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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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das Zeichenmaterial in ihr neues Zimmer. Sie spitzte ihren Bleistift, fegte den Boden mit dem Besen, den sie hinter der Tür fand, und wischte den Tisch mit einem Stofflappen ab, den sie im Bach angefeuchtet hatte. Immer wieder flog ihr Blick durchs Fenster zurück zum Regenwald. In ihrem Kopf formte sich eine Idee, vage zunächst. Doch sie nahm unaufhaltsam Gestalt an.
    Sie musste unbedingt mit Carl darüber sprechen.
    Am nächsten Morgen wurde sie von einem heftigen Regen geweckt, der auf das Dach ihrer Hütte trommelte. Als Emma einen verschlafenen Blick nach draußen warf, machte sie sich seufzend auf einen Tag in nassen Kleidern gefasst. Doch als sie sich angezogen hatte und ins Freie trat, war der Regen bereits vorbei. Die Luft war warm und feucht, der Boden dampfte, und Emma stieg der scharfe Duft des Eukalyptus in die Nase. Unwillkürlich lächelte sie. Sollte sie je wieder auf einem anderen Erdteil leben als hier, würde sie nur an diesen Duft denken müssen und sich sofort an alles bildlich erinnern.
    Emmas Hütte lag dem Haupthaus direkt gegenüber. Rechts neben ihr hatte sich Pagel einquartiert, dann kam Oskar, und aus beiden Hütten drang lautes Schnarchen. Sie grinste. In den anderen Hütten war alles still: Die links neben ihrer war frei, die daneben hatte Krüger sich ausgesucht, und in der Hütte direkt neben dem Haupthaus schlief Carl. Ob er schon wach war? Wenn sie Glück hatte, würde sie ihn alleine im Haus antreffen, dann konnte sie ihn auf ihre Idee ansprechen.
    Sie hob ihren Rock, als sie zum Haupthaus ging. Dennoch durchnässten die Stängel des hohen, gelblichen Grases, mit dem der ganze Platz bedeckt war, ihren Saum. Eigentlich war das ja egal, dachte sie, der Saum würde in Windeseile wieder trocknen. Kopfschüttelnd ließ Emma den Stoff aus ihren Fingern fallen. Wie schwer es war, alte Gewohnheiten wie das Anheben des Rockes aufzugeben. Selbst wenn diese Gewohnheiten in ihrem neuen Leben genauso unsinnig und überflüssig waren wie ihr Korsett …
    Beim Gedanken daran wurde ihr wieder einmal bewusst, wie mühelos sie atmen und wie frei sie sich bewegen konnte, seit sie die steife Stütze nicht mehr trug. Mit federnden Schritten ging sie weiter. Das Leben in der Wildnis hatte durchaus seine Vorteile!
    Ihr Blick fiel auf die beiden halb verfallenen Hütten, die etwas abseits des Haupthauses standen. Dahinter hatten Pagel und Krüger die Pferde und Ochsen angepflockt. Das regennasse Fell der Tiere glänzte in der Sonne, und Emma dachte an den Plan der Forscher, ihnen heute aus den langen, toten Ästen, die überall herumlagen, eine provisorische Einzäunung zu bauen. Dann würden die Tiere sich ihr Futter selbst suchen und jederzeit an dem Rinnsal ihren Durst stillen können. Sie würden satt und zufrieden sein und deshalb, so das Kalkül der Forscher, hoffentlich davon absehen, mit einem beherzten Sprung über den Zaun in die Freiheit zu entfliehen.
    Jede Forschungsreise hielt neue Herausforderungen bereit, und wenn es nur die war, die Pferde und Ochsen sicher unterzubringen. Emma trat über die Veranda ins Haus. Ob es das war, was Carl so daran reizte?
    Sie ging in das große Zimmer, das als Aufenthaltsraum auserkoren worden war – es Wohnzimmer zu nennen, wäre zu viel der Ehre für den kargen Raum gewesen –, und fand Carl mit einer Tasse Tee am Esstisch. Wie sie gehofft hatte, war er allein.
    »Guten Morgen«, sagte er lächelnd. »Hat dich auch der Regen geweckt?«
    Sie nickte. »Guten Morgen, Carl. Sag mal, wie hast du es geschafft, bei Regen ein Feuer zu machen und Tee zu kochen?«
    »Ein echter Abenteurer bringt überall ein Feuer zustande«, sagte er mit dramatischer Stimme. Dann lachte er. »Drüben steht ein Teetopf auf dem Herd. Das ist der Vorteil, wenn man nicht im Zelt lebt: Trockenes Holz und einen gemauerten Herd gibt es eben nur in Häusern.«
    »Da hätte ich ja auch selbst drauf kommen können.« Emma schämte sich ein wenig. »Oje, was ein paar Wochen im Busch aus einer Frau machen können!«
    »Aus dir jedenfalls nichts, was mir nicht gefallen würde.« Carl räusperte sich. »Aber jetzt hole ich dir erst mal eine Tasse Tee. Such dir einen Stuhl, ich bin gleich wieder da.«
    Sie setzte sich und dachte, in was für einer verkehrten Welt sie hier doch lebte – in der es eine Überraschung war, bei Regen Tee zu bekommen, und in der dieser Tee der Dame von einem Herrn serviert wurde. Eigentlich gar nicht schlecht. Emma grinste.
    Sie nahm Carl mit einem Dank die Tasse ab

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