit treffen wollen – sie oder Carl? Wahrscheinlich uns beide, dachte sie trübe und legte den Kopf auf die Knie.
    In diesem Moment hörte sie leise mürrische Stimmen. Zwei Männer näherten sich der nächtlichen Weide,

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