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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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er. »Ich sehe schon die Schlagzeile im Sydney Morning Herald vor mir: ›Ehrgeizige junge Forscherin entdeckt bahnbrechendes Mittel gegen‹ … tja, gegen was? Was würdest du gerne heilen, Emma?«
    »Männliche Arroganz?«, schlug sie vor.
    Er warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Emma, du bist wunderbar! Ich weiß schon, warum ich dich so … ähm … ja.« Sein Lachen war in ein Grinsen übergegangen, seine Ohren unter den schwarzen Locken hatten sich feuerrot verfärbt.
    Sie biss sich auf die Lippen. War das eine Liebeserklärung gewesen? Sanft sagte sie: »Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als mit dir zusammen zu forschen.«
    »Nein? Ich wüsste da schon etwas«, sagte er, immer noch mit roten Ohren. Er strich sich eine Locke aus der Stirn und grinste. »Aber die Zusammenarbeit kommt gleich an zweiter Stelle.«
    Konnte man vor Lust, jemanden zu küssen, explodieren? Gerade als das Kribbeln in ihrem Bauch unerträglich zu werden drohte, erklang hinter ihr Krügers Stimme.
    »Schönen guten Morgen. Oder sollte ich Vormittag sagen? So lange habe ich schon ewig nicht mehr geschlafen. Nun ja, so habe ich Kraft für den Zaunbau.« Er lachte verlegen.
    Carl beeilte sich, ihm sein schlechtes Gewissen zu nehmen, und Emma stand hastig auf und ging aus dem Zimmer, bevor Krüger ihren Gesichtsausdruck richtig deuten konnte.
    »Ich backe ein paar Mehlfladen«, murmelte sie. »Dann können wir gemeinsam frühstücken, wenn Pagel und Oskar kommen.«
    »Gute Idee. Der Zaunbau wird anstrengend«, sagte Carl mit seiner sachlichen Forschungsleiterstimme. Sie eilte in die Küche, und als sie mit zittrigen Händen den Mehlsack öffnete, wunderte sie sich immer noch, wie schnell er sich wieder in der Gewalt gehabt hatte. Sie hingegen …
    Du hingegen machst dich nach dem Fladenbacken an deine Erinnerung, ermahnte sie sich streng. Wenn du dich schon als Forscherin versuchst, kannst du auch systematisch an die Arbeit mit deiner Seele gehen!
    Sie hielt inne. Aber ja, das war’s! Warum war sie nicht schon früher darauf gekommen? Sie würde sich mit einem ganz bestimmten Vorgehen an ihre Erinnerung machen, mit einem Plan und genau festgelegten Schritten. So klappte es bestimmt viel besser als bisher!
    Aufgeregt holte sie Wasser und knetete den Teig, und während sie ihn zu Fladen klopfte, schmiedete sie Pläne. Sie beschloss, sich zurückzuziehen, während die Forscher den Zaun für die Tiere bauen würden. Dann konnte sie sich in aller Ruhe überlegen, wie der erste Schritt ihrer systematischen Erinnerungsarbeit aussehen sollte. Ha, es wäre doch gelacht, wenn sie auf diese Weise keinen Erfolg haben sollte!

21
    Von außen nach innen.
    Von Unwichtigem zu Wichtigem.
    Von Äußerlichkeiten zu Gefühlen.
    Von …
    E mma saß in ihrem Zeichenzimmer und kaute auf dem Ende ihres Bleistiftes herum. Sie betrachtete die Schlagworte vor sich auf dem Papier. War sie auf dem richtigen Weg? Oder war ihr Vorgehen falsch? Ach, wenn sie doch studiert hätte wie die Männer! Dann wüsste sie jetzt, was sie tun müsste. Vielleicht war das, was sie vorhatte, ja nichts anderes als die albernen Auswüchse eines halbgebildeten Frauenverstandes?
    Frustriert warf sie den Bleistift aufs Papier. Es half nichts, sie musste einfach anfangen. Nur so konnte sie herausfinden, ob sie es richtig anging.
    Sie lehnte sich auf dem harten Stuhl zurück und schloss die Augen.
    Von außen nach innen. Von Unwichtigem zu Wichtigem.
    Was habe ich angehabt? Das gelbe Kleid … nein, das jadegrüne. Ja, und dazu Ohrringe … welche Ohrringe? Die silbernen, die Ludwig so an mir gefallen haben … aber nicht an jenem Tag, da hat er mir nichts Nettes gesagt … Ludwig war überhaupt so kalt, schon seit Wochen … wenn er mich bedrängt hat, war nicht einmal mehr vor dem Akt Zärtlichkeit in seiner Berührung … nur noch Verachtung. Grobheit statt Liebe. Und ich hatte diesen Verdacht …
    Schwärze.
    Also nochmals von vorn.
    Wie war das Wetter bei jener Klavierstunde? Die Sonne hat geschienen, es war … ja, es war warm, fast wie im Frühling, obwohl erst Februar war. Es muss warm gewesen sein, sonst hätte ich das jadegrüne Kleid nicht angehabt. Ich habe geschwitzt darin, aber natürlich nicht vor Hitze, sondern vor … vor …
    Vor Angst!
    Emma schluckte.
    Wovor hatte ich Angst?
    Davor, dass die Ahnung sich bestätigt? Die Ahnung, die ich mir selbst nicht eingestehen wollte … dass Ludwig beschließt, Auguste von nun an treu zu sein? Dass er mich nicht mehr

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