Der dunkle Kreuzzug
Schlachtschiff, vier Transporter – in ein paar hundert Kämpfen mit ein paar tausend Toten. Ich kann mich nicht an die Anzahl der Sprünge erinnern. Und mich hat nie – ich wiederhole: nie – irgendetwas anderes interessiert als die Mission. Erich Anderson kann so viel Ruhm einheimsen, wie er will. Ich bin Soldat, und notfalls sitze ich für den Rest des Krieges hier, wenn das meine Befehle sind – aber in der Zwischenzeit kann ich nicht verstehen, warum ein Gefechtsschiff aus allen Gefechten herausgehalten wird. Das ergibt keinen strategischen Sinn … außer Erich ist derjenige, der eifersüchtig ist. Oder aber jemand vergiftet seinen Verstand.«
Owens Miene verfinsterte sich. »Ich weiß nicht, ob mir gefällt, was Sie damit andeuten wollen.«
»Standard ist eine sehr flexible Sprache, Owen. Sie können meine Worte deuten, wie Sie wollen. Aber ich möchte Sie was fragen: Wenn Sie für den Krieg so wichtig sind, warum sitzen Sie hier bei mir und drehen Daumen?«
»Jeder hat die Aufgabe, die ihm zugewiesen wurde. Es sei denn, Sie haben etwas dagegen einzuwenden.«
»Ich habe nicht vor, meinen Posten aufzugeben, wenn Sie das meinen.«
»Das meinte ich nicht damit. Ich glaube, niemand erwartet von Ihnen, Ihr Offizierspatent zurückzugeben. Warum denn auch?«
»Ich verbitte mir diesen herablassenden Ton.«
»Ich ebenfalls.« Seine Miene wurde noch finsterer, als hätte die Phosphorbeleuchtung an der Decke an Helligkeit verloren. »Sie wissen sehr gut, welche Aufgabe jeder in diesem Krieg erfüllt. Leider scheint es, dass Sie noch etwas entbehrlicher sind als ich.«
»Darauf würde ich nicht wetten.«
»Es sei denn, Ihre Quellen sind besser als meine …«
»Nur einen Rat noch«, sagte Barbara im Aufstehen. »Ich wäre sehr vorsichtig damit, mich von den wahren Entscheidungsträgern abzuwenden.«
Owen antwortete nicht, als Barbara die Tür öffnete und ohne einen Blick zurück den Raum verließ.
Corazón-System
Die imperiale Rundreise hatte Corazón erreicht, eine wohlhabende Industriewelt am Richtung Orion gelegenen Rand der Inneren Sphäre. Es war der zweiundzwanzigste Tag einer gemächlichen Reise durch die ältesten, am dichtesten bevölkerten Welten des Sol-Imperiums. Antonio St. Giles empfand es als logistischen Albtraum und als unglaubliche Zeitverschwendung.
Dennoch war es für ihn Pflicht und Ehre zugleich, persönlich die imperiale Familie auf dieser Reise zu begleiten. Während Fürst Cleon in der Residenz in Diamond Head geblieben war, reisten Imperator Dieter und Imperatorin Katja von Planet zu Planet und nahmen die Bewunderung und Verehrung der Bürger des Imperiums entgegen.
Corazón war ein Planet der Klasse eins mit einer Erbmonarchie, die von einer alten königlichen Familie auf Terra abstammte. Vor vierhundert Jahren hatte sie über die westlichste Halbinsel des europäischen Kontinents geherrscht, ein letztes Überbleibsel aus einem anderen Zeitalter voll Pomp und Zeremonien. Die Königsfamilie auf Corazón war jedoch im Begriff, um eine Stufe aufzusteigen. Duke Alistair Simón de los Garces, Fürst von New Segovia und Thronerbe von Corazón, würde bald Samantha Liliokulani Clotilde Ann heiraten, die Fürstessin von Maui, Tochter Seiner Imperialen Hoheit Dieter, des Sol-Imperators.
Als die Flotte aus Aircars nach Escorial Nuevo reiste, zum prahlerischen Marmorpalast in den Torreón Hills oberhalb von New Madrid, saß St. Giles in Gedanken versunken da.
Bald, überlegte er, wird der alte König Leo von Corazón an Mai Tais nippen und sich an der Gastfreundschaft der Inseln erfreuen. Und was den schneidigen Duke angeht …
Er konnte sich gut vorstellen, wie ungeduldig Fürstessin Samantha sein musste. Sie fuhr mit ihren Dienstmädchen einige Wagen hinter ihm, nachdem sie sich der Prozession bei Kensington angeschlossen hatte, um bei diesem Staatsbesuch ihren Zukünftigen zu sehen. Wahrscheinlich konnten die Wagen für ihren Geschmack gar nicht schnell genug fahren. Mit dreiundzwanzig war sie zehn Jahre jünger als Duke Alistair, der bereits verwitwet war, doch er hatte sie völlig in seinen Bann geschlagen. Im 3-V würde sich das gut machen, und vermutlich würde es auch eine ganze Schar von Thronfolgern geben.
Der schneidige Duke, dachte Tonio, wird auch an genügend Mai Tais nippen.
Alistair hatte sich in den letzten Monaten recht häufig auf den Inseln aufgehalten. Verlobt waren die Fürstessin und er schon seit fast vier Jahren, aber erst in diesem Frühjahr hatte man
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