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Der dunkle Grenzbezirk

Der dunkle Grenzbezirk

Titel: Der dunkle Grenzbezirk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Ambler
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um Rat. Er befand sich, wie er erfuhr, im deutschen Teil der Stadt. In anderen Stadtvierteln gäbe es aber noch Läden, die offen hätten. Carruthers sagte »Zum nächsten Warenhaus«, lehnte sich im Sitz zurück und betrachtete die düstern neogothischen Fassaden und die bemalte Stukkatur der Häuser.
    Zehn Minuten später machte er sich mit einem neuen vollen Koffer auf die Suche nach einer Kamera. Der Ladenbesitzer war sehr zuvorkommend und zeigte ihm einen kleinen Fotoapparat, der nicht nur selbst bei kümmerlichstem Licht scharfe Aufnahmen machen konnte, sondern auch noch den Vorteil hatte, so klein zu sein, daß er bequem in der Innentasche des Rockes Platz hatte. Er kaufte auch die nötigen Filme und verließ hochzufrieden den Laden. Dann kam ihm sein Browning in den Sinn. Außer den 20 Schuß im Magazin hatte er keine Munition. Er versuchte, welche zu kaufen, aber wie er vorausgesehen hatte, mußte er dabei einige Formalitäten erledigen.
    Bis zur Abfahrt des Zuges blieb ihm noch mehr als eine Stunde, und so ging er in ein Café. Er setzte sich auf einen Stuhl in der Nähe der Hauswand, bestellte einen Vermouth Cassis und blätterte flüchtig in einer Schweizer Zeitung, die jemand auf dem Tisch hatte liegen lassen.
    In Dijon hatte ein Geschäftsmann seine Frau und ihren Liebhaber mit einem Beil erschlagen. Die Genfer Hoteliers bezeichneten den Vorschlag, der Völkerbund solle seinen Sitz in Wien aufschlagen, als »unethisch«. Bei Grindelwald war ein Bergunglück geschehen. Dann fiel sein Blick auf einen kleinen Absatz.
     
    MYSTERIÖSES VERSCHWINDEN EINES
ENGLISCHEN WISSENSCHAFTLERS
    Geheimnis umhüllt das unverständliche Verschwinden eines berühmten englischen Wissenschaftlers, der vor einigen Tagen in die Ferien gefahren ist. Ein Bauer aus der Provinz Cornwall entdeckte vor zwei Tagen auf einer einsamen Straße ein umgestürztes Auto samt Gepäck. Vom Fahrer war jedoch keine Spur zu finden. Nachforschungen ergaben, daß Wagen und Gepäck Eigentum von …
     
    »Verzeihung, mein Herr.«
    Carruthers schaute auf. Ein älterer Deutscher versuchte, sich zwischen den nahe beisammen stehenden Tischen durchzudrängen. Carruthers murmelte eine Entschuldigung, stand auf, um den Mann durchzulassen, und schaute so zufällig über die Straße.
    Ein Taxi war an den Straßenrand gefahren, um einen Gast aussteigen zu lassen, und fuhr jetzt wieder weg. Als der Mann aus dem Dunkel ins Licht der Straßenlampe trat, erkannte ihn Carruthers. Es war Groom.
    Was hatte denn der in diesem Stadtteil zu suchen? Die Badenstraße war doch ganz in der Nähe des Bahnhofs. Rasch legte Carruthers etwas Geld auf den Tisch, die Zeitung daneben, nahm seinen Koffer und verließ das Café. Er sah Grooms rundliche Gestalt schnellen Schrittes auf der andern Straßenseite dahingehen. Er wartete, bis der Abstand etwa 70 Meter betrug, und ging dann auf seiner Straßenseite hinter Groom her. Plötzlich verschwand dieser in einer schmalen Seitengasse. Carruthers rannte bis zur Ecke und sah ihn gerade noch in eine Passage zur rechten einbiegen. Schnell und so unhörbar wie möglich folgte ihm Carruthers das Kopfsteinpflaster hinunter bis zur Passage. Vorsichtig schaute er hinein. Groom war nirgends zu sehen.
    Es war sehr dunkel hier und es stank. Eine einzige altmodische Lampe hing über der Passage und warf ein schwaches Licht auf die Straße. Die Passage, die durch die Seitenwände zweier schäbiger Gebäude gebildet wurde, war etwa sechs Meter lang und schien in eine Sackgasse zu münden. Schnell huschte Carruthers hindurch und lauschte angespannt auf näherkommende Schritte. Jetzt befand er sich im Schutz der dunklen Sackgasse. Auf der einen Seite war, wie der muffige Geruch vermuten ließ, ein Lagerhaus. Auf der andern Seite standen drei baufällige Häuser. In einem von ihnen mußte Groom verschwunden sein. Jedoch waren alle Läden dieser Häuser geschlossen, und sie waren offensichtlich unbewohnt.
    Carruthers schaute auf seine Uhr. Im schwachen Licht der Lampe sah er, daß er noch genügend Zeit hatte, um den Zug zu erreichen. Groom mußte ja schließlich auch auf diesen Zug. Und wenn Groom bald wieder erschien, konnte er, Carruthers, vielleicht noch herauskriegen, was für dubiose Geschäfte einen Direktor von Cator & Bliss in diese stinkende Gasse führten.
    Er schaute sich nach einem Versteck um. Das Lagerhaus schien ihm hierfür geeignet zu sein. Es hatte zwei schwere, unter großen Steinbögen in die Hausmauer eingesetzte Doppeltüren,

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