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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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jener letzten Klavierstunde unmittelbar vorausgegangen waren. Ihre Erinnerung brach mit Ludwigs Ankunft ab, die Minuten davor standen ihr aber noch deutlich vor Augen. Wenn sie sie noch einmal durchlebte, ganz intensiv, dann würde es vielleicht einfach weitergehen … wie die Geschichte in einem Buch, das sie ein zweites Mal las. Ja, das konnte klappen.
    Also los!
    Wie hatte sie sich gefühlt? Sie war aufgeregt gewesen, aber nicht fröhlich, eher so, als stünde ihr ein schwieriges Gespräch bevor …
    Die australische Nacht und sogar die lästigen Mücken verschwanden aus Emmas Bewusstsein, als sie tief in ihre Vergangenheit eintauchte.
    Unruhe, ein diffuser Verdacht. Das instinktive Wissen, dass etwas nicht stimmt. Die Ungewissheit quält sie, verursacht ihr Übelkeit. Sie muss Ludwig darauf ansprechen, doch sie hat Angst vor seiner Antwort. Liebt er sie nicht mehr? Ist er ihrer überdrüssig geworden? Eine Ahnung von Freiheit blitzt in ihr auf, Erleichterung, vermischt mit tödlichem Schrecken. Sie hat ihm doch geschworen, ihn auf ewig zu lieben! Es auf seinen Wunsch hin geschworen bei ihrer Seele, geschworen bei Gott!
    Ludwig tritt ein, lächelt, sein Haar glänzt golden in der Februarsonne, die durch das Fenster scheint. Golden wie beim ersten Mal, als sie ihn gesehen hat, wie lange scheint das her. Wie anders hat sie sich damals gefühlt. Er lehnt sich von innen an die geschlossene Tür, und dann …
    Nichts. Ein schwarzes Loch, das alles verschlingt.
    Langsam drangen die Geräusche des Busches – das Rascheln der kleinen Beutler, das ferne Quaken von Fröschen, Pagels Schnarchen – wieder in ihr Bewusstsein und mit ihnen die Erkenntnis, dass sie es wieder nicht geschafft hatte.
    Sie war in ihrer Erinnerung kaum weitergekommen.
    Mutlos wandte Emma den Kopf und sah in der Dunkelheit Carls Umrisse, der sich einige Schritte von ihr entfernt auf seiner Decke ausgestreckt hatte. Er schlief. Natürlich, er trug ja auch keine Schuld mit sich herum, die ihn wach hielt; er fühlte nicht den Druck, eine Lösung für etwas zu finden, das offensichtlich nicht lösbar war.
    Es gelang ihr nicht, Herrgott, es gelang ihr einfach nicht!
    Wie lange würde Carl warten, wenn sie sich umsonst bemühte? Was, fragte sie sich verzweifelt, konnte sie tun, um ihre Seele zu überlisten? Sie wünschte es sich so sehr! Egal, was passiert war, alles würde besser sein als die Ungewissheit, die sie an diesem Leben hinderte – an ihrem neuen aufregenden Leben auf dem fremden Kontinent. Ihrem Leben im Hier und Jetzt. Ihrem Leben mit dem Mann, den sie wahrhaft liebte.
    Alles verloren, wenn die Tür weiterhin geschlossen blieb.
    Am Vormittag des nächsten Tages erreichten sie das Gebirge. Der steinige Weg wand sich nun steil durch den Eukalyptuswald, und bald wurde es merklich kühler. Vom Pferderücken aus trieben Emma und die Forscher die Ochsen vor sich her, denen die ungewohnte Anstrengung gar nicht behagte. So kam die Gruppe auf dem schlechten, teilweise überwucherten Weg nur sehr langsam voran. Als sie sich am Abend zur Ruhe legten, war Emma so erschöpft, dass sie fast augenblicklich einschlief.
    Jeder von ihnen war froh, als sie am Nachmittag des nächsten Tages endlich ihr Ziel erreichten: Auf einem offenen Platz, der irgendwann einmal von hohen Bäumen und Buschwerk gesäubert worden war, standen die verlassenen Hütten, von denen Carl ihnen erzählt hatte.
    Mit wackeligen Beinen saß Emma ab und schaute sich um. Mr. Hay, der Ingenieur, schien hier mit etlichen Arbeitern gelebt zu haben, denn außer dem Hauptgebäude – einem Holzhaus von stattlichen Ausmaßen – zählte Emma acht weitere Hütten. Zwei von ihnen waren halb verfallen, so dass die Forscher sie nicht mehr würden benutzen können, aber die anderen Hütten und das Haus schienen in leidlich gutem Zustand zu sein.
    Das Haus sah sogar recht einladend aus, fand sie. Es schien mehrere Zimmer zu haben, war auf allen Seiten von einer schattenspendenden Veranda umgeben und mit einem solide aussehenden Dach versehen. Ganz in der Nähe verlief ein leise plätscherndes Rinnsal, das man mit etwas gutem Willen als Bach durchgehen lassen konnte. Wasser würden sie hier also haben, das Haus eignete sich hervorragend als Arbeitsstätte, und nachts würden die Hütten ihnen guten Schutz bieten. Zufrieden ließ Emma ihren Blick über den Platz und in die Buschlandschaft dahinter schweifen.
    Erstaunt riss sie die Augen auf. Denn nicht weit von hier veränderte sich der trockene

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