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Der dunkle Fluss

Der dunkle Fluss

Titel: Der dunkle Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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Gesicht.
    Sie erinnerte sich an mich.
    Sie nahm meine Bestellung auf, wobei ich den Blick nicht von dem karierten Ärmel ihrer Polyesterbluse wandte. So war es einfacher für uns beide. Der dicke Mann mit den Wurstfingern erkannte mich auch. Sie tuschelten an der Kasse miteinander, und es war klar, dass »angeklagt« dasselbe bedeutete wie »verurteilt«, auch noch nach fünf Jahren.
    Während ich aß, wurde es voller: Arbeiter, Angestellte, von allem ein bisschen. Die meisten wussten, wer ich war. Niemand sprach mich an, und ich fragte mich, wie weit das mit den gemischten Gefühlen angesichts der Sturheit meines Vaters zu tun hatte und wie weit mit der Überzeugung, dass ich eine Art Monster sei. Ich schaltete mein Handy ein und sah, dass Robin dreimal angerufen hatte.
    Die Kellnerin kam herangeschlurft und blieb so weit vor meinem Tisch stehen, wie es ging, ohne dass es auffällig war. »Noch wams?«, fragte sie. »Nein«, sagte ich. »Ihre Rechnung.« Sie legte sie auf die Tischkante und schob sie mit dem Mittelfinger zu mir herüber.
    »Danke.« Ich tat, als hätte ich den Mittelfinger nicht bemerkt.
    »Bitte.«
    Ich blieb noch sitzen und trank den Rest Kaffee. Ein Streifenwagen hielt am Straßenrand. George Tallman stieg aus. Er warf ein bisschen Kleingeld in einen Zeitungskasten, dann blickte er auf und sah mich durch die Fensterscheibe. Ich winkte ihm kurz zu. Er nickte und zog sein Handy hervor, um zu telefonieren. Als er hereinkam, schob er sich mir gegenüber auf die Bank und legte seine Zeitung auf den Tisch. Er streckte mir die Hand herüber, und ich schüttelte sie.
    »Wen hast du abgerufen?«, fragte ich.
    »Deinen Dad. Er hatte mich gebeten, die Augen offenzuhalten.« Er hob die Hand, um die Kellnerin auf sich aufmerksam zu machen, bestellte ein gewaltiges Frühstück und deutete auf meine leere Kaffeetasse. »Noch einen?«, fragte er.
    »Gern.«
    »Und noch Kaffee«, sagte er zu der Kellnerin, die ihre Augen verdrehte.
    Ich betrachtete ihn in seiner Uniform, einem marineblauen Overall mit Unmengen von Goldbesatz und klirrendem Metall. Dann schaute ich aus dem Fenster und sah den großen Hund, der aufrecht auf dem Rücksitz seines Wagens saß.
    »Bist du auch bei der Hundestaffel?«, fragte ich.
    Er grinste. »Die Kids lieben den Hund. Manchmal nehme ich ihn mit.« Sein Frühstück kam. »Du und mein Dad, ihr versteht euch also ziemlich gut?«, sagte ich.
    George zerschnitt seine Pfannkuchen in säuberliche Quadrate und legte Messer und Gabel dann sorgfältig auf den sauberen Rand seines Tellers. »Du kennst meine Geschichte, Adam. Ich komme aus dem Nichts. Mein Vater eine Lusche, meine Mom mal da, mal weg. Ich werde niemals Geld oder eine gute Stellung haben, aber Mr. Chase hat mich nie von oben herab behandelt oder so getan, als wäre ich nicht gut genug für seine Tochter. Für deinen Vater würde ich alles tun. Das sollst du wissen, vor allem anderen.«
    »Und Miriam ?«
    »Die Leute glauben, ich bin des Geldes wegen mit Miriam zusammen.«
    »Geld spielt immer eine Rolle«, sagte ich.
    »Aber wir können uns nicht aussuchen, wen wir lieben.«
    »Dann liebst du sie?«
    »Ich liebe sie seit der Highschool, vielleicht länger. Ich würde alles für Miriam tun.« Sein Blick füllte sich mit Überzeugung.
    »Und sie braucht mich. Niemand hat mich jemals gebraucht.«
    »Freut mich, dass alles gut ist.«
    »Es ist nicht alles gut; versteh mich nicht falsch. Miriam ist ...
    na ja, sie ist eine zerbrechliche Frau, aber wie gutes Porzellan, weißt du? Zerbrechlich und schön.« Er hob die schweren Hände vom Tisch und legte die Finger zusammen, als halte er zwei Teetassen an ihren zarten Henkeln. »Ich muss behutsam sein.« Er ließ die imaginären Tassen auf den Tisch sinken, hob die Hände wieder und spreizte die Finger. Er lächelte. »Aber das bin ich gern.«
    »Freut mich für dich.«
    »Deine Stiefmutter war nicht gleich einverstanden.« Er senkte die Stimme, sodass ich seine nächsten Worte beinahe nicht verstand. »Sie findet, ich bin eine Arbeitsbiene.«
    »Was?«
    »Sie hat Miriam gesagt, mit einer Arbeitsbiene kann man ausgehen, aber man heiratet sie nicht.« Ich nahm einen Schluck Kaffee, und George griff zu seiner Gabel. Er sah aus, als warte er auf etwas. »Du bist also einverstanden?«, fragte er schließlich.
    Ich stellte meine Tasse hin. »Ist das dein Ernst?« Er nickte, und ich bekam Mitleid mit ihm. »Ich habe kein Recht auf eine Meinung dazu, George. Ich war lange weg. Und als ich

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