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Der dunkle Herzog

Der dunkle Herzog

Titel: Der dunkle Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Ashley
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Nordirlands oder der Hebriden. Sein schwarzes Haar war schlecht und stoppelig kurz geschnitten, seine Augen waren so blau wie Glas, seine Wangen waren leicht gerötet. Auf seinem Gesicht lag der Ausdruck größten Schreckens.
    Hart sagte nichts. Er hatte vor langer Zeit herausgefunden, dass Schweigen eine scharfe Waffe war. Jemanden zu zwingen, zu warten und sich zu fragen, was Hart dachte, verschaffte ihm von Anfang an die Oberhand. Der Junge starrte ihn an, sein Trotz und sein Wagemut lösten sich unter Harts Blick auf.
    »Wie ist dein Name?«, fragte Hart.
    »Er wird ihn nicht nennen«, sagte der Konstabler von der anderen Seite des Zimmers. »Nicht einmal, wenn wir ihn schlagen.«
    Hart ignorierte ihn. »Wie ist dein Name, Bursche?«
    »Darragh.« Seine Stimme war leise und kratzig, und er sprach in einem unverkennbaren Tonfall.
    »Du bist Ire, richtig?«
    »Erin go bragh.«
    Hart stieß sich vom Schreibtisch ab und ging zu einem Stuhl, der vor einem der Fenster stand, es war der einfachste Stuhl im Zimmer. Er trug ihn zum Schreibtisch, stellte ihn ab, nahm darauf Platz und beugte sich vor, die Arme auf die Oberschenkel gestützt.
    »Es sind keine Fenier in diesem Zimmer«, sagte er dann. »Keiner der Kameraden oder der Jungen, mit denen du aufgewachsen bist, keiner der Männer, die dich bei sich aufgenommen und dir die Schusswaffe gegeben haben.«
    Die Waffe war ein ganz neuer, in Amerika hergestellter Smith-and-Wesson-Revolver, der ein nettes Sümmchen gekostet haben musste. »In diesem Moment bin ich der Einzige, der zwischen dir und dem Konstabler steht – und meinen Männern, von denen ich garantieren kann, dass es ihnen heftig in den Fäusten juckt, dich windelweich zu prügeln.«
    Etwas von Darraghs Tollkühnheit kehrte zurück. »Ich habe keine Angst vor ihnen.«
    »Ich an deiner Stelle hätte Angst. Meine Männer sind Preisboxer gewesen, einige von ihnen die besten, die England je hervorgebracht hat. Die meisten sind Faustkämpfer, die sich nicht damit aufhalten, Regeln zu beachten. Die Kämpfe, die sie ausgetragen haben, waren nicht immer legal.«
    Darragh wirkte leicht verunsichert, aber sein Kinn blieb vorgestreckt. »Sie haben es verdient zu sterben.«
    Hart nickte. »Viele Leute denken das. Einige wollen mich tot sehen, weil sie meine Familie seit so langer Zeit hassen, dass es schon Tradition hat. Und ich gebe zu, dass ich mehr Feinde als Freunde habe. Warum denkst du, dass ich es verdiene zu sterben?«
    »Alle stinkenden Engländer verdienen es zu sterben, bis die Iren frei sind.«
    »Ich bin kein Engländer, und zufällig bin ich deiner Meinung.«
    »Sind Sie nicht. Sie haben den einzigen Engländer ausgeschaltet, der sich für uns eingesetzt hat. Sie haben die Unabhängigkeit der Iren in Stücke gerissen.«
    »Ist das so, Bursche? Sag mir, was das
Irish Home Rule-
Gesetz bedeutet.«
    Der Junge befeuchtete sich die Lippen und wandte den Blick ab. »Englische Worte. Sie bedeuten gar nichts.«
    »Niemand hat sich die Mühe gemacht, es dir zu erklären, hab ich Recht? Sie haben dir eine Waffe in die Hand gedrückt und dir gesagt, du müsstest für den Ruhm Irlands kämpfen. Um was es im Kern der
Home Rule
geht, stand in den letzten Jahren jeden Tag in jeder Zeitung. Alles, was du darüber wissen musst, war darin zu lesen.« Hart wartete, bis der Junge ihn wieder ansah. »Aber du kannst nicht lesen, nicht wahr?«
    »Sie verdienen es, zu sterben«, wiederholte Darragh.
    »Deine Freunde erwarten etwas Unmögliches von dir. Sie wussten, dass man dich gefangen nehmen und vermutlich sogar töten würde, ob du nun Erfolg mit deinem Schuss auf mich haben würdest oder nicht. Ich nenne dir ein weiteres englisches Wort für dich. Entbehrlich.«
    »Sie haben mich nicht geschickt! Es war eine Ehre für mich, gehen zu dürfen.«
    »Wusstest du, dass die englische Königin hier sein würde?«
    Ein kaum wahrnehmbares Kopfschütteln.
    »Deine Freunde werden es gewusst haben. Du wärest niemals lebend von hier weggekommen, Darragh. Vielleicht wird es dir auch jetzt nicht gelingen. Die Leute hier reagieren sehr empfindlich auf Menschen, die die Königin in Gefahr bringen. Was mich angeht – ich bin nur ein Politiker und ein nichtsnutziger Bastard. Niemand würde mich vermissen. Aber auch wenn die Königin für dich der Teufel sein mag, viele in England und sogar in Schottland lieben und beschützen sie. Würden ihre Anhänger auch nur einen Moment lang vermuten, dass du hergekommen bist, um auf die Königin zu

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