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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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kann, ist Scheerer schon nach Brisbane gereist. Er wollte Crusius kennen lernen und in Ruhe die nächste Expedition vorbereiten. Sie soll in den Busch um Brisbane herum gehen und ein bis zwei Monate lang dauern. Das erfordert gute Planung.«
    Emma nickte, als sei ihr das selbstverständlich klar, und Krüger fuhr fort: »Wir wurden also angewiesen, Scheerer später zu folgen. Tja, und dann erreichte uns dieser Brief von Crusius. Er schrieb, dass Scheerer und er sich kennen gelernt hätten und Scheerer ihm vorgeschlagen habe, Georg und ich könnten die Assistentin in Empfang nehmen. Dann müsse Crusius die Fahrt zur Moreton Bay nicht extra auf sich nehmen. Dass das Schiff so viel später als erwartet einlaufen würde, konnte ja niemand ahnen.«
    »Verdammte Zeitverschwendung«, ließ Pagel sich vernehmen. »Und das für einen Mann, den ich noch nicht einmal kenne.«
    Emma ließ sich von seiner Unfreundlichkeit nicht beeindrucken, denn ihr war gerade ein sehr erleichternder Gedanke gekommen: »Aber dann muss Herr Scheerer ja damit einverstanden sein, mich mitzunehmen, obwohl ich eine Frau bin! Sonst hätte er Herrn Crusius wohl kaum dieses großzügige Angebot gemacht.«
    Krüger wiegte den Kopf. »Das klingt logisch. Dennoch wundert es mich … Es passt so gar nicht zu Scheerer, eine Frau den Gefahren einer Expedition auszusetzen.«
    »Na, Sie machen mir ja Mut«, sagte Emma mit einem schiefen Lächeln. »Wobei ich Ihre Sorge nicht ganz nachvollziehen kann. Ich soll nur Pflanzen zeichnen, meine Herren – so gefährlich kann das doch nicht sein, oder?«
    Krüger zuckte hilflos die Achseln; er war wohl von zu ehrlicher Natur, um sie zu beruhigen, wo es keine Beruhigung gab.
    Doch Emma hatte sich inzwischen so weit erholt, dass mit ihren Lebensgeistern auch Mut und Zuversicht wieder erwacht waren. Hauptsache, Scheerer hatte nichts dagegen, dass sie als Frau die Expedition begleitete. Den Gefahren im Busch würde sie schon trotzen! Schließlich war sie nicht allein.
    Sie trank den letzten Schluck des mittlerweile lauwarmen Tees und fragte sich, ob es wohl unschicklich sei, Pagel und Krüger zu bitten, sie aufs Deck zu begleiten. Als sie vorhin aufs Schiff gekommen war und die Bekanntschaft der Forscher gemacht hatte, war sie viel zu aufgeregt gewesen, um viel von ihrer Umgebung mitzubekommen. Doch jetzt wollte sie endlich einen Blick auf ihre neue Heimat werfen. Herrgott, sie war in Australien! Sie fuhr einen australischen Fluss entlang, durch australische Wildnis, und sie sah nichts als die Wände des Salons um sich herum!
    Nun ja, auch Menschen , räumte sie in Gedanken ein. Sehr vornehme Menschen, gegen die sie sich recht schäbig vorkam. Obwohl sie so gepflegt aussah wie seit Wochen nicht mehr, fiel sie gegen die Damen und Herren auf diesem Boot doch sehr ab. Emma kaute auf ihrer Unterlippe und blickte sich um. Wohin sie auch sah, überall leuchteten ihr weiße, cremefarbene und vor allem vollkommen saubere Kleider und Anzüge entgegen. In ihrem dunkelblauen, zerknitterten Reisekleid fühlte Emma sich wie eine Schmeißfliege unter weißen Schmetterlingen, und sie konnte ihr Erstaunen darüber, in diesem unzivilisierten Land auf so große Eleganz zu stoßen, kaum verbergen.
    Krüger hatte ihren Blick wohl richtig gedeutet, denn er lachte leise.
    »Sie hatten damit gerechnet, nur Viehtreibern zu begegnen, Fräulein Röslin?« Als sie verlegen nickte, sagte er: »Keine Sorge, so ging es uns allen, als wir hier ankamen. Aber man wird schnell eines Besseren belehrt. Viehtreiber gibt es natürlich, aber auch hübsche Häuser und Kaufläden, in denen die feinsten Waren angeboten werden. Sie werden sehen, Brisbane ist ein guter Ort zum Leben.«
    »Schön für die, die dort bleiben dürfen«, sagte Emma trocken. »Wir hingegen machen uns doch gleich in den Busch auf, oder habe ich Sie da falsch verstanden?«
    »Keineswegs. Schließlich haben wir schon genug Verspätung. Aber ich hoffe doch, dass die Zeit für einen Spaziergang durch die Stadt reichen wird.«
    »Wie wäre es vorerst mit einem Spaziergang an Deck?«, wagte Emma zu fragen.
    Pagel wischte ihren Vorschlag mit einem geknurrten »Werde in der nächsten Zeit noch genug in der Sonne sein« vom Tisch.
    Rasch stand sie auf. »Ich würde mich gerne ein wenig bewegen«, sagte sie. »Bleiben Sie ruhig sitzen, meine Herren, ich kann auch alleine an Deck gehen.«
    Feuchte, heiße Luft. Novemberluft.
    Emma schüttelte leicht den Kopf. Immer noch kam es ihr seltsam vor, dass

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