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Der dunkle Kuss der Sterne

Der dunkle Kuss der Sterne

Titel: Der dunkle Kuss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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»Das Spiel scheint euch zu langweilen. Wie wäre es mit einer Wette?«
    Die sechs waren so vertieft gewesen, dass sie mich noch gar nicht bemerkt hatten. Aber offenbar gefiel ihnen, was sie sahen.
    »Kommt darauf an, ob sich der Einsatz lohnt«, antwortete der Jüngste mit einem Grinsen. Er war ein hübscher Kerl mit zerzaustem Haar. Er trug einen teuren Ring am Finger und hatte offenbar schon getrunken.
    »Um Knöpfe wette ich mit Leuten wie euch sicher nicht «, antwortete ich. »Eine Chance für jeden. Ihr greift euch einen Teil der Karten und ich sage euch, wie viele ihr in der Hand habt. Zähle ich schneller als ihr, schuldet ihr mir euren Einsatz. Einmal daneben und der Edelstein gehört dem, der gegen mich gewonnen hat.« Ich holte die Smaragdscheibe hervor und legte sie auf den Tisch. Hätte ich einen zappelnden Hai zwischen die Karten geworfen, wäre der Effekt kaum besser gewesen.
    »Wo hat jemand wie du denn so etwas Kostbares her?«, fragte ein älterer Mann. »Hast du einer Hexe ein Auge gestohlen?«
    »Bisher hat sie es nicht zurückverlangt«, sagte ich leichthin. »Also, wollt ihr wetten oder nicht?«
    »Gefährliches Spiel«, sagte der Jüngste warnend. Er warf einen Geldschein auf den Tisch und griff nach den Karten. »Du weißt schon, dass du gegen Kaufleute antrittst? Wir können zählen, bevor wir sprechen können.«
    Ich lächelte nur. Es war so einfach, dass ich fast ein wenig enttäuscht war. Nach der ersten Runde verschärfte ich die Wette, nahm die Zahlen auf den Karten hinzu und wettete, dass ich sie schneller addieren konnte als jeder Kaufmann. Jemand stellte mir einen Becher Wein hin. Er schmeckte sauer, aber er ging schnell ins Blut. Unter dem Applaus der Zuschauer, die sich inzwischen um den Tisch versammelt hatten, wettete ich schließlich um die Anzahl von Fischgräten auf den Tellern und Haifischzähnen an den aufgehängten Jagdtrophäen. Und bemerkte nicht, wie es am Tisch immer stiller wurde. Der junge Kerl stürzte seinen Wein hinunter und knallte den Becher auf den Tisch. »Du betrügst doch! Kein Mensch kann das, was du kannst!«
    »Reg dich nicht auf, Tole«, versuchte ihn der Ältere zu beruhigen. »Das ist nur Spielerglück.«
    »Erzähl mir nichts!« Der junge Kaufmann stieß ihn so heftig von sich, dass er fast den Tisch umriss. Mit einem Scheppern fiel der Krug um, Wein ergoss sich über die Spielkarten. »Wo hast du diese Fähigkeit her?«, herrschte er mich an. »Es stimmt also, was man sich am Hafen erzählt.«
    Schlagartig wurde ich nüchtern. Die toten Wächter. Fast hatte ich sie erwartet. Sie flackerten neben dem jungen Kaufmann auf wie schwarze Flammen.
    »Und den Dämonenpakt sollen wir jetzt auch noch bezahlen?«, schrie der Kaufmann.
    »Haut ab«, zischte ich den Wächterschatten zu. »Lasst mich endlich in Ruhe!«
    Aber es war zu spät. Der junge Kaufmann griff sich eines der Messer und wollte sich auf mich stürzen. Seine Kameraden fuhren auf und packten ihn erschrocken an Ärmeln und Jacke. Ich hatte keine Wahl. Ich schoss hoch, sprang auf den Tisch und machte, dass ich wegkam. Immerhin war ich noch geistesgegenwärtig genug, um die Smaragdscheibe und eine Handvoll Geldscheine zu packen. Das Messer blitzte neben mir auf und landete in einem Hackbrett, das die Wirtin gegen den Mann schwang. »Kein Blut in meinem Haus!«, brüllte sie und schlug mit der Rückseite des Brettes zu. »Polizei!«, schrie jemand. Stühle fielen krachend um, Teller zerbrachen, die Prügelei war in vollem Gange. Jemand packte meine Jacke und wollte mich grob zur Seite reißen. Mit der geballten Faust wirbelte ich herum und holte aus.
    »Versuch’s und ich stoße dich zurück ins Haifischbecken!«, zischte Juniper mir zu. Sie schubste mich zur Tür. Mit einem gezielten Hieb mit ihrer Harpunenstange brachte sie einen Angreifer zum Stolpern.
    »Die Graue!«, rief ich. »Und der Rucksack.«
    »Hast du keine anderen Probleme!« Juniper schrie halb und halb lachte sie. Hinter ihr fiel ein Haifischkopf von der Wand und landete in einem Teller Suppe. »Wir holen das Zeug später, los, raus hier!«
    Draußen holte mich der Sturmwind beinahe von den Füßen. Hand in Hand kämpften wir uns über Brücken und Stege. Schwer atmend hielten wir ein paar Straßen weiter unter einem windgeschützten tiefen Vordach einer anderen Kaschemme an. Licht fiel durch die Scheiben und tauchte Junipers Gesicht in geblichen Schein. Und etwas weiter, auf einer Brücke, funzelte kaltes Gaslicht vor sich

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