Der dunkle Herzog
die Uniform eines Stalljungen, die viel zu groß für ihn war. Er starrte Hart voller Hass an, dann griff er in seine offen stehende Jacke, zog einen Revolver hervor und schoss auf Hart.
15
Eleanor schrie und stieß Hart so heftig zur Seite, dass er sie losließ. Sie hörte den Knall der Pistole, roch den beißenden Geruch des Schusses, spürte, dass sie fiel, hörte Hart fluchen. Seine Stimme war das Letzte, was sie wahrnahm, bevor sie von Schmerz und Ohnmacht überwältigt wurde.
Als sie wieder zu Bewusstsein kam, lag sie am Boden, Hart auf ihr und Daniel und Cameron auf ihm. Es herrschten Geschrei, Weinen, Fluchen.
Hart legte die Hände um Eleanors Gesicht, in seinen Augen irrlichtete Angst. »El.«
Es geht mir gut,
versuchte Eleanor zu sagen. Sie hatte keine Kraft, die Worte auszusprechen. Sie schaute an ihrem wunderschönen Hochzeitskleid herunter und sah, dass es rot von Blut war.
Ach herrje. Isabella wird darüber sehr ärgerlich sein.
»Eleanor, lieg still.« Harts Stimme klang rau.
Cam und Daniel standen auf. Cameron brüllte aus vollen Lungen Befehle, die Lautstärke tat Eleanor im Kopf weh. Daniel lief davon.
Eleanor berührte Harts Brust – er war unverletzt, kein Blut. Gott sei Dank.
»Ich dachte, er hätte dich getroffen.« Eleanors Worte klangen verwaschen. Sie versuchte, Hart von sich hinunterzuschieben, aber ihre Hände waren zu schwach.
»Beweg dich nicht.« Hart richtete sich auf und zog sie an sich. Sie barg den Kopf an seiner Brust. »El, es tut mir so leid.«
Aber Hart hatte doch gar nicht geschossen. Dieser Junge hatte den Schuss abgefeuert.
So jung, so jung … armer Junge.
Lord Ramsay kniete sich neben sie, sein Gesicht war von schrecklicher Sorge verzerrt. »Eleanor. Meine süße kleine Eleanor.«
Hart schaute hoch in die Gesichter, die sie umringten, und sah, dass Cameron zurückgekommen war. »Sag, dass du ihn hast. Sag mir, du hast den Bastard.«
Cameron nickte grimmig. »Fellows kümmert sich um ihn. Er und der Constabler bringen ihn ins Dorfgefängnis.«
»Nein, ich will ihn hier haben.« Harts Stimme durchschnitt den Lärm des Aufruhrs. »Bringt ihn in mein Arbeitszimmer und bewacht ihn.«
»Wie ist er an euch vorbeigekommen?«, bellte Hart seine Männer an, und wirklich – Eleanor hatte Kopfschmerzen.
Er ist doch noch ein Junge. Wer achtet auf einen Jungen, der geschickt wird, um die Pferde zu halten?
Eleanor hörte, dass die Männer Hart antworteten, aber das Schwindelgefühl in ihrem Kopf bewirkte, dass sich alles um sie herum drehte. Sie musste die Augen schließen. Als sie sie das nächste Mal öffnete, beugten sich Isabella, Beth und Ainsley über sie.
»Überlass sie uns, Hart«, sagte Beth. »Sie muss untersucht werden.«
Hart wollte Eleanor nicht fortlassen. Er hielt Eleanor auf seinem Schoß und an seine Brust gedrückt, grenzenlose Wut lag auf seinem Gesicht. In seinen Augen jedoch standen Tränen und ließen das Gold in ihnen glitzern.
Eleanor versuchte, nach ihm zu greifen und ihn zu trösten, aber ihre Hand fiel kraftlos zurück.
Sorge dich nicht, Hart. Sie müssen mir nur helfen, mein Kleid zu richten. Alles wird gut.
Ihre Worte waren nur ein Murmeln, was ihr Sorge bereitete. Beth hielt ihr ein Glas unter die Nase. »Trink das.«
Eleanor gehorchte, weil sie plötzlich sehr durstig war. Das Wasser schmeckte nicht, aber sie trank. Es lief ihr die Kehle hinunter, und ihre Glieder wurden schlaff.
Wir sollten jetzt gehen und unsere Gäste begrüßen
, versuchte sie zu sagen.
Isabella hat alles so sorgfältig geplant …
Als Eleanor wieder aufwachte, lag sie in ihrem Bett, und ihr linker Arm fühlte sich steif und heiß an. Statt ihres schönen Hochzeitskleides trug sie ein Nachthemd. Das Sonnenlicht fiel schräg durch die Fenster, und sie schloss daraus, dass es spät am Nachmittag war.
In heftigem Erschrecken warf Eleanor die Decke von sich. Heute war ihr Hochzeitstag! Warum hatten Maigdlin oder Isabella sie nicht geweckt? Sie hatte von der Hochzeit geträumt – den Menschen, der Königin, Hart, der mit seinem Plaid so wunderbar anzusehen war, seine Augen, in denen sich Triumph gespiegelt hatte.
Eleanor setzte sich auf, aber noch immer drehte sich in ihrem Kopf alles so sehr, dass sie auf die Kissen zurücksank. Nachdem sie einige Male tief durchgeatmet hatte, hob sie erneut den Kopf, vorsichtiger dieses Mal.
Sie stellte fest, dass ihr linker Arm vom Handgelenk bis zur Schulter fest bandagiert war. Überrascht starrte sie auf den Verband. Kein
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