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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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und Nachdenklichkeit, aber keine Ablehnung. Und das, obwohl er jetzt wusste, dass sie an Gedächtnisverlust litt …
    Spontan trat sie näher an ihn heran, so nah, dass sie ihn fast berührte. Mit klopfendem Herzen legte sie den Kopf an seine Brust. Als er die Arme um sie legte, vorsichtig, als fürchtete er, sie damit zu verscheuchen, schloss sie einen Moment lang die Augen.
    »Wer immer dir dabei helfen kann, dich zu erinnern, hat meinen Segen«, sagte Carl mit rauer Stimme. »Selbst wenn es heidnische Baumgeister sind.«
    Sie hob den Kopf, und zum zweiten Mal in ihrem Leben drückte sie ohne nachzudenken ihre Lippen auf seine.
    Doch diesmal zog sie sich nicht sofort wieder zurück, sondern erlaubte es sich, den Kuss auszukosten. Sie schmeckte Carls Lippen, erkundete seine Zunge, strich mit den Fingerspitzen über seinen Nacken. Je länger der Kuss währte, desto weniger wollte sie sich von Carl trennen.
    Er umfasste sie fester, sein Atem ging schnell. Obwohl er sie nirgends streichelte als auf dem Stoff ihres Kleides, auf Schultern, Rücken und Taille, erregte die Zärtlichkeit seiner Hände sie mehr als alles, was sie je erlebt hatte. Sie stöhnte unterdrückt. Carls Körper zeigte ihr nun unmissverständlich, dass er sich nach mehr sehnte, und auch Emma schien nur noch aus Begehren zu bestehen. Noch nicht, wisperte es in den Bäumen.
    Mit brennenden Wangen löste sie sich von ihm. Carl ließ die Arme sinken und gab sie frei, seine Brust hob und senkte sich schwer. Emma sah das Bedauern in seinen Augen.
    Heiser sagte sie: »Hoffen wir, dass die Marmbeja ihr Handwerk verstehen, hm?«
    Carls Antwort bestand aus einem knappen Nicken und einem Blick, dessen Botschaft ihre Erregung sofort wieder anfachte. Als sie Gewehr, Ausrüstung und Mehlsack geschultert hatten und ihren Weg schweigend nebeneinander fortsetzten, fiel es Emma unendlich schwer, ihre Aufmerksamkeit auf das bevorstehende Treffen mit den Eingeborenen zu lenken.
    Stattdessen küsste sie Carl wieder und wieder – wenn auch nur in der Fantasie.
    Als viele Stunden später die Nacht hereinbrach, versammelten sich alle Forscher zum Abendessen im Haupthaus. Pagel hatte auf dem Rückweg von Ipswich ein Känguru erlegt, das jetzt gebraten, in handliche Stücke geschnitten und mit Speckstreifen garniert vor ihnen auf den Tellern lag.
    Emma und Carl waren eigentlich gar nicht mehr hungrig – der Kuchen, den die Eingeborenen aus ihrem Mehl gebacken hatten, war ungewöhnlich, aber sehr gut gewesen. Doch um der Geselligkeit willen aßen sie einige Bissen mit.
    »Hermann und ich wollen morgen Blüten sammeln, nichts als Blüten«, kündigte Pagel kauend an. »Ich fress ’nen Besen, wenn wir unsere Botanisiertrommeln nicht randvoll damit kriegen. Der Regenwald ist ein wahres Gewächshaus, was?«
    »Ja, eine Pflanze wuchert hier üppiger als die andere«, bestätigte Krüger begeistert. »Schon verrückt, dass wir uns lediglich ein paar Tagesmärsche von den trockensten Buschregionen entfernt befinden!«
    Carl nickte. »Australien ist eine Schatztruhe für die Wissenschaft, in jeder Hinsicht. Nicht nur die Botanik ist interessant, meine Herren, sondern auch die Lebensweise der Eingeborenen. Emma und ich«, er warf ihr ein flüchtiges Lächeln zu, »haben zum Beispiel viel über ihre Koch- und Backmethoden gelernt. Die Eingeborenen waren so freundlich, uns zuschauen und sogar mitessen zu lassen.«
    »Wollten doch bestimmt ’ne Gegenleistung«, brummte Pagel, dessen gute Laune bei der Erwähnung der Schwarzen verflogen war. »Machen doch nichts umsonst.«
    »Doch, Pagel, sie sind einfach großzügig«, sagte Carl. »Wenn Sie gesehen hätten, wie viel uns aufgetischt wurde … Der Mehlsack, den ich ihnen gebracht habe, wiegt das kaum auf.«
    »Aha, doch ’ne Gegenleistung«, murmelte Pagel mit grimmiger Befriedigung.
    »Um die sie, wohlgemerkt, nicht gebeten hatten«, stellte Carl klar.
    »Ein ganzer Mehlsack?«, mischte Oskar sich ein. Er stand auf und ging zum Teetopf hinüber. Auf ganz geradem Wege gelang ihm das nicht, da er dem Schnaps, den Pagel mitgebracht hatte, bereits großzügig zugesprochen hatte. »Bisschen viel als freiwillige Gabe, was? Sie werfen das Geld der Kolonialregierung aber wirklich mit vollen Händen raus, Scheerer. Sparsam kann ich das nicht nennen.«
    Krüger starrte ihn erschrocken an, und es war ihm von der Stirn abzulesen, was er dachte: Wie konnte Oskar sich erdreisten, Carls Entscheidungen als Forschungsleiter so unverhohlen zu

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