Der Duke, der mich verführte
Duchess herrschte.
Eilige Schritte hallten im Korridor wider, kamen stetig näher. Radcliff verschränkte die Hände auf dem Rücken, wandte den Blick zur Tür und rüstete sich für den Sturm.
Zügig kamen Lord und Lady Marwood hereinmarschiert, Arm in Arm, beide in Reisegarderobe, wie ihm schien.
Seite an Seite blieben sie stehen, bauten sich wie eine Wand vor Radcliff auf und sahen ihn an, als wollten sie ihn an Ort und Stelle ausweiden.
Jefferson verharrte unschlüssig an der Tür. „Brauchen Sie mich noch, Euer Gnaden?“
Nein – es sei denn, der gute Mann war bereit, ihm im Duell mit seinen Schwiegereltern beizustehen. Der Gedanke erheiterte ihn, wenngleich dies in Anbetracht der ernsten Lage wohl kaum angemessen war. Radcliff räusperte sich. „Nein danke, Jefferson. Wenn Sie bitte die Tür hinter sich schließen würden.“
Jefferson nickte und zog die beiden Türflügel hinter sich zu.
Tödliches Schweigen senkte sich über den Raum.
Lady Marwood reckte kaum merklich das Kinn – eine Angewohnheit, die Radcliff an Justine erinnerte. „Meine Tochter hat uns mitgeteilt, dass die in London kursierenden Gerüchte wahr sind. Dass Ihr Bruder ihr gegenüber handgreiflich geworden ist. Und als wäre das nicht schon genug Anlass zur Sorge, ist uns noch anderes zu Ohren gekommen, das Justine jedoch nicht zuzugeben bereit ist. Behauptungen, dass Sie unter Ihrem Dach eine Person von mehr als zweifelhaftem Ruf beherbergen, die kürzlich zudem das Kind Ihres Bruders zur Welt gebracht haben soll. Ist das wahr?“
Justine würde ihm den Hals umdrehen, wenn er das zugab. „Ja, das ist wahr“, sagte er dennoch. „Miss Thurlow bedurfte dringend der Hilfe, und ich fand mich bereit, ihr in einer Notlage beizustehen.“
„Notlage?“, wiederholte Lady Marwood ungläubig. „Ist das ein Grund, die Geliebte Ihres Bruders hier wohnen zu lassen? Notlage, dass ich nicht lache! Nun, wie Sie sich gewiss denken können, Euer Gnaden, sind wir gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass wir von dieser Entwicklung keineswegs begeistert sind.“
Radcliff streckte die Arme und holte tief Luft. „Das verstehe ich durchaus, Lady Marwood, und ich kann mich für das ungeheuerliche Verhalten meines Bruders nur ebenso entschuldigen wie für meine eigenen Verfehlungen. Ich versichere Ihnen, dass derlei nie wieder geschehen wird. Ich habe Carlton sämtliche Bezüge gestrichen, und Miss Thurlow und das Kind brechen morgen früh nach Schottland auf, wo sie ein neues Leben beginnen werden.“
Lord Marwood schnaubte kurz, ehe er meinte: „Das ist ja alles schön und gut, aber meine Frau und ich haben beschlossen, dass es am besten wäre, wenn Justine uns begleiten würde. Fort von London und all den Skandalen, in die unsere Tochter hier gerät. Seien Sie unbesorgt, Euer Gnaden, wir werden für sämtliche Kosten aufkommen.“
Radcliff sah ihn argwöhnisch an. „Was genau wollen Sie mir damit sagen, Mylord?“
Lord Marwood warf Lady Marwood einen unruhigen Blick zu.
Radcliff starrte sie in Grund und Boden. „Genug der Nettigkeiten. Sie können ruhig offen sprechen.“
Lord Marwood holte tief Luft, ehe er verkündete: „Wir möchten, dass Justine mit uns nach Kapstadt kommt. Wir werden uns dort dauerhaft niederlassen und bitten um die Erlaubnis, dass unsere Tochter mit uns reisen darf.“
Radcliff traute seinen Ohren nicht. Sie wollten ihm Justine wegnehmen? Dazu hatten sie kein Recht. Sie gehörte nicht ihnen. Nicht mehr. „Kapstadt ist recht weit von mir und London entfernt.“
„Genau darum geht es.“ Lady Marwood bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. „An dem Ort, wo sie einst so glücklich war, wird Justine wieder Frieden finden. Sie braucht Zeit – Zeit für sich, fern von Ihnen und den Ansprüchen des ton, um zur Vernunft zu kommen und eine weisere Entscheidung zu treffen. Obwohl wir sehr zu schätzen wissen, was Sie für unsere Familie getan haben, lässt sich doch nicht leugnen, dass unsere Tochter, die uns das Wichtigste auf Erden ist, dabei zu kurz gekommen ist. Wenn Justines Wohl Ihnen am Herzen liegt, Euer Gnaden, gestatten Sie Justine, uns für ein Jahr nach Kapstadt zu begleiten.“
„Für ein Jahr?“ Radcliff machte einen Schritt auf sie zu und musste sich sehr bemühen, seinen Zorn zu zügeln. „Nein, das werde ich nicht zulassen. Wie können Sie es wagen, hier einfach so hereinzuspazieren und sich zwischen uns zu stellen? Sie ist meine Frau. Und deshalb wird sie auch an meiner Seite bleiben, bis dass
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