Der Duke, der mich verführte
ihn mit ihren Krawatten sicher verschnürten. Zum ersten Mal war Justine dafür dankbar, nur männliche Bedienstete zu haben.
„Bradford“, stöhnte Matilda und hielt sich verzweifelt den Bauch. „Justine.“ Ein gequälter Schrei trat über ihre Lippen, und sie wiegte sich vor und zurück. „Ich … ich bin triefnass. Oh Gott … das Baby. Es kommt!“
Justine stockte für einen Moment der Atem, dann machte sie sich aus Radcliffs Armen frei und raffte sich hoch. Schwankend stand sie da, doch sie wusste, was jetzt zu tun war. „Radcliff! Das Baby kommt. Wir brauchen einen Arzt. Wir brauchen ein Bett.“
„Justine, bitte.“ Sanft zog Radcliff sie wieder zu sich herab und umfing mit den Händen ihr Gesicht. „Bleib hier. Rühr dich um Gottes willen nicht von der Stelle. Ich werde mich um sie kümmern und nach einem Arzt schicken lassen. Aber du bleibst hier. Ich bin gleich wieder da.“
Justine nickte, holte ein paar Mal tief Luft und versuchte, sich nicht vom Schmerz überwältigen zu lassen.
Als Radcliff zu Matilda ging und sie hochhob, stieß sie abermals einen gequälten Schrei aus.
Justine konnte es kaum ertragen. Obwohl Radcliff wollte, dass sie hierbliebe, hievte sie sich hoch und folgte den beiden auf wackeligen Beinen. Nichts – nicht einmal die Schwäche ihres eigenen Körpers – würde sie der Geburt von Matildas Kind fernhalten.
20. Skandal
Die Geburt eines Kindes gibt stets Anlass zur Freude – es sei denn, das Kind wird unehelich geboren.
aus: Wie man einen Skandal vermeidet
E in lang gezogener, gellender Schrei ließ die Wände erbeben. Radcliff fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und sprang von dem Stuhl auf, den er vor Justines Schlafzimmer gestellt hatte. Dabei konnte ja keiner ruhig sitzen bleiben. Rastlos begann er auf und ab zu gehen.
So hatte er sich Justines Leben als Duchess nicht vorgestellt. Dass sein Bruder sie verprügelte. Undenkbar! Und nun stand sie dessen Geliebter auch noch bei der Geburt ihres Kindes bei.
Wenn nur die schrecklichen Bilder endlich verschwinden würden, die ihm nicht mehr aus dem Sinn wollten und ihm ganz weh ums Herz werden ließen. Seine schöne Justine … seine Justine, wie sie auf dem Boden lag und von Carlton mit dem Stock geschlagen wurde. Nein, so hatte er sich ihr gemeinsames Leben wahrlich nicht vorgestellt.
Wieder fuhr ein gellender Schrei Matildas ihm durch Mark und Bein. Radcliff ließ sich an die Wand sinken und kniff die Augen zusammen.
„Vergib mir, Justine“, flüsterte er heiser. „Vergib mir, dass ich dich nicht besser beschützen konnte.“
Am Abend
„Euer Gnaden“, insistierte Dr. Ludlow, und seine Stimme klang matt. „Wenn ich Sie bitten dürfte, das Zimmer nun zu verlassen.“
Justine trat zu Matilda, die sich in höchster Qual auf dem Bett wand, und dachte gar nicht daran, der Bitte des Arztes nachzukommen. Matilda brauchte sie. Jetzt erst recht.
Schweißnass klebte das blonde Haar Matilda im erhitzten Gesicht. Sie rang hörbar nach Atem, und schon löste sich der nächste markerschütternde Schrei von ihren Lippen, durchschnitt die Stille des Zimmers.
Justine konnte es nicht länger ertragen. An Dr. Ludlow gewandt sagte sie: „So tun Sie doch etwas! Lange hält sie das nicht mehr durch.“
Der schnaubte nur leise, schüttelte das kahle Haupt und beugte sich – etwas ratlos, wie es Justine scheinen wollte – über seinen Fundus medizinischer Instrumente, die er auf dem Tisch am Bett bereitgelegt hatte.
Justine ergriff Matildas heiße, feuchte Hand und drückte sie. „Nur Mut“, sagte sie. „Sie schaffen das schon.“
Matilda fuhr sich mit der Zungenspitze über die spröden Lippen, nickte schwach und flüsterte: „Ich weiß. Ich weiß.“
„Der Schmerz wird vorübergehen. Dann haben Sie es hinter sich. Bald. Ganz bestimmt.“ Justine beugte sich über sie und küsste Matilda die erhitzte Stirn. Sie fühlte sich fiebrig an.
Voller Ungeduld drehte sich Justine nach dem Arzt um.
Er wischte sich die Hände an der Schürze ab und nahm ein Skalpell von einem der vielen Tabletts, die auf dem Tisch herumstanden. Das kleine, scharfe Messer in der Hand, trat er ans Fußende des Bettes und entblößte Matildas Beine und ihren imposanten, aufgewölbten Bauch.
Justine blieb schier das Herz stehen. Mit einem Satz war sie bei ihm und packte ihn beim Handgelenk, hielt seine Hand fest. „Was haben Sie vor?“
Dr. Ludlow rang sichtlich um Beherrschung und sah sie an. „Das Kind stirbt uns.“
Justine hielt
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