Der dunkle Fluss
darüber nachdenken konnte. Die Einhaltung der Gesetze stand nicht auf der Liste meiner Prioritäten. »Verstehst du das?«
Sie schluckte. »Es ist mir egal.«
»Du hast dich für mich entschieden, nicht für Dolf. Ich will nicht, dass dir etwas passiert. Du schuldest Dolf gar nichts.«
»Deine Probleme sind meine Probleme.«
»Wie wär's damit? Du hilfst mir da, wo du nichts riskierst.« Sie überlegte. »Womit zum Beispiel?«
»Mit Informationen.«
»Ich arbeite nicht mehr an dem Fall, das weißt du doch. Ich habe kaum Informationen.«
»Wie ist es mit dem Motiv? Grantham muss doch eine Theorie darüber haben. Hast du da etwas gehört?«
Sie hob die Schultern. »Nur Gerede. Dolf hat in der Vernehmung kein Motiv angegeben. Sie haben versucht, ihn festzunageln, aber er ist vage geblieben. Es gibt zwei Theorien. Die erste ist simpel. Dolf und Danny haben zusammengearbeitet. Sie hatten eine Auseinandersetzung, einen Streit, der zu weit ging. Passiert andauernd. Die zweite läuft auf Geld hinaus.«
»Was heißt das?«
»Vielleicht war Dolf derjenige, der die Rinder getötet und die Außengebäude angezündet hat. Vielleicht hat Danny ihn dabei erwischt und wurde umgebracht, weil er Ärger machte. Alles sehr dünn, aber die Geschworenen würden zuhören.«
Ich schüttelte den Kopf. »Dolf hätte damit nichts zu gewinnen gehabt, weder so noch so.« Robin verzog verwundert das Gesicht. »Aber natürlich hätte er. Genau wie dein Vater. Genau wie Zebulon Faith.«
»Das Land gehört meinem Vater. Das Haus, das Land. Alles.«
Robin lehnte sich zurück und legte die Hände auf die Tischkante. »Das glaube ich nicht, Adam.« Sie legte den Kopf zur Seite, immer noch verwirrt. »Dolf besitzt achtzig Hektar und das Haus, in dem wir hier sitzen.«
Ich öffnete den Mund, aber ich brachte kein Wort heraus. Robin sprach langsam, als sei ich nicht ganz richtig im Kopf. »Das wären sechs Millionen Dollar auf der Grundlage des letzten Angebots. Ein verdammt gutes Motiv, deinen Vater zum Verkauf zu zwingen.«
»Das kann nicht stimmen.«
»Du kannst es nachprüfen.«
Ich dachte darüber nach und schüttelte den Kopf. »Zunächst einmal ist es ganz ausgeschlossen, dass Dolf ein Teil dieser Farm gehört. Das würde mein Vater niemals tun. Und zweitens« — ich konnte sie nicht ansehen — »zweitens: Er ist todkrank. Geld kann ihn nicht mehr interessieren.«
Robin begriff, was diese Offenbarung mich kostete, aber sie blieb unbeirrbar. »Vielleicht tut er es für Grace.« Sie legte ihre Hand auf meine. »Und vielleicht möchte er lieber irgendwo weit weg von hier an einem Strand sterben.«
Ich sagte Robin, ich müsse allein sein. Sie drückte mir einen sanften Kuss auf die Wange und bat mich, sie später anzurufen. Was sie da gesagt hatte, ergab keinen Sinn. Mein Vater liebte dieses Land wie sein eigenes Leben. Es zu bewahren, betrachtete er als seine besondere Pflicht — es für die Familie zu erhalten, für die nächste Generation. In den vergangenen fünfzehn Jahren hatte er es teilweise auf seine Kinder überschrieben, aber das hatte er aus Gründen der Vermögensnachfolgeplanung getan, und die Besitzrechte waren lediglich Anteile in einer Familienpartnerschaft. Er behielt die Kontrolle über das Ganze, und ich wusste, er würde sich niemals von einer Handbreit Boden trennen, nicht einmal für Dolf.
Um acht fuhr ich zum Haus, um meinen Vater danach zu fragen, aber sein Truck war nicht da. Vermutlich war er immer noch hinter den Hunden her. Ich sah mich nach Jamies Truck um, doch auch der war nicht zu sehen. Im Haus war es still wie in einer Kathedrale. Ich ging durch die Diele zum Arbeitszimmer meines Vaters. Ich wollte das, was Robin gesagt hatte, mit etwas mehr Kontext ausstatten. Mit einem Besitztitel, einer Überschreibungsurkunde, mit irgendeinem Dokument. Ich zog an der obersten Schublade des Aktenschranks, aber sie war verschlossen. Sämtliche Schubladen waren verschlossen.
Ich stand da und überlegte, als ein Farbschimmer durch das Fenster blitzte und mich ablenkte. Ich ging hinüber und sah Miriam im Garten. Sie trug ein solide aussehendes schwarzes Kleid mit langen Ärmeln und hochgeschlossenem Kragen und schnitt Blumen mit der Gartenschere ihrer Mutter. Sie kniete im feuchten Gras, und ich sah, dass das Kleid feucht war, weil sie es schon ein paarmal getan hatte. Die Schere schloss sich um einen Stiel, und eine Rose von der Farbe des Sonnenaufgangs fiel ins Gras. Sie hob sie auf und tat sie zu dem
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