Der dunkle Fluss
Dann zuckte er die Achseln. »Also gut. Als Sie mir erzählten, dass Ms. Shepherd vor Ihnen weggelaufen sei, da habe ich Sie gefragt, ob Sie ihr gefolgt seien, und Sie haben es verneint.«
»Ist das eine Frage?«
»Haben Sie Ms. Shepherd verfolgt, als sie vor ihnen weglief?«
Ich sah Robin an. Sie sah klein aus auf dem harten Stuhl. »Ich habe Grace Shepherd nicht überfallen.«
»Wir haben mit jedem Arbeiter auf der Farm Ihres Vaters gesprochen. Einer von ihnen ist bereit, unter Eid auszusagen, dass Sie Ms. Shepherd sehr wohl verfolgt haben, als sie vom Steg weglief. Er ist ganz sicher. Sie rannte weg, Sie folgten ihr. Ich möchte wissen, warum Sie uns in diesem Punkt belogen haben.«
Die Frage kam nicht überraschend. Mir war immer klar gewesen, dass jemand uns gesehen haben konnte. »Ich habe Sie nicht belogen. Sie haben mich gefragt, ob ich ihr gefolgt sei, und ich habe gesagt, es war eine andere Art von Weglaufen. Den Rest haben Sie sich selbst zusammengereimt.«
»Ich habe keine Lust auf Wortspiele.«
Ich zuckte die Achseln. »Ich war nicht glücklich über das Ende unseres Gesprächs. Sie war aufgebracht. Ich wollte weiter mit ihr reden. Dreißig Schritte hinter dem Waldrand habe ich sie eingeholt.«
»Warum hast du uns das nicht erzählt?« Es war Robins erste Frage.
Ich sah ihr in die Augen. »Weil ihr mich dann gefragt hättet, worüber wir gesprochen haben.« Ich dachte an das Letzte, was Grace zu mir gesagt hatte, und daran, wie sie im Schatten der tief hängenden Äste gezittert hatte. »Und das geht niemanden etwas an.«
»Aber ich frage Sie danach«, sagte Grantham.
»Es ist privat.«
»Sie haben mich angelogen.« Jetzt war er wütend. »Ich will wissen, worüber Sie gesprochen haben.« Ich antwortete langsam, damit ihm kein Wort entging. »Lecken Sie mich am Arsch.«
Grantham stand auf. »Ms. Shepherd wurde nur eine halbe Meile weit von dieser Stelle überfallen, und Sie haben uns falsche Angaben über Ihre Handlungen zum entsprechenden Zeitpunkt gemacht. Seit Sie wieder hier sind, haben Sie außerdem zwei Männer krankenhausreif geschlagen und stehen zumindest peripher im Verdacht der Brandstiftung in einem Methamphetamin-Labor und des Gebrauchs einer Schusswaffe. Wir haben heute auf der Farm Ihres Vaters einen Leichnam geborgen, den Sie zufällig entdeckt haben. So etwas passiert nicht oft in Rowan County. Wenn ich sagen wollte, ich bin von Ihnen fasziniert, Mr. Chase, dann wäre das ein massives Understatement. Ein massives Understatement.«
»Sie sagen, ich bin nicht verhaftet. Ist das richtig?«
»Das ist richtig.«
»Dann haben Sie hier meine Antwort.« Ich hob die Hand und streckte ihm den Mittelfinger entgegen.
Grantham setzte sich wieder. »Was tun Sie in New York, Mr. Chase?«
»Das geht Sie nichts an.«
»Wenn ich mich an die New Yorker Behörden wende, was werden sie mir über Sie erzählen?« Ich schaute weg. »Was hat Sie nach Rowan County zurückgeführt?«
»Geht Sie nichts an«, sagte ich. »Fragen Sie mich, ob Sie mir ein Taxi rufen dürfen. Die Antwort auf jede andere Frage lautet: >Das geht Sie nichts an.<«
»Sie helfen sich selbst nicht, Mr. Chase.«
»Sie sollten gegen die Leute ermitteln, die wollen, dass mein Vater verkauft, und die Drohungen gegen ihn aussprechen. Darum geht es in Wirklichkeit bei dem Überfall auf Grace. Weshalb um alles in der Welt verplempern Sie Ihre Zeit mit mir?«
Grantham warf Robin einen Blick zu und zog die Mundwinkel herunter. »Ich wusste nicht, dass Sie darüber informiert sind«, stellte er fest.
»Das war ich«, sagte Robin hastig. »Sie hatten ein Recht darauf, es zu erfahren.«
Grantham nagelte Robin mit seinen verwaschenen Augen fest, und seine Wut war unübersehbar. Sie hatte eine Grenze überschritten und weigerte sich zurückzuweichen. Sie hielt den Kopf hoch erhoben und zuckte nicht mit der Wimper. Er wandte sich wieder mir zu, aber ich wusste, die Sache war damit nicht erledigt. »Kann ich annehmen, dass inzwischen jeder darüber in Kenntnis ist?«
»Sie können annehmen, was Sie wollen«, sagte ich.
Wir starrten einander an, bis Robin das Schweigen brach. Sie sprach leise. »Wenn es noch irgendetwas gibt, das du uns erzählen möchtest, Adam, dann ist jetzt der richtige Augenblick dazu.«
Ich dachte an die Gründe für meine Rückkehr und an das, was Grace zu mir gesagt hatte. Dann dachte ich an Robin und an die Leidenschaft, die wir vor so kurzer Zeit miteinander empfunden hatten; ich dachte an ihr Gesicht
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