Der dunkle Herzog
schießen, würden sie dich auf der Stelle in Stücke reißen. Bis zu einem Prozess würdest du gar nicht mehr lange genug leben, vom Gang zum Galgen ganz zu schweigen.«
»Ich wäre ehrenvoll gestorben.« Es war nur ein Flüstern.
»Nein, du wärst in Schrecken und Demütigung gestorben. Für deine Freunde bist du erledigt. Sie werden den nächsten eifrigen jungen Mann finden, der nach ihrer Pfeife tanzt, und eine Pistole für ihn kaufen. Dein Opfer ist vergebens.«
»Das stimmt nicht. Sie kennen sie doch gar nicht!«
»Ich mag ihre Namen nicht kennen, aber ich kenne Männer wie sie. Ich war einmal genauso wie sie. Ich dachte, die Schotten könnten sich selbst bewaffnen – mit mir als ihrem Führer – und Schottland den Engländern wieder abringen. Doch dann habe ich begriffen, dass die Macht der Worte sehr viel größer ist. Ich habe mein Schwert aus der Hand gelegt, und hier bin ich.«
»Sie sind ein Lügner. Sie machen mit denen gemeinsame Sache.«
»Nein, das tue ich nicht. Sie denken nur, dass ich das tue.« Hart gestattete sich ein Lächeln, doch es verschwand sofort wieder, und er beugte sich erneut vor. »Das Problem ist, dass ich dir vergeben kann, dass du auf mich geschossen hast, Darragh. Die beiden Male. Das in London warst du doch auch, richtig?«
Darragh nickte und schluckte.
»Ich verstehe, warum du es getan hast. Es hat eine Zeit gegeben, da hätte ich das Gleiche versucht. Aber was ich dir nicht vergeben kann, ist, dass du auf meine Frau geschossen hast.«
Bei der Veränderung in Harts Tonfall kehrte Darraghs ängstliche Miene zurück. Hart sah, dass der Junge begriffen hatte, dass Harts Wut jetzt einen persönlichen Grund hatte.
»Es sollte nicht –«
»Sag mir, wer deine Freunde sind, Darragh. Sie sind schuld daran, dass meine Frau in ihrem Blut am Boden liegt, noch dazu in ihrem Hochzeitskleid. Sie werden meinem Zorn nicht entgehen.«
Darragh schnappte nach Luft. »Ich werde Ihnen niemals –«
Die Worte des Jungen wurden von einer Unruhe vor der Nebentür zum Arbeitszimmer unterbrochen. Das Arbeitszimmer hatte einen großen Eingang, um Gäste zu beeindrucken, und eine schmalere Tür hinter dem Schreibtisch, die zu einem Vorzimmer und den hinteren Korridoren führte. Jemand diskutierte mit der Wache, die Hart vor der Nebentür postiert hatte, eine Frau mit einer sehr entschlossen klingenden Stimme.
»Entschuldige mich einen Moment«, sagte Hart und stand auf.
Darragh blieb auf seinem Stuhl sitzen und umklammerte dessen Armlehnen, während Hart zur Tür ging.
»Sie werden mich jetzt sofort dort hineinlassen«, war Eleanors Stimme zu hören. »Er ist mein Mann, und er ist dort drinnen mit einem Mörder. Gehen Sie sofort zur Seite.«
Die Antwort des Wachpostens war nicht zu verstehen. Hart riss die Tür auf.
Eleanor stand einen Meter von ihm entfernt und starrte ihn an. Sie war in einen Morgenrock aus schwerem Brokat gekleidet, ihr Haar hing in einem dicken rotgoldenen Zopf über ihre Schulter. Sie trug den Arm in einer Schlinge, und obwohl ihr Gesicht vor Schmerz blass war, versuchte sie, an Hart vorbei das Arbeitszimmer zu betreten.
Er streckte den Arm aus und versperrte ihr den Weg. »Eleanor, geh zurück ins Bett.«
»Nein, ganz gewiss nicht, Hart MacKenzie. Ich will wissen, was hier vorgeht.«
»Ich habe die Sache gut im Griff.« Er sah sie streng an, aber sein Herz schlug schneller vor Sorge. Eleanors Gesicht hatte sich gerötet, ihre Augen glänzten viel zu sehr. Sie mochte sich von der Verletzung erholen, aber er konnte sie immer noch an das Fieber verlieren, so, wie er Sarah und seinen Sohn verloren hatte. »Geh hinauf. Ich werde dir später alles berichten.«
Eleanor erwiderte seinen Blick einige weitere Sekunden lang, dann – mit einer Geschwindigkeit, über die eine verletzte Frau eigentlich nicht verfügen konnte – duckte sie sich unter seinem ausgestreckten Arm durch und eilte ins Arbeitszimmer. Hart unterdrückte einen Fluch und folgte ihr.
»Grundgütiger.« Eleanor sah Darragh überrascht an. »Wie alt bist du, Junge?«
»Das ist Darragh«, sagte Hart und stellte sich neben sie. »Er hat mir gesagt, dass er nicht auf dich schießen wollte.«
Eleanor ignorierte ihn. »Darragh wie? Du hast doch sicherlich einen Familiennamen.«
Darragh sah sie trotzig an, aber unter Eleanors bohrendem Blick knickte er ein. »Fitzgerald, Ma’am.«
»Woher kommst du?«
»Ballymartin. In der Nähe von Cork.«
»Du meine Güte. Du bist weit weg von zu Hause.«
»Ja,
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